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Nahrungsmittel teurer oder vergriffenTafeln im Kreis Euskirchen befürchten Engpässe

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Viele Menschen mit Migrationsgeschichte arbeiten ehrenamtlich bei der Zülpicher Tafel. Sie können dadurch nachvollziehen, wie belastend die Situation für ukrainische Geflüchtete ist. Mariam Moussa hat ägyptische Wurzeln.

Kreis Euskirchen – Der Krieg in der Ukraine wirkt sich auch auf die Tafeln im Kreis aus. Wolfgang Weilerswist, Vorstandsvorsitzender der Tafeln NRW, sieht die Lage derzeit kritisch: „Wir haben allein in Mechernich aktuell 600 bis 800 Euro an Tankkosten mehr.“

Die Tafeln treffe es jetzt auf mehreren Seiten empfindlich: Zum einen litten sie selbst unter den gestiegenen Energie- und Einkaufspreisen. Zum anderen spenden Weilerswist zufolge aber auch weniger Menschen an die ehrenamtlichen Einrichtungen, weil auch Privatpersonen weniger Geld zur Verfügung haben. Zusätzlich komme hinzu, dass mehr Geringverdiener jetzt auf die Tafeln angewiesen seien. Vor allem letzteres würden die Tafeln am Monatsende noch deutlicher zu spüren bekommen, ist Weilerswist überzeugt.

Mehr Kunden, weniger Spenden

Auch Jens Schramm von der Euskirchener Suppenkirche bestätigt: Es gebe eine leichte Tendenz nach oben, was die Gäste betreffe. Er betont aber auch: „Zum Monatsende kommen immer mehr Menschen her.“ Noch sei er sich nicht sicher, ob mehr Menschen aufgrund der gestiegenen Preise zur Suppenkirche kämen oder ob es sich dabei um die üblichen Schwankungen handele. „Im Schnitt kommen an einem Termin momentan 80 bis 90 Leute“, sagt er.

Neue Öffnungszeiten

Die Tafel in Zülpich hat neue Öffnungszeiten ab diesem Freitag, 25. März. Ab jetzt ist die Ausgabe freitags an den Nachmittagen geöffnet, von 15 bis 16.30 Uhr. Das teilt der Vorsitzende Peter Eppelt in einer Pressemeldung mit.

Die Ehrenamtler hätten sich für die Änderung entschieden, um das Angebot für mehr Menschen zugänglich zu machen, so Eppelt: „Viele Leute müssen mittags ihre Kinder von der Schule abholen oder arbeiten. Deshalb wollten wir ein zusätzliches Angebot am Nachmittag schaffen.“

Montags und mittwochs ist die Tafel wie gewohnt von 11 Uhr bis 12.30 Uhr für Kunden geöffnet. (enp)

Peter Eppelt von der Tafel Zülpich bestätigt ebenfalls, dass die Ehrenamtler einen leichten Zuwachs an Kunden verzeichnen. Auch er beklagt die gestiegenen Fahrtkosten. „Wir hatten vorher eine monatliche Tankrechnung von 300 bis 350 Euro. Jetzt können wir von 150 Euro mehr ausgehen.“ Aktuell zahlten die Gäste etwa zwei Euro pro Besuch und Haushalt. Den Beitrag müsse die Tafel jetzt zwangsläufig etwas erhöhen, um die gestiegenen Kosten zu decken.

Ukraine-Geflüchtete versorgt

Auch Menschen aus der Ukraine versorgten die Tafeln derzeit, etwa in Mechernich, Zülpich und Euskirchen, sagt Weilerswist. Die Stimmung sei erwartungsgemäß schlecht, berichtet er weiter: „Wir versorgen sie mit dem, was wir anbieten können: Essen, Spielzeug für die Kinder und auch mit Gesprächen. Aber wie soll es jemandem schon gehen, der gerade aus seiner Heimat flüchten musste?“

Auch Eppelt berichtet von ukrainischen Geflüchteten bei der Zülpicher Tafel. Da ein Großteil der Geflüchteten in der Stadt privat untergebracht seien, kämen sogar Gastfamilien mit den Ukrainern zu den Ehrenamtlern. „Teilweise haben da Menschen Geflüchtete aufgenommen, die selbst auf die Tafel angewiesen sind. Das fand ich sehr beeindruckend“, erzählt er.

In der Suppenkirche seien bisher keine Ukrainer unter den Hilfsbedürftigen, sagt Schramm. Dennoch beschäftige die Menschen, die dort essen, der Krieg: „Die Stimmung ist gedrückt.“ Deshalb vermitteln die Ehrenamtler laut Schramm Kontakte zu kirchlichen Seelsorgern.

Ehrenamtler geben nicht auf

Dass die Suppenkirche durch die steigenden Kosten schließen muss, befürchtet Schramm nicht. „Wir merken zwar die Preissteigerung beim Kauf der Lebensmittel. Momentan ist das aber noch kein Problem. Sollte sich das ändern, können wir auf andere finanzielle Mittel zurückgreifen“, sagt er.

Weilerswist sieht die Situation dagegen durchaus kritisch. „Wir können nur das verteilen, was da ist“, sagt er. Aber er ergänzt auch: „Es muss irgendwie gehen.“ Deshalb ruft er aktuell auch zum Spenden auf. Sowohl Sach- als auch Geldspenden werden ihm zufolge benötigt. Im Monat fehlten dem Landesverband etwa 500.000 Euro, so Weilerswist. Spender können sich telefonisch bei ihm unter 0172/8494645 melden.

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Aktuell würden die Tafeln zumindest durch ein Projekt des Landwirtschafts- und Umweltministeriums entlastet. Mit insgesamt 900.000 Euro unterstütze das Ministerium die NRW-Tafeln drei Jahre lang. Von dem Geld miete der Verband Lager für Großspenden. „Vorher war für große Paletten keine Kapazität“, erklärt Weilerswist.