Ein 25-jähriger Euskirchener muss nach aggressivem Verhalten Schmerzensgeld an Polizisten zahlen. Das hält sein Anwalt für nicht angemessen.
GewaltEuskirchener schlug, biss und verletzte Polizisten - nun wurde er verurteilt
Gewalt gegen Uniformierte auf der Straße „gehört beinahe zur Tagesordnung“, hatte der Pressesprecher der Kreispolizei, Franz Küpper, kürzlich im Gespräch mit dieser Zeitung gesagt. Einer der Fälle, die zu dieser Kategorie zählen, spielte sich in der Nacht zum 17. September 2022 auf dem Kinderspielplatz am Euskirchener Annaturmplatz ab.
Gegen 3 Uhr hatten Anlieger ruhestörenden Lärm gemeldet. Als Polizeibeamte der Sache auf den Grund gehen wollten, trafen sie unter anderem Kevin P. (Name geändert) an. Die Art und Weise, wie er sich gebärdete, brachte ihm eine Anklage der Staatsanwaltschaft ein.
Der daraus resultierende Prozess am Euskirchener Amtsgericht endete jetzt mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollzug Richter Felix Marienfeld zur Bewährung aussetzte. Er sprach den 25 Jahre alten P., der ein Geständnis abgelegt hatte, schuldig wegen eines tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Körperverletzung, Beleidigung, Bedrohung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.
Der Euskirchener hatte „verbal sehr aggressiv“ reagiert, als die Polizisten ihn aufforderten, sich auszuweisen, wie es in der Anklageschrift hieß. Unter anderem beleidigte er sie als „Hurensöhne“. Als ein Beamter ihn mit der Hand gegen den Oberkörper stieß, um ihn auf Abstand zu halten, schlug P. ihn zweimal mit der Faust ins Gesicht.
Mann aus Euskirchen hatte die Beamten aufs Übelste beleidigt
Nun fixierten die Einsatzkräfte den renitenten Ruhestörer, der daraufhin die Beamten anspucken wollte, sie aber verfehlte. Im Streifenwagen schließlich biss P., der auch Drohungen ausstieß („Ich sehe euch alle noch privat, dann . . .“), einer Polizistin leicht in die linke Hand.
Die Schmerzen, die sie erlitt, ließen schnell nach, wie die 28-Jährige als Zeugin aussagte. Ihr ein Jahr jüngerer Kollege, den P. geschlagen hatte, trug ein Hämatom im Gesicht und eine Kapselverletzung in der rechten Hand davon. Alles in allem waren die Folgen „nicht gravierend“, wie der Beamte erklärte.
Ihm und seiner Kollegin muss P. nun jeweils 500 Euro Schmerzensgeld zahlen. Beide waren nicht nur als Zeugen, sondern auch als Adhäsionskläger aufgetreten. Das heißt: Sie machten als Gewaltopfer vor dem Strafgericht zivilrechtliche Ansprüche gegen den Angeklagten geltend.
Auch an den Tierschutzverein Mechernich muss der Täter zahlen
Verteidiger Hagen Seipel fand dies nicht angemessen. Der Beruf des Polizisten, sagte er, berge gewisse Risiken und er habe Verständnis dafür, dass Beamte sich nicht alles bieten lassen müssten. Die Grenze zum Schmerzensgeld sei seiner Meinung nach jedoch nicht erreicht, wenn ein tätlicher Angriff gegen einen Beamten – wie im vorliegenden Fall – nicht zu einer Krankschreibung führe.
„Die Voraussetzung für den Anspruch auf Schmerzensgeld sehe ich hier nicht“, sagte Seipel. Dagegen betonte der Vorsitzende: „Es sollte nicht zur Normalität gehören, dass Polizeibeamte sich Körperverletzungen, Beleidigungen und Bedrohungen gefallen lassen müssen.“
Angeklagter hatte sich mit Cannabis, Kokain und Alkohol „weggesprengt“
Seipel hatte erklärt, sein Mandant habe sich vor den Taten „ordentlich weggesprengt“. Damit meinte er, dass P. Cannabis, Kokain und Alkohol konsumiert hatte. Ein Alkoholtest ergab einen Wert von 1,7 Promille. Dass er „rauschmittelbedingt nicht mehr vollständig Herr seiner Sinne“ war, wertete das Gericht bei der Strafzumessung zu seinen Gunsten, ebenso das Geständnis.
Vor Gericht bat Kevin P., der sich nach den Worten seines Anwalts in jener Nacht „unfair behandelt“ gefühlt habe, die Polizistin und den Polizist um Entschuldigung. Er war seit 2018 sechsmal zu Geldstrafen verurteilt worden, unter anderem wegen Körperverletzung, Beleidigung, fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr und Unfallflucht.
Drogen konsumiere er jetzt nur noch ab und zu, sagte er. Sein Geld verdiene er mit Arbeit an Werbeständen. Nun muss er sich – so der Beschluss des Gerichts – einem Bewährungshelfer unterstellen und zudem als Geldauflage 600 Euro an den Tierschutzverein Mechernich zahlen.