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DiskussionsrundeBürger identifizieren Angsträume in Weilerswist und finden Lösungen

Lesezeit 4 Minuten
Das Bild zeigt einen Einblick in den Rotdornweg in Weilerswist. Die Straßenlaternen strahlen hell.

Die LED-Lampen in Weilerswist sind hell. Doch der Abstrahlwinkel ist stark fokussiert. So, dass die Lichtkegel sich nicht überlappen und es zwischen zwei Lampen dunkel ist.

Schlechte Beleuchtung und Menschen, die sich „komisch“ verhalten, haben alle identifizierte Angsträume in Weilerswist gemein.

Angsträume gibt es überall – nicht nur in großen Städten, sondern auch in kleinen Gemeinden wie Weilerswist. Weil Menschen sich gerade in der dunklen Jahreszeit auf den Straßen nicht sicher fühlen, bestimmte Wege vermeiden, teilweise sogar das Haus nach Einbruch der Dunkelheit gar nicht mehr verlassen wollen, veranstaltete die UWV-Fraktion einen Diskussionsabend zu diesem Thema. Konkrete Angsträume sollten identifiziert werden, um anschließend gemeinsam zu überlegen, wie man diese beseitigen könnte.

Auf Karten zeichneten die 17 anwesenden Personen – überwiegend Frauen – ein, welche Orte in ihnen nach Einbruch der Dunkelheit ein diffuses Gefühl der Unsicherheit auslösen: Dabei konnten mehr als zwölf konkrete Stellen benannt werden. Dass beinahe genau so viele Orte benannt wurden, wie Personen anwesend waren, erklärt sich Marion Leufer, Stellvertretende Vorsitzende der UWV-Fraktion, mit der Subjektivität des Angstgefühls: „Jeder empfindet Angst anders. Ältere Leute, die schlechter hören und sehen, empfinden an bestimmten Stellen Angst stärker als junge Leute.“

Angst ist ein subjektives Gefühl

Klaus Rech, ehemaliger Polizeibeamter und Schiedsmann der Gemeinde Weilerswist, bestätigt das: „Angst findet nur in mir selber statt.“ Es sei eine ganz persönliche Bewertung. Die Bewertung des Nachbarn könne ganz anders aussehen. Trotzdem kristallisierten sich im Laufe der Diskussion Aspekte heraus, die viele der in die Karte eingezeichneten Angstorte gemein hatten.

Bei vielen angegebenen Orten handelte es sich um schlecht beleuchtete Fußwege, wie etwa der an der Elbestraße, Richtung Hundewiese, der zwischen Eispfad und Kiefernweg, der am Tennisplatz Weilerswist, oder der, der von der Straße „In den Helten“ Richtung Erft, am Nutriateich vorbeiführt.

Eine Gasse führt ins Dunkle.

Die von den Bürgern beschriebenen Angsträume sind unterschiedlich, doch eint sie die als unzureichend empfundene Beleuchtung.

Auch der neue Pumptrack sei so schlecht beleuchtet, dass sich in der dunklen Jahreszeit nicht nur die Spaziergänger, sondern auch die Sportler selbst beschwerten. „Es sind aber meistens kleine Gassen, die so dunkel sind, dass man nicht sehen kann, was hinter der nächsten Ecke lauert“, sagt Leufer.

Neben der Dunkelheit beschweren sich Weilerswister über laute Personengruppen

Doch gegen schlechte Beleuchtung könne etwas getan werden, da waren sich die Bürger einig. Rech:„Die LED-Lampen, die wir in Weilerswist haben, die sind zwar schön hell, aber der Abstrahlwinkel ist stark fokussiert.“ Dadurch komme es nicht zu einer Überlappung der Lichtkegel.

Das Ergebnis: Zwischen zwei Lampen ist es dunkel. Wenn man aber nun den Winkel des Lichteinfalls ändere, könne mehr Raum ausgeleuchtet werden. Eine weitere einfache und schnelle Lösung sei das Stutzen der Hecken. „So dass man darüber schauen und sehen kann, dass sich niemand dahinter versteckt.“

Der Parklpatz am Weilerswister Bahnhof liegt im Dunklen.

Auch durch Personengruppen etwa am Bahnhof oder am Deutschen Platz wird eine Bedrohung wahrgenommen.

Doch gebe es in Weilerswist neben dem Problem der fehlenden Sicht auch häufig das Problem der abweichenden Wahrnehmung, erklärt Rech. Etwa wenn die Bürger auf Jugendliche oder Gruppen von jungen Erwachsenen treffen, die laut Musik hören, oder so laut sprechen, dass es als Pöbeln oder Streit wahrgenommen werde. Auch wenn es keiner sei, sondern nur ein „einvernehmliches Gespräch“ – „nur sehr viel energiereicher“, erklärt Rech.

Die Anwesenden benannten auch Orte, an denen die Angst vor Begegnungen mit Menschen größer sei, als die vor der Dunkelheit: den Deutschen Platz und den Bahnhof, wo nach Angaben der Bürger gedealt werde, den Brunnen an der Nahestraße, an dem Jugendliche im Sommer Alkohol tränken, die Felix-Wankel-Straße, in der sich Lkw-Fahrer wüschen und ihre Notdurft verrichteten sowie ein Mehrfamilienhaus, dessen Einwohner sich aggressiv benähmen.

Dort wünschten sich die Bürger erhöhte Präsenz von Polizei und Ordnungsamt. „Die Polizei könnte Gruppen auf ihr Verhalten aufmerksam machen, und ihnen erklären, was das mit den Leuten macht“, meint Rech. Oftmals sei den betreffenden Personen das nämlich selbst nicht klar.

„Als Polizist habe ich die Erfahrung gemacht, dass es zudem schon etwas für das Sicherheitsgefühl der Leute tut, wenn man einfach aus dem Auto aussteigt, und zu Fuß die Straße entlangläuft.“ Doch nicht nur Ordnungskräfte könnten zu einem verbesserten Sicherheitsgefühl beitragen, sondern auch die Bürger selbst. Etwa, indem sie nachts den Abstand vergrößerten, wenn sie hinter jemandem herliefen.


Was ist ein Angstraum?

Ein Angstraum ist ein Ort, an dem Menschen sich bedroht fühlen, erklärt der ehemalige Polizist Klaus Rech. Ein Ort, an dem sie ohne konkreten Anlass das Gefühl haben, sie könnten bedroht, angegriffen oder überfallen werden. In einem Angstraum sähen Menschen ihre sogenannten „Rechtsgüter“ bedroht: körperliche Unversehrtheit und Eigentum.

Dabei gebe es einen Unterschied zwischen Angst und Furcht, erklärt der ehemalige Polizist weiter. Furcht beziehe sich nämlich immer auf ein konkretes Ereignis, etwa einen tatsächlichen bevorstehenden Überfall. Angst sei eher ein diffuses Gefühl der Bedrohung.

Das Gefühl der Angst sei normal und evolutionär in allen Menschen angelegt, sagt Rech. Um sein Überleben zu sichern, hatten Vorfahren in der Steinzeit drei Mechanismen erlernt: Angriff, Flucht und Erstarren, erklärt er. Natürlich sei die Umwelt inzwischen weniger lebensfeindlich geworden, doch griffen dieselben Mechanismen bei Bedrohung – wenn auch in abgeschwächter Form – heute immer noch: etwa in dunklen Gassen. (kkr)