Zwanglos trafen sich Alleinstehende, um ein paar schöne Stunden miteinander zu verbringen – auch an ihre Hunde und Katzen wurde gedacht.
Begegnung im CasinoFür ein paar Stunden in Euskirchen der Einsamkeit entkommen
Die Türen vom Casino öffnen und schließen sich. Es kommen Menschen herein, die an Heiligabend und am ersten Weihnachtstag nicht allein sein wollen. Man setzt sich zu anderen an die hübsch dekorierten Tische.
Auf jedem Platz steht ein Nikolaus zur Begrüßung. Im Hintergrund ist leise Musik zu hören. Auf der Theke stehen Kartoffelsalat, Würstchen, Frikadellen und Getränke. Ein geschmückter Tannenbaum schafft Atmosphäre.
Ein Programm gibt es nicht. Hier zählt Begegnung, nicht Bespaßung. Niemandem soll irgendetwas aufgedrängt werden, auch keine christliche Ideologie. Die Schwelle zur Teilnahme soll so niedrig wie möglich sein. Darum kostet das Dabeisein auch nichts. Nur Hunde müssen draußen bleiben. Zum Trost stehen gespendete Futterdosen für Hunde und Katzen bereit zum Mitnehmen.
50 Menschen kamen am Heiligabend, 30 am ersten Weihnachtstag
„Weihnachten ist Glückssache“. Mit diesem Slogan lädt das Plakat am Eingang ein, dazuzukommen. Die Menschen an den Tischen wirken zufrieden. Sie haben das Glück, der Einsamkeit entkommen zu sein. Jüngere und Ältere, Wohlhabendere und Ärmere nutzen die Chance, einen ausreichenden Ersatz für eine Feier im Familienkreis zu erhalten.
„Im vergangenen Jahr kam ein Ehepaar, das seinen Sohn verloren hatte,“ erinnert sich Klaus Berg: „Sie wollten nicht allein zuhause sitzen mit ihrem Schmerz.“ Dieses Jahr am Heiligabend sind mehr als 50 Menschen im Casino. Am Mittag des ersten Weihnachtstages haben sich etwa 30 eingefunden. Die Idee wächst.
Berg hatte 2015 den Wunsch, eine Erfahrung aus seiner Bibelschulzeit auch in Euskirchen Wirklichkeit werden zu lassen. Es dauerte eine Weile, bis er Mitstreiter fand und Sponsoren. „Ich bin am Anfang gegen Wände gerannt“, erzählt er.
Ohne Netzwerk war es nicht leicht, die Idee umzusetzen
Doch er hat die Schwierigkeiten überwunden. Kritiker sagten, dass solch eine Veranstaltung in die Hände einer Organisation gehört. Tatsächlich war es nicht leicht ist, ohne Netzwerk eine solche Idee umzusetzen.
Doch Berg hat nicht aufgegeben. Heute unterstützen der Rotary Club Euskirchen, die Hündgen Entsorgung, Werk &Wiese, der Verein Feder, Dachdeckerfirma Wacker, KG Alt Oeskirchen, die Firmen Oliver Schmidt und Gottselig, der Raiffeisen-Markt Stotzheim sowie Einzelpersonen das Weihnachtsprojekt. „Die Nikoläuse hat uns die evangelische Kirche überlassen“, ergänzt Berg. Daniel Reiter, Gina Schmidt und Melanie Hartung gehören zum Team, die bei der Umsetzung helfen.
„Weihnachten ist Glückssache“ lautet das Motto des Treffs im Casino
Tische werden abgeräumt und neu hergerichtet. Teller werden gefüllt, Getränke ausgegeben. „Ich bin froh, etwas Gutes und Sinnvolles tun zu können“, freut sich Reiter. Vom Rotary Club, über den auch die Spenden abgewickelt werden, sind Rita Witt und Dr. Norbert Golz am ersten Weihnachtstag da.
Auch sie freuen sich, dass das „Glücksangebot“ so gut angenommen wird. Berg hat die Menschen von seiner Idee überzeugt. Es geht ihm nicht um sich, sondern darum, dass andere wenigstens ein Stück vom Glück im Leben erfahren. „Weihnachten ist Glückssache“ – Glück, das man finden kann, wenn man die Einsamkeit zu Hause stehen lässt und sich auf die Begegnung mit anderen einlässt. Mit diesen Ideen hofft Berg auch in Zukunft nicht alleine dazustehen.