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Mit Baumgärtels BananeStadtmuseum in Euskirchen zeigt Streetart von sieben Künstlern

Lesezeit 4 Minuten
Blick in einen der Ausstellungsräume des Stadtmuseums Euskirchen.

Graffiti, Streetart und Urban Art zeigt das Stadtmuseum Euskirchen in einer Überblicksausstellung, hier der Blick in einen der Ausstellungsräume.

An die 100 Arbeiten von sieben Graffiti- und Urban-Art-Künstlern sind bis zum 16. März im Stadtmuseum in Euskirchen zu sehen.

London hat es an der Tate Gallery of Modern Art, New York am Museum of Modern Art – und jetzt auch Euskirchen am Eingang zum Stadtmuseum: die Banane des Kölner Streetart-Künstlers Thomas Baumgärtel. An der Fassade des Museumseingangs ist sie nun mit Spraydose und Schablone (Stencil) aufgetragen. Das war die spektakuläre Einzelaktion zur Eröffnung der neuen Ausstellung „Drinnen Stadt Draußen. Urban Art – Streetart – Graffiti“, die bis zum 16. März 2025 im Stadtmuseum zu sehen ist. Gezeigt werden an die 100 Arbeiten von sieben Graffiti- und Urban-Art-Künstlern aus Köln und Düsseldorf.

Schon länger wird ja museal, was einst auch als Protest gegen den Gang in die (Kunst-)Institutionen begann. Seit den 1970er-Jahren haben zunächst Graffiti-Kreative in New York und Philadelphia, danach zunehmend in Europa Bahnwaggons, Hauswände, Straßenunterführungen, Brücken und andere gut sichtbare Gebäude mit ihren Wort- oder Abkürzungs-Tags und „Styles“ besprüht oder bemalt. Das bunte, aus Schrift und Linien entwickelte Fantasieprogramm spaltet bis heute das Publikum: Ist das Kunst, oder muss das wieder weg?

„Wir haben in Euskirchen Wirtschafts- und Technikgebäude an den Erftauen ausdrücklich für Graffiti zur Verfügung gestellt“, so Bürgermeister Sacha Reichelt bei der Ausstellungseröffnung. Da, wo es passt, sind Graffiti erlaubt. Was für die Kunstaktivisten der ersten Stunden, aber auch einige „Writer“ heute eine Provokation sein dürfte.

Banane ist mittlerweile auf Postkarten, Tassen oder T-Shirts zu sehen

Ob das auch für Adultremix, Alexander Gnida, Thomas Baumgärtel, Random EXP, Kai „Semor“ Niederhausen, strassenmaid und Sweetsnini gilt – so heißen die sieben im Stadtmuseum –, ist unklar. Sie haben es jedenfalls geschafft: Ihre Arbeiten sind museumsreif geworden und stellen sich der ästhetischen Beurteilung im Dialog mit dem Betrachtenden.

Zur Ausstellungseröffnung hat Streetart-Künstler Thomas Baumgärtel eine gemalte Banane an der Fassade des Museums angebracht.

Euskirchen ist jetzt ein bisschen Köln, London oder New York: Zur Ausstellungseröffnung hat Streetart-Künstler Thomas Baumgärtel eine Banane an der Fassade angebracht.

Baumgärtels Banane ist mittlerweile auf Postkarten, Tassen oder T-Shirts oft reproduziert – auch wenn sie vielleicht weltweit noch nicht so bekannt ist wie das legendäre Strichmännchen-Design von Keith Haring aus New York. Ebenfalls aus der Graffiti-Kunst stammen Jean-Michel Basquiat und der legendäre Banksy. Alle drei tauchen auch in Euskirchen als Stilzitate auf. Bei strassenmaid aus Köln zum Beispiel, deren selbstbewusste Frauen und Mädchen in Aufforderungstexten politische, aber immer positiv besetzte Botschaften transportieren.

Aus kleinen Pergamentpapieren entsteht ein Gesamtbild

Collage- und Montagetechniken der Pop Art, einer Art Vorläufer der Streetart, sind bei Adultremix zu sehen. Seine Motive, so Ausstellungskuratorin Jennifer Kirchhoff, drucke er häufig vorab auf Papier, bearbeite sie mit Marker, Sprühdose, Cuttermesser und Schere, und klebe sie vor Ort als Paste-Ups auf die Wand. Einzigartig ist seine Technik des Fractual-Pigment-Painting: Durch die Montage kleiner, bedruckter Pergamentpapiere zu einem Gesamtbild und die nachträgliche Bearbeitung wird jedes Werk ein Unikat.

Wer so aufwendig arbeitet, kann dies kaum im öffentlichen Raum und unbeobachtet tun. So haben viele der ehemaligen Draußen-Kreativen im Laufe ihrer Karrieren den Gang ins Atelier angetreten, wo die vielschichtigen Arbeiten entstehen. Ihre besten Werke sind längst vom Kunstmarkt entdeckt und in den großen Museen und Privatsammlungen kanonisiert. Den sozialen und kulturellen Wurzeln des Hip-Hop inklusive den ersten Graffiti-Künstlern widmete sich etwa vor kurzem die Frankfurter Schirn in der Übernahme einer aus den USA kommenden Überblicksausstellung zum Thema „The Culture“.

Wladimir Putin in Sträflingskleidung mit Narrenkappe auf dem Kopf

Das Stadtmuseum greift so in bemerkenswerter Weise den Trend auf. Hier zeigt wiederum Thomas Baumgärtel, welche Wucht Streetart haben kann. Im Mittelformat ist sein 2022 nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine entstandenes „Put in Prison“: Es zeigt Wladimir Putin in Sträflingskleidung mit der Baumgärtel-Banane als Narrenkappe auf dem Kopf. Die gesprayte Kritik hat er mittlerweile auch in Kiew an Gebäuden angebracht, in Köln hängt sie als Großplakat an einer Hauswand.

Die Ausstellung „Drinnen Stadt Draußen. Urban Art – Streetart – Graffiti“ im Stadtmuseum Euskirchen, Wilhelmstraße 32-34, ist bis zum 16. März 2025 zu sehen – dienstags bis freitags von 15 bis 18 Uhr, samstags von 11 bis 15, sonn- und feiertags von 11 bis 18 Uhr. Führungen durch die Ausstellung werden angeboten: am 5. November um 17 Uhr für Mitglieder des Fördervereins – Gäste sind willkommen –, und am 24. November als offene Führung.

Künstlergespräche gibt es am 30. Januar 2025, 18 Uhr, mit Thomas Baumgärtel und am 20. Februar, 18 Uhr, mit Kai „Semor“ Niederhausen. Die Finissage findet am 16. März ab 11.30 Uhr statt. Informationen und Anmeldung zu den Veranstaltungen online unter www.kulturhof.de/museum und per E-Mail an museum@euskirchen.de.