Zahlreiche Interessierte kamen zur Führung zur Geschichte der Wilhelmstraße in Euskirchen. Sie erfuhren auch etwas über Albert Latz.
StadtgeschichteSo kam die Wilhelmstraße in Euskirchen an ihren Namen – Kaiser unschuldig
In die Vergangenheit seiner Heimatstadt abzutauchen bedeutet für Kurt Lingscheidt weit mehr als das bloße Auswendiglernen von Daten und Fakten. Während seiner Führungen über den Euskirchener Friedhof war dem Vorsitzenden des Fördervereins für das Stadtmuseum Euskirchen jederzeit anzumerken, dass er seine Erzählungen über die prägenden Persönlichkeiten der Stadtgeschichte immer wieder gerne mit humorvollen Anekdoten über ihr Leben und Wirken ausschmückt.
Der berufliche Werdegang eines Firmengründers gehörte dabei ebenso zu den in langer Vorarbeit recherchierten Details wie das Bettgeflüster mit der Geliebten, die dieser offensichtlich vergeblich vor der Öffentlichkeit geheim halten wollte.
Euskirchen: Wilhelmstraße erlebte zahlreiche Wandlungen
Für Museumsleiterin Heike Lützenkirchen erschien es daher naheliegend diese Erzählungen vom Ort des Begräbnisses direkt an die ehemalige Wirkstätte in der Euskirchener Innenstadt zu verlagern. Unter dem Titel „Alltagsgeschichten“ begann daher am Samstag eine neue Veranstaltungsreihe in einem Teil der Kreisstadt, der seit der Entstehung vor weit mehr als 100 Jahren zahlreiche Wandlungen miterlebte: die Wilhelmstraße.
Mit einer großen Mappe unter dem Arm steuerte Kurt Lingscheidt an der Spitze mehrerer dutzend Teilnehmer die einzelnen Stationen der geschichtlichen Reise durch die Zeit an. Diese Notizen sollten dem Fördervereinsvorsitzenden nicht nur bei den zahlreichen Daten der Ereignisse als Gedankenstütze dienen, sondern den Geschichten mit zahlreichen Bildern und Dokumenten aus dieser Zeit weiteres Leben einhauchen.
Wilhelmstraße: Früher Bundesstraße, heute Einbahnstraße
Von den Anfängen der Wilhelmstraße als Bundesstraße, ihrer Asphaltierung und dem Bau des Kanals bis zur Namensfindung tauchte Lingscheidt dabei tief in die Vergangenheit. Anders als häufig vermutet sei der Name nicht auf die französische Besatzungszeit und Kaiser Wilhelm zurückzuführen, sondern habe einen deutlich regionaleren Ursprung. „Wilhelm Koch war der erste Anwohner an dieser Straße und nach ihm wurde sie letztlich auch benannt“, berichtete Lingscheidt.
Große Geschäftsketten seien in den nachfolgenden Jahrzehnten auf der Wilhelmstraße ansässig gewesen und hätten das Stadtbild über einen langen Zeitraum geprägt. „Die Kölnische Rundschau beschrieb die Wilhelmstraße in einem Artikel aus dem Jahr 1956 als eine Straße mit Großstadtcharakter, die viele Möglichkeiten der Entwicklung biete“, so Lingscheidt: „Von diesem Charakter einer Geschäftsstraße ist nach der Flut derzeit aber nicht mehr so viel zu sehen.“
Besonders die von Albert Latz gegründete Hundekuchenfabrik, sei auch für viele Zuhörer ein Sinnbild für die Kreisstadt. „Ich bin in der Südstadt aufgewachsen und dieser ganz besondere Duft gehört, genau wie die Zuckerrübenfabrik, einfach zu Euskirchen dazu“, betonte Klaus Sampels lachend.
Vom ersten Euskirchener Dreigestirn mit Prinz Hubert I. (Baum), Jungfrau Lorenzia (Lorenz) Porschen und Bauer Otto (Brandt) bis hin zu aktuellen Anekdoten aus der Neuzeit wusste Lingscheidt vieles über das Leben rund um die Wilhelmstraße zu berichten.
„Noch heute kann man im Casino erkennen, wie die damals gegründete Casinogesellschaft versucht hat, ihre finanziellen Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen“, so Lingscheidt.