Stichwahl Landratsamt EuskirchenRamers und Winckler streiten über beitragsfreie Kitas
- Am kommenden Sonntag, 27. September, ist die Stichwahl für das Landratsamt Euskirchen.
- Die beiden Kandidaten, Markus Ramers (SPD) und Johannes Winckler (CDU), stellten sich im Live-Stream Fragen dieser Zeitung.
- Einig waren sie sich in der Frage des A1-Lückenschlusses und beim Ausbau der Windkraft. Doch in der Frage der Kinderbetreuung gab es Streit.
Kreis Euskirchen – Der entscheidende politische Showdown steht kurz bevor: Von den ursprünglich sechs Kandidaten, die sich um die Nachfolge von Euskirchens Landrat Günter Rosenke beworben hatten, sind nach dem Kommunalwahl-Sonntag am 13. September zwei übrig geblieben. Und die treten nun in einer Stichwahl um das höchste Amt im Kreishaus gegeneinander an.
Auf der einen Seite der 33-jährige SPD-Mann Markus Ramers, der im ersten Wahlgang mit 40,19 Prozent der Stimmen die Nase knapp vorne hatte. Auf der anderen Seite der 49-jährige CDU-Mann Johannes Winckler, der auf 39,19 Prozent kam. Die erforderliche einfache Mehrheit von mindestens 50,01 Prozent der Wählerstimmen verfehlten beide indes deutlich, so dass es nun zur Stichwahl der beiden Kontrahenten kommt.
Live-Streaming aus der Filmagentur AV22+
Für die Lokalredaktion von dieser Zeitung Grund genug, den beiden Kandidaten noch mal etwas genauer auf den Zahn zu fühlen – und zwar während eines Live-Streamings im Studio der Filmagentur AV22+, die ihren Sitz in der Tuchfabrik an der Josef-Ruhr-Straße in Euskirchen hat.Angetreten waren dort am Mittwochabend um 18 Uhr zum abschließenden Kandidatenduell Ramers und Winckler selbst sowie Ramona Hammes, Michael Schwarz und Tom Steinicke, die als Mitglieder der Lokalredaktion die Moderation des einstündigen Live-Streamings übernahmen.
Nach kurzem, lockerem Smalltalk zum Einstieg – die Kleidung der Aspiranten mit legerem Sakko und geöffnetem Hemdkragen passte perfekt dazu – ging es aber gleich mit einem Aufreger-Thema „in medias res“, wie Michael Schwarz es ausdrückte: das offensichtliche Ende der großen Koalition aus CDU und SPD im Kreistag, nachdem Christdemokraten, Liberale und Unabhängige laut über eine Koalition nachdenken.
Er werde sich an dem Hin- und Hergeschiebe von Pöstchen nicht beteiligen. Er sei ein Landrat für den ganzen Kreis, gab sich SPD-Mann Ramers betont cool: „Es darf nicht nach Parteibuch gehen, sondern nach Kompetenz.“
Das könnte Sie auch interessieren:
Ähnlich sah es Winkler, dem es zuvorderst „um politische Inhalte geht“. Im Übrigen sei ein „Landrat zur Neutralität verpflichtet“. Waren sich die beiden Landratskandidaten hier noch weitestgehend einig, lagen sie beim Thema Kita-Gebühren doch diametral auseinander. Während Ramers die Kita-Beiträge komplett abschaffen will, sieht Winkler darin eine soziale Ungerechtigkeit.
Damit würden auch die Reichen entlastet, argumentierte er. Und die Gebühren etwa über die Kreisumlage abzurechnen, bedeute doch unter dem Strich, dass auch diejenigen erneut zur Kasse gebeten würden, die für ihre Kinder schon vor Jahren Kita-Beiträge bezahlt hätten.
Das sei eine traurige Haltung, konterte Ramers. Im Nachbarkreis Düren und in Rheinland-Pfalz müssten Eltern für den Kindergarten-Besuch ihrer Kleinen doch auch keine Gebühren zahlen. Der Kreis Düren nehme zur Gegenfinanzierung aber Geld der dortigen Sparkasse, und in Rheinland-Pfalz springe das Land komplett in die Bresche, entgegnete Winckler.
Allein für die Kreisstadt Euskirchen bedeute ein drittes beitragsfreies Kindergartenjahr einen finanziellen Mehraufwand von 800.000 Euro.
Einigkeit beim A1-Ausbau und bei der Windkraft
Einig waren sich beide Kandidaten , dass es einen zügigen Lückenschluss der Autobahn 1 geben muss. „Ich bin ein klarer Befürworter des Weiterbaus“ sagte Winckler. Und Ramers will „dafür arbeiten, dass wir das noch erleben“. 38 Jahre sei nichts passiert.
Ähnlich nahe beisammen liegen beide auch bei der Windkraft. „Wenn uns der Naturschutz wichtig ist, müssen wir auf einen Energiemix setzen, und damit auf eine Ausweitung der Windkraft“, sagte Winckler klipp und klar. Und Ramers ergänzte: Eine Energiewende gebe es nur mit der Windkraft. Er tue sich allerdings etwas schwer, wenn das zu Lasten der Natur gehe. Deshalb plädiere er für Anlagen entlang der Autobahn.
Apropos Natur. Das ist für beide ein elementares Thema. Sie sind nach eigenem Bekunden sehr naturverbunden, und die Natur sei ein gewaltiges wirtschaftliches Pfund, mit dem der Kreis Euskirchen wuchern könne, vor allem Süden. Da sei in Sachen Tourismus aber mehr drin, meinen beide unisono.
Ja, man habe eine Zweiteilung im Kreis, so Ramers: die Natur im Süden und die Arbeitsplätze im Norden. Doch wenn es eine Großansiedlung in der „Prime Site Rhine Region“ zwischen Euskirchen und Weilerswist gebe, komme das auch den Menschen im Südkreis zugute, meinten beide. Ebenso wichtig sei es, vorhandene Arbeitsplätze zu sichern. Dafür sei es zuvorderst notwendig, die Digitalisierung voranzutreiben. Dies sei heute ein wichtiges Kriterium bei Neuansiedlungen.
Dazu befragt, was sie am jeweils anderen schätzen, kommt beiden ein und dasselbe Wort über die Lippen: Familienmensch. Ja, das seien sie – und ambitionierte Väter, bestätigen sie.
Zwei ambitionierte Kandidaten mit souveränen Auftritten
Unter dem Strich erlebten diejenigen, die sich den Live-Stream im Internet ansahen, ein sehr ausgeglichenes Duell zweier ambitionierter Kandidaten. Beide legten souveräne Auftritte hin.
Wer letztendlich die Nase vorne haben wird – der Chef der Kreis-SPD und Oberstudienrat am St.-Michael-Gymnasium oder der langjährige Beigeordnete der Stadt Euskirchen und Jurist –, wird am kommenden Sonntag im Laufe des Abends feststehen.