Die Weilerswister Firma Packaging.digital veredelt und bedruckt Wellpappe. Ihre Pizzakartons verkauft sie europaweit.
VerpackungenWeilerswister Firma unterstützt Kunden europaweit beim Unboxing-Trend
Wenn irgendwo in Europa der Pizzabote liefert, kann es gut sein, dass die Verpackung aus Weilerswist kommt. In der Firma Packaging.digital wird auch Wellpappe veredelt, die verpackten Bettbezügen den nötigen Halt verleiht. Aufsteller für Supermärkte kommen ebenfalls von hier. „Was wir anbieten, ist in Deutschland und den Benelux-Staaten einzigartig“, sagt Mario Deilen stolz über die Dienstleistungen seiner Firma.
Vor gut einem Jahr haben der 46-Jährige und sein 43-jähriger Geschäftspartner Sebastian Wolff das Weilerswister Verpackungsunternehmen Primabox von Franz-Josef Meixner übernommen. Die Übergabe scheint geglückt. Dafür erhielten die beiden Münsterländer den „Nachfolgepreis NRW“ – und zwar in der Kategorie „Positiver Wandel“. Einmal jährlich wird die Auszeichnung von der Bürgschaftsbank NRW sowie den Industrie- und Handelskammern in NRW vergeben.
Der Standort habe natürlich eine Rolle gespielt, sagt Deilen. Denn ein Großteil der Kunden habe seinen Sitz in den Niederlanden. Auch der Kundenstamm in Weilerswist, den die Firmenchefs gerne von Meixner übernommen haben, sei für die gelungene Übernahme wichtig gewesen. „Es ist ein hart umkämpftes Feld“, sagt Deilen über die Wellpappenbranche, in der er seit 20 Jahren tätig ist.
Firma aus Weilerswist hat eine Nische gefunden im umkämpften Markt
Sie sei auch ein Seismograf für die allgemeine wirtschaftliche Lage: „Jeder Industriebetrieb braucht Verpackungen. Wir merken also direkt, wenn es dem Markt nicht gut geht, weil wir ganz nah dran sind.“ Da sei es gut, dass ihre Firma eine Nische gefunden habe. Für Hersteller und Verarbeiter drucken, stanzen und bekleben die Weilerswister die Wellpappe, damit diese sie an den Endkunden weitergeben können.
„Wir sind somit der verlässliche Partner in zweiter Reihe“, erläutert Deilen und zeigt auf einen Wellpappebogen. Noch ist für den Laien nicht erkennbar, dass er bald als bedruckter Pizzakarton das 3000 Quadratmeter große Firmenareal verlassen wird. Der Auftraggeber hatte die Pappe entsprechend der gewünschten Stückzahl an Kartons geliefert.
Dann geht alles ziemlich rasch, bei dem Tempo können Feuchtigkeit oder Wärme die Pappe gar nicht erst verformen. Braune Standardverpackungen werden in zehn Tagen verarbeitet, hochveredelte Verpackungen brauchen im Schnitt zwölf bis 15 Tage. Danach richten sich auch die Kosten: Für hochveredelte Produkte seien die Preise bis doppelt so hoch wie für Standardverpackungen.
Was unterscheidet sein Unternehmen von anderen in der Branche? Standardisierte Kartons in Millionenauflage herstellen, das können auch andere. Deilen und Wolff hingegen erfüllen ihren Auftraggebern ganz individuelle Wünsche. Der Pizzabäcker kann sich sein eigenes Emblem samt Adresse auf den Karton drucken lassen. Die Supermarktkette erhält spezielle, regionale Aufdrucke für den Standort der Filiale. Deren Pappauslagen sehen dann etwa in Euskirchen anders aus als in Berlin.
Dass bei so viel Individualität das Bedrucken die teuerste Dienstleistung des Unternehmens ist, verwundert nicht. Andererseits, so Deilen, sei das digitale Druckverfahren im Vergleich zu anderen deutlich günstiger – zumindest bis zu einer Auftragsgröße von 2800 Quadratmetern. „Der Drucker ist 35 Meter lang, funktioniert aber wie das Gerät zuhause“, erklärt der Geschäftsführer. In vier Reihen sind jeweils 14 Druckköpfe im Einsatz, jeder kostet um die 5000 Euro.
Die Geschwindigkeit der Produktion hängt vom Grad der Veredelung ab
Bögen einer Größe von bis zu 1,60 mal 2,80 Meter könnten damit bedruckt werden. Das Tempo richte sich nach dem Grad der Veredelung: Bei schlichteren Verpackungen werden 120 Meter pro Minute bedruckt, bei hochveredelten Bögen schafft der Drucker 30 in der Minute. Die Reste, die bei der Verarbeitung anfallen, werden, wenn möglich, weiterverarbeitet.
„Sie lassen sich aber auch biologisch abbauen“, so Deilen. Wellpappe bestehe aus Altpapier und Frischfasern, die mit Maisstärke verklebt werden. Theoretisch könne man zur Pizza auch die Verpackung essen. Nachhaltig, so Deilen, sei auch das Druckverfahren. Die verwendeten Farbpatronen könnten unkompliziert entsorgt werden, erläutert Deilen und scherzt: „Kann man trinken, muss man aber nicht.“
Die Bögen oder Zuschnitte werden nun noch gebündelt, palettisiert und eingestretcht, also mit Folie umwickelt. Dann kann der Auftraggeber sie abholen, damit sie irgendwann auf einem Küchentisch irgendwo in Europa landen – mit der Pizza vom Lieferservice, verpackt in einem Produkt „Made in Weilerswist“.
Unboxing: Was steckt in dem Paket?
Warum eine Verpackung von außen und von innen ansprechend gestaltet werden sollte, mag zunächst nicht einleuchten. Nach Meinung des Experten Mario Deilen ist eine beidseitige Bedruckung aber äußerst relevant. Das Phänomen „Unboxing“ trage zur Bedeutung einer schönen Verpackung maßgeblich bei. Deilen zufolge beschreibt Unboxing in der Verpackungsindustrie das Auspackerlebnis beim Konsumenten im heimischen Wohnzimmer.
Hinter der Bezeichnung versteckt sich aber auch eine Suchkategorie für eine bestimmte Art von Videos, die online hochgeladen werden. Content Creators, also Ersteller von Inhalten jeglicher Art, bespielen Plattformen wie Youtube oftmals nach der Logik von Tags, sprich Etiketten für ihre Videos. Hierfür nutzen sie Suchbegriffe, die häufig verwendet werden. Das Tag „Unboxing“ erfreut sich seit Jahren großer Beliebtheit bei den Nutzerinnen und Nutzern bekannter Online-Plattformen. Es wird entsprechend oft gesucht.
Beim Unboxing werden Produkte ausgepackt und geprüft. Einige der Videos haben Laufzeiten von mehr als einer Stunde. Bei einer derart detaillierten Präsentation des bewerteten und eventuell getesteten Produkts fällt auch dessen Verpackung ins Gewicht. Um das Publikum dieser Suchkategorie ansteuern zu können, ist eine ansprechende, rundum verarbeitete Verpackung essenziell. Laut Mario Deilen hat das Phänomen auch direkten Einfluss auf die Verpackungsindustrie.
Die Welle macht den Karton stabil
„Wellpappe“, so Geschäftsführer Mario Deilen, heiße nicht so, weil sie sich welle. Das tue sie zwar, aber der Name leite sich von der Wellenlinie ab, die zwischen den äußeren Schichten der Pappe, der sogenannten Innen- und Außendecke, mittig verläuft. Bei einer Wellenlinie werde die Pappe als einwellig bezeichnet, bei zwei Linien, die von einer weiteren Schicht getrennt seien, als zweiwellig, führt der Unternehmer aus: „Je mehr Wellen, desto belastbarer wird die Verpackung.“
Es gebe auch dreiwellige Pappen, aber für die Produkte, die Packaging.digital in der Regel hervorbringe, sei diese Stärke nicht notwendig. Rund 10 Milliarden Quadratmeter Wellpappe werden Deilen zufolge jährlich in Deutschland verarbeitet – eine Fläche, in die die Gemeinde Weilerswist 175-mal hineinpassen würde. Ziel des Weilerswister Unternehmens ist es bis 2026, jährlich 10 Millionen Quadratmeter zu verarbeiten.