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BaubrancheEuskirchener Traditionsfirma: Politik erschwert den Kampf gegen die Krisen

Lesezeit 5 Minuten
Das Bild zeigt einen Radlader und ein Förderband im Tagebau.

Die Firma Esser Sand und Kies betreibt in der Region mehrere Tagebaue.

Maut, CO₂-Abgabe und Spritpreise machen der Josef Esser Sand und Kies GmbH zu schaffen. Nun droht auch noch ein krasser Wettbewerbsnachteil.

Wer wissen möchte, warum das Bauen so teuer geworden ist, könnte bei Niklas Hostnik Antworten erhalten. Er ist Prokurist der Firma Josef Esser Sand und Kies GmbH in Euskirchen, die kürzlich 60-jähriges Bestehen feierte. Die Stimmung ist trotz des Jubiläums getrübt.

„Es wird uns sicher auch weiterhin geben“, lässt Geschäftsführerin und Inhaberin Marion Esser erst gar keine Endzeitstimmung aufkommen. Doch wie sich das Unternehmen, das 65 Menschen beschäftigt, entwickeln werde, sei derzeit unklar.

Man treibt mit regulatorischen Maßnahmen Preise bewusst in die Höhe.
Niklas Hostnik, Prokurist der Firma Josef Esser Sand und Kies GmbH

Marion Esser, Niklas Hostnik und Juniorchef Paul Esser suchen bewusst die Öffentlichkeit. Denn steigende Rohstoffpreise spürten ja am Ende auch die Verbraucher, sagen sie – etwa die, die trotz gestiegener Zinsen den Traum vom Eigenheim noch nicht ausgeträumt haben. Aber auch in anderen Waren, etwa in der Kosmetik oder in der Keramik, fänden sich ihre Produkte wieder.

Nahezu für alle Bereiche des Baus liefert das familiengeführte Unternehmen, das in den Regionen Euskirchen und Rhein-Sieg Tagebaue mit angeschlossenen Kies- und Betonwerken sowie einen Logistikfuhrpark mit rund 30 Fahrzeugen betreibt, die Rohstoffe. Dazu zählen Beton, Estrich, Mauerwerk, Pflaster, Putz und Asphalt. Was man halt so braucht, wenn man bauen und/oder Wohnraum schaffen möchte.

Die Josef Esser Sand und Kies GmbH in Euskirchen besteht seit 60 Jahren

Während der Corona-Zeit seien die Geschäfte gut gelaufen, bilanziert Hostnik. Statt des Urlaubs machten sich viele Menschen daran, die heimischen vier Wände oder die Terrasse auf Vordermann zu bringen. Doch nun herrsche Abschwung in der Branche. „Und die treibenden Kräfte sind nicht nur der Ukraine-Krieg oder der zunehmende Fachkräftemangel“, stellt Hostnik klar. Auch die Politik in Bund und Land mache den Unternehmen das Leben schwer.

Juniorchef Paul Esser (v.l.), Geschäftsführerin und Inhaberin Marion Esser und Prokurist Niklas Hostnik stehen vor einem Firmen-Lkw.

Sorgen sich um die Zukunft des Unternehmens: Juniorchef Paul Esser (v.l.), Geschäftsführerin und Inhaberin Marion Esser und Prokurist Niklas Hostnik.

Mit Sorge etwa blickt die Firmenleitung derzeit nach Düsseldorf. Kommt, wie geplant, zum 1. Januar 2024 die Rohstoffabgabe, die sich CDU und Grüne in den Koalitionsvertrag geschrieben haben? Und wenn ja, wie teuer wird es für die Unternehmen? Was er derzeit aus der Landeshauptstadt so höre, verheiße jedenfalls nichts Gutes, sagt Hostnik.

Rohstoffabgabe bereitet Euskirchener Firma große Sorgen

Nach ersten Berichten solle diese Abgabe fünf Euro pro Tonne betragen. „Bei einem Großteil der von uns erzeugten Kies- und Sand-Produkte würde sich der Preis allein dadurch im Mittel um 60 Prozent verteuern“, so der Prokurist. Für einen gewaschenen Sand in 0-2 mm Körnung, das Brot und Butter-Produkt der Firma, liege der aktuelle Durchschnittspreis bei acht Euro pro Tonne.

„Mit der Rohstoffabgabe“, rechnet Hostnik vor, „würde das Produkt dann bei bis zu 13 Euro liegen“. Kosten, die an die Kunden weitergegeben werden müssten. Oder die entschieden sich für die Ware aus dem benachbarten Rheinland-Pfalz beziehungsweise aus den Benelux-Staaten.

Dort sei eine solche Abgabe nämlich nicht geplant. „Für uns wäre das ein krasser Wettbewerbsnachteil“, sorgt sich Juniorchef Paul Esser. Wie damit dem Umwelt- und Klimaschutz gedient werden solle, sei ihm schleierhaft: „Es würde ja viel mehr Transportverkehr anfallen.“

Benzinpreis, Maut und Klima-Abgabe schlagen ins Kontor

Apropos Transport: In diesem Bereich sieht sich das Unternehmen bereits durch die gestiegenen Spritpreise und die Mautgebühr arg gebeutelt. Auch hier kann Hostnik Beispielrechnungen vorlegen: Durch eine CO₂-Komponente werde sich die Maut für die Esser-Sattelzüge fast verdoppeln.

„Aktuell bezahlen wir 19 Cent pro Kilometer Autobahn und Bundesstraße, ab 1. Dezember 2023 kommen weitere 15,8 Cent dazu.“ Ziel der Politik sei es zwar, die Antriebswende bei den Fahrzeugen voranzubringen. Das habe aber einen Haken, so Paul Esser: Für die Branche gebe es aktuell keine marktfähigen, geschweige denn wirtschaftlich realisierbaren Alternativen zum Diesel-Lkw.

Und Prokurist Hostnik ergänzt: „Auf unserer Hausstrecke von Swisttal nach Koblenz macht das bei 160 Kilometern mautpflichtiger Strecke hin und zurück auf einem Umlauf 24,32 Euro mehr Frachtkosten aus.“

Firmenleitung übt Kritik an der Politik in Bund und Land

Der Tonnen-Preis für den Sand steige dadurch gerundet um einen Euro – „eine weitere, regulatorische Preiserhöhung“, so Hostnik. Dass nebenbei die CO₂-Steuer ab 1. Januar von 30 auf 45 Euro pro Tonne steigen werde, sei zwar nicht neu, aber dadurch auch nicht weniger belastend.

Wenn dann Politiker von den mittelständischen Unternehmen so gerne als dem „Motor der deutschen Wirtschaft“ sprächen, klinge das zuweilen hohl in ihren Ohren, sagen Marion und Paul Esser – und das in einer Zeit, in der in Deutschland Wohnungsnot herrsche.

„Man treibt mit regulatorischen Maßnahmen Preise bewusst in die Höhe, fördert aktiv die Inflation, schwächt mit der Baubranche einen der größten Arbeitgeber in diesem Land und die Erschwinglichkeit von Wohneigentum, um dann wieder Milliarden an Steuergeldern als Ausgleichsmaßnahmen für zuvor genannte Entscheidungen auszurufen“, fasst Niklas Hostnik den Unmut zusammen.


Das sagt der Euskirchener Landtagsabgeordnete Klaus Voussem

Das Thema Rohstoffabgabe werde derzeit intensiv zwischen den Fraktionen der schwarz-grünen Mehrheit im Landtag beraten, erklärte der Euskirchener CDU-Landtagsabgeordnete Klaus Voussem: „Da ist das letzte Wort sicher noch nicht gesprochen.“

Das Thema sei zwar Inhalt des Koalitionsvertrages, wie es aber letztlich angegangen werde, sei Gegenstand intensiver Beratungen. Seit dem Abschluss des Vertrages habe sich die wirtschaftliche Situation verändert, nicht zuletzt in der Baubranche, so Voussem.

Ziel sei es, das „massive Buddeln am Niederrhein“ aus Gründen des Umwelt- und Naturschutzes sowie des Schutzes der Nachbarschaft zu steuern. Andererseits, so der Vizefraktionschef im Landtag, gelte es, die Wettbewerbsfähigkeit nordrhein-westfälischer Unternehmen zu sichern.