Sascha Henrichs übernahm in Euskirchen-Kirchheim die Rolle des Äerzebärs, die Kondition verlangt. Auch in Kommern ging der „Strohmann“.
KarnevalstraditionDer Äerzebär in Kirchheim trägt ein Kleid aus 25 Kilogramm Stroh
Wenig kuschelig und kaum im Stande zu einer Umarmung, so wird an Karneval der Bär durch Kirchheim gezogen – der Äerzebär. Über die Orthografie wird noch diskutiert: Äerzebär, Ähzebär, Ätzebär? „Es ist Karneval, da kommt es auf die korrekte Schreibweise nicht an“, sagt Hans-Rolf Theissen, der mit anderen 2012 die alte Tradition des Äerzebären in Kirchheim wiederbelebt hat. Von 13.11 Uhr bis zum Abend zieht eine bunte Gruppe durch den Ort, bevor es zum Kostümball der Karnevalsgesellschaft geht.
Auf dem Weg hält der Zug an rund 50 Stationen. Kirchheimer haben ihre Häuser vorab als Verköstigungsstelle angemeldet. Die Gruppe lässt sich dort mit Spirituosen, Essen und Geldspenden beglücken. Natürlich nicht ohne sich mit einem „Huh Fastelovend“-Gesang herzlich zu bedanken. „Das Geld geht an unsere zwei Kindergärten und den katholischen Seniorennachmittag“, freut sich Theissen.
Der Bär selber, alias Sascha Henrichs, muss auf seine Flüssigkeitsaufnahme und den Alkoholpegel achten. Lachend erzählt er: „Ich werde von meinen Begleitern ja fürsorglich gefüttert, aber wenn die abends betrunken sind, bin ich auf mich allein gestellt.“
Sein Kostüm aus Erbsenstroh (Äerzestrüh) lässt ihm kaum die Möglichkeit, sich selbst etwas zu essen und zu trinken zuzuführen. In diesem Jahr ist ihm sein selbst gebasteltes Urinal kaputtgegangen, und Ausziehen gibt es nicht. Bis etwa 22 Uhr muss er durchhalten und die rund 25 Kilogramm Stroh tragen. „Lass einfach laufen“, raten ihm seine Freunde.
Helga Streng begleitet den Tross in Kirchheim mit ihrer Trompete
Die Stimmung ist außerordentlich gut. Zu Beginn scheint die Sonne, so gibt es erst mal kein zusätzliches Wasser von oben. Helga Streng begleitet die Truppe mit ihrer Trompete. Sie sagt: „Ich muss auch aufpassen, was ich trinke, sonst kann ich später nicht mehr blasen.“ Sie spielt beherzt und sie spielt gut.
Mit kleinen Schnäpsen, Mettbrötchen, Selbstgebackenem und anderen Leckerbissen stehen die Kirchheimerinnen und Kirchheimer an der Straße und versorgen den illustren Zug. Barbara, eine von ihnen, ist begeistert: „Diesmal sind bestimmt doppelt so viele Jecke dabei wie im vergangenen Jahr.“ Die Stimmung ist riesig. Lautstark wird gesungen und herzhaft gelacht.
Der Kerscheme Äerzebär ist eine tolle Tradition, die, so hofft Theissen, noch viele Jahre ausdauerstarke Bären findet.
Dem Kommerner Äerzebär war es nach wenigen Metern schön warm
Der Äerzebär zog auch wieder durch die Kommerner Straßen. Dort steckte Stephan Taubert in dem schweren Erbsenstroh-Kostüm. „Das ist ganz schön warm. Hier drin steht die Luft“, sagte der Kommerner, als er gerade einmal rund 500 Meter unterwegs war. Allerdings war die erste Station seiner Tour durch Kommern auch nicht die angenehmste – zumindest nicht in einem kiloschweren Kostüm. Es ging nämlich nicht nur zum Rewe-Markt, sondern auch hinein.
Als Bärenführer fungierte erneut Roland Conrads. Mit einer Kette ausgestattet, zog er den Äerzebär hinter sich her. Eingekleidet wurde Taubert wie gewohnt bei Peter Hein auf dem Wingert. Danach startete der Umzug mit einer gemischten Combo aus Kommerner, Eickser und Mechernicher Musikern sowie dem Dreigestirn – Jungfrau Bärbel alias Thomas Bank, Prinz Jan I. (Jaeck) und Bauer Marc (Schoeller) – zuerst ins Rothenfeld, dann ins Einkaufs- und Gewerbegebiet, zum Stollen, die Kölner Straße hoch, die Gielsgasse entlang und weiter „Auf dem Acker“ und in die Hüllenstraße.
Anschließend wurde Taubert aus seinem Strohmantel befreit und das Erbsenlaub am Bleibach verbrannt. Den Erlös der Sammlung an Türen und auf den Straßen verprassten die Teilnehmer des Umzugs am Veilchendienstag in der Kneipe.