Die Rübenkampagne bei der Zuckerfabrik in Euskirchen ist gestartet. Das Werk liefert beeindruckende Zahlen und eine neue Energiequelle.
RübenkampagneJeden Tag kommen 600 Lkw bei der Zuckerfabrik in Euskirchen an
Wenn die Tage kürzer werden, ist der Herbst in Euskirchen förmlich zu riechen: Zuckerrüben-Geruch liegt dann in der Luft. So auch in diesen Tagen. Die Kampagne ist gestartet. Bis nach Weihnachten werden nach Angaben von Dirk Oswald, Standortleiter Produktion und Technik bei Pfeifer & Langen, nun täglich etwa zwölf Tonnen Zuckerrüben verarbeitet.
Mehr als 600 Lkw kommen täglich in Euskirchen an und kippen Knollen ab. Am Ende der Kampagne werden es etwa 900.000 Tonnen Zuckerrüben gewesen sein, so Oswald. „Wir erwarten insgesamt eine durchschnittliche Ernte. Wir haben keine Spätlese-Rüben“, sagt der Experte, der dennoch ein wenig Optimismus versprüht: „Die September-Sonne hat uns noch gutgetan. Momentan liegen wir über dem Zuckergehalt des Schwesterwerks in Jülich.“
Pfeifer & Langen: Experten geben Hoffnung auf bessere Zuckerwerte nicht auf
Die Hoffnung auf bessere Zuckerwerte will Oswald aber nicht aufgeben. Ein sonniger Herbst mit kühlen Nächten würde zu einer Steigerung des Zuckergehalts führen. Das Frühjahr und auch der Sommer seien für die Rübe insgesamt nicht ideal gewesen.
Die letzte Saat sei erst am 20. Mai eingebracht worden. So spät seien die Landwirte noch nie gewesen, berichtet Oswald, der seit mehr als zwei Jahrzehnten in Euskirchen angestellt ist. Grund seien die hohe Feuchtigkeit und die moderaten Temperaturen im Frühjahr gewesen.
Für die Kampagne hat Pfeifer & Langen in Euskirchen noch einmal personell aufgestockt. Nach Angaben des Unternehmens stehen in Euskirchen derzeit 170 Stammbeschäftigte, rund 30 Saisonkräfte und 15 Auszubildende unter Vertrag.
Auch in Sachen energetische Versorgung ist am Standort in den vergangenen Monaten nachgebessert worden. Laut Wilhelm Oberdieck, Standortleiter kaufmännische Verwaltung, ist der bisher kohlebefeuerte Dampfkessel auf die Nutzung von Biomasse umgerüstet worden. Dafür sei eine niedrige zweistellige Millionensumme investiert worden. „Der Schritt ist von großer Bedeutung für eine langfristige und nachhaltige Produktion“, so der Werksleiter: „Auf dem Weg zur CO2-neutralen Herstellung von Zucker nimmt das Werk in Euskirchen eine Vorreiterrolle ein.“
Zuckerfabrik Euskirchen: 40.000 Tonnen CO2 sollen eingespart werden
Ganz abgeschlossen sei die Transformation aber noch nicht. Aktuell laufen die Kessel am Standort Euskirchen auf 80 Prozent ihrer Leistungsfähigkeit. Die restlichen 20 Prozent werden Oberdieck zufolge in den kommenden Tagen hinzukommen. Wie Oswald berichtet, setzt man in Euskirchen bei einem Kessel nun auf Holzpellets. Der Kessel aus dem Jahr 1979 sei im vergangenen halben Jahr auf die moderne Technik umgerüstet worden.
Um künftig die Holzpellets besser lagern zu können, soll 2024 ein Silo errichtet werden. Der zweite Dampfkessel werde weiterhin mit Gas oder Öl betrieben – je nachdem, wie die Energieversorgung gewährleistet ist. Ziel sei es, so der Produktionsleiter, den eigenen Energiebedarf und die erzeugten Emissionen aus dem Verbrauch von Brennstoffen nachhaltig zu reduzieren.
Die CO2-Emission wird am Standort Euskirchen durch die energetische Transformation Oswald zufolge jährlich um 40.000 Tonnen reduziert. Bis 2025 soll eine Halbierung der CO2-Emissionen aller Werke im Vergleich zu 2019 erreicht werden.
Bis spätestens 2040 strebt das Unternehmen sogar die klimaneutrale Zuckerproduktion in allen Werken an. Ein Schritt auf dem Weg zu diesem Zeil ist der Bau mehrerer Biogas-Anlagen. In denen sollen aus Rübenschnitzeln, einem Nebenprodukt der Zuckerproduktion, Bio-Methan hergestellt werden. Denn in den extrahierten Schnitzel stecke ausreichend Energie, um die Fabriken energetisch autark zu betreiben.
An die Flutkatastrophe erinnert im Werk kaum noch etwas. Im Verwaltungsgebäude ist im Flur eine Flutmarke angebracht worden. Auf dem Werksgelände seien alle Schäden beseitigt worden. Nur zwölf Tage nach der Katastrophe war die Produktion in Euskirchen wieder angelaufen. „Das war eine absolute Meisterleistung. Da ziehe ich heute noch gerne den Hut vor“, sagt Oswald.
Die Zuckerfabrik in Zahlen
Die Zuckerfabrik in Euskirchen ist im Jahr 1879 in Betrieb genommen worden. Damit ist das Werk einer der dienstältesten Standorte des Unternehmens, das neun Jahre zuvor gegründet worden war. Rüben, die in der Kreisstadt verarbeitet werden, wachsen nach Angaben von Pfeifer & Langen im Umkreis von 50 Kilometern zur Fabrik.
Dem Unternehmen zufolge kommt die Erde, die den Knollen bei der Anlieferung anhaftet, zu 100 Prozent zurück auf den Acker. Die Anzahl der Menschen, die ein Jahr von dem Zucker leben könnten, der in Euskirchen in einer Kampagne erzeugt wird, beziffert das Unternehmen mit fünf Millionen.
Mit 2521 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und etwa 1,33 Milliarden Euro Umsatz gehörte Pfeifer & Langen im vergangenen Jahr zu den führenden Zuckerherstellern in Europa. Nahezu zwei Millionen Tonnen Zucker und Agrarprodukte sind nach Angaben des Unternehmens 2022 hergestellt worden. (tom)