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Das Jahr 2024Euskirchens Landrat legt den Schwerpunkt auf Sicherheit und Respekt

Lesezeit 6 Minuten
Zwei Polizisten stehen bei einem Einsatz in der Dunkelheit vor einem Rettungswagen.

Polizisten und Rettungskräfte sorgen für das Sicherheitsgefühl und leisten aus Sicht von Landrat Markus Ramers einen enormen Beitrag zur Handlungsfähigkeit des Staates. Ihre Arbeit soll in diesem Jahr verstärkt sichtbar gemacht werden.

Euskirchens Landrat Markus Ramers setzt auch 2024 einen Schwerpunkt: Die Sicherheit und der Respekt denjenigen gegenüber, die dafür sorgen.

Den Krieg in der Ukraine kann Landrat Markus Ramers nicht beenden, den in Nahost nicht, auch nicht die innenpolitischen Probleme lösen, die gerade landauf, landab diskutiert werden. Die unruhigen Zeiten und die oft komplizierten Zusammenhänge lösen jedoch ein starkes Gefühl der Unsicherheit bei vielen Menschen aus. Genau da will Ramers ansetzen, wenn er die Sicherheit zum Schwerpunktthema des Jahres 2024 macht. Er will die verschiedenen Aspekte des Sicherheitsbegriffs beleuchten und Maßnahmen starten – bei den Dingen, die vor Ort geschehen und die vor Ort beeinflussbar sind.

Dabei stehen auch die Sicherheitskräfte im Mittelpunkt: Polizisten genauso wie Mitarbeiter des Rettungsdienstes oder der Ordnungsämter, Feuerwehrleute und Kräfte der Hilfsorganisationen. Für Ramers sind es die, die Vertrauen in den Staat sichtbar machen können: „Sie sorgen 24/7 dafür, dass wir gut und sicher in diesem Land leben können. Es gibt keine Sicherheit ohne die, die dafür sorgen.“

Der Respekt vor den Einsatzkräften ist Landrat Markus Ramers ganz wichtig

47.417 Einsätze hatte die Kreispolizei im vergangenen Jahr zu bewältigen gehabt, 27.777 der Rettungsdienst – hier kamen noch 8000 Krankentransport-Fahrten dazu. Längst nicht immer werden die Helfer mit offenen Armen empfangen, im Gegenteil. Ein wichtiger Aspekt ist für Ramers daher der Respekt gegenüber den Einsatzkräften.

Täglich und in jeder Schicht erleben die Polizisten im Kreis Euskirchen nach Angaben von Polizei-Sprecher Franz Küpper Respektlosigkeiten der unterschiedlichsten Art. Dass sie, Sanitäter oder andere auch körperlich angegangen werden, geschieht zwar deutlich seltener – aber viel zu oft. Mehrere Fälle pro Monate seien es bei der Polizei, zwei waren es beim Rettungsdienst in den vergangenen Monaten.

Anfeindungen, Beleidigungen und Angriffe möchte und werde ich nicht akzeptieren.
Markus Ramers, Landrat

„Anfeindungen, Beleidigungen und Angriffe möchte und werde ich nicht akzeptieren“, sagt Ramers. Geschehe es etwa gegenüber von Kreis-Bediensteten, erstatte er in jedem Fall eine Strafanzeige.

Hinweisen werde er auf den Themenkomplex auch immer wieder in den berühmten Sonntagsreden. Doch nur vom „drüber reden“ ändert sich bekanntlich nichts. Also hat Ramers einige Projekte zu dem Thema in Vorbereitung.

Mit dem Bundeskriminalamt wird eine Analyse erstellt

Über das Bundeskriminalamt will Ramers eine „evidenzbasierte lokale Sicherheitsanalyse“ (Elsa) erstellen lassen. Die geht tiefer als die ohnehin alljährlich erstellten Kriminalitätsstatistiken und beschränkt sich nicht nur auf den polizeilichen Bereich. Die Ordnungsämter werden in die Erstellung beispielsweise ebenfalls eingezogen, Aspekte wie Straßenbeleuchtungen und Gestaltung des öffentlichen Raums können dabei eine Rolle spielen. Aus der Analyse sollen die Akteure Erkenntnisse gewinnen, in welchen Bereichen sie schon gut unterwegs sind und wo noch Handlungsbedarf besteht.

Auf Kreisebene will Ramers zudem eine Sicherheitskonferenz einrichten, an der neben der Polizei auch die Kommunen, Amtsgerichte und das Jugendamt teilnehmen.

Die Präventionsprojekte im Kreis Euskirchen werden ausgeweitet

„Wir wollen nicht nur nach Straftaten oder Unfällen reagieren, sondern auch überlegen, was man tun kann, damit es nicht dazu kommt“, sagt Ramers. Einige Präventionsprogramme gibt es seit Jahren: Crashkurs NRW für junge Autofahrer etwa, „Riegel vor“ zur Einbruchsprävention, „Kurve kriegen“ bei straffälligen Jugendlichen. Diese sollen fortgesetzt und ausgeweitet werden. Die Zielgruppen gehen quer durch die Gesellschaft – Schüler sind es genauso wie Geflüchtete, alte Menschen genauso wie jüngere.

Für Ramers gehören Schwerpunktkontrollen der Polizei genauso dazu wie die strategische Fahndung. Bei Letzterer dürfen Menschen in einem bestimmten Zeitraum und in einem genau definierten Areal ohne Anlass überprüft werden. Diese wird die Polizei dieses Jahr in Euskirchen zwei Mal durchführen. Hinzu kommen die regelmäßigen Fußstreifen in der Euskirchener Innenstadt.

Kontrollen: Ramers will einen zweiten Blitzer-Anhänger

Sicherheit im Straßenverkehr gehört auch zu Ramers' Agenda. Und dazu gehören für ihn auch die Kontrollen – von Motorrädern bis zu Schwertransporten –, bei denen auch präventive Ansätze verfolgt werden können.

Als Erfolg bezeichnet Ramers den Einsatz der „semistationären Geschwindigkeitsmessanlage“, also dem Blitzer, der ein wenig aussieht wie ein Anhänger. Dabei geht es ihm nicht nur ums Geld – wie berichtet, nimmt der Kreis durch die Anlage rund 40.000 Euro im Monat ein. Das Gerät könne etwa da eingesetzt werden, wo Bürger das Gefühl haben, dass gefährlich schnell gefahren werde. Aktuell ist es aus Kapazitätsgründen nicht möglich, die Anlage nach einiger Zeit erneut an denselben Standort zu stellen. Das soll sich ändern, so Ramers: „Ich will einen zweiten Anhänger in den Einsatz bringen.“

Auch die Opferbetreuung steht im Fokus

„Wir werden die Kriminalität nie auf null bekommen. 100-prozentige Sicherheit wird es nie geben“, sagt Ramers. Daher sei es auch wichtig, diejenigen zu stützen, die Opfer geworden seien.

Organisationen wie dem Opfernetzwerk oder dem Weißen Ring, aber auch dem Frauenhaus in Euskirchen oder dem Kriseninterventionsdienst komme dabei eine entscheidende Rolle zu – auch die gelte es zu stärken.

Kreis Euskirchen verleiht einen Preis für Zivilcourage

„Wir wollen eine Kultur des Hinsehens anstatt des Wegsehens fördern“, sagt Ramers – dadurch könne jeder Einzelne zur Erhöhung des Sicherheitsgefühls beitragen. Und um potenziellen Missverständnissen vorzubeugen, schränkt er gleich ein: „Nein, Bürgerwehren oder Vergleichbares sind damit auf keinen Fall gemeint.“

Das Hinsehen, das Eingreifen, das Schlichten eines Konflikts soll auch belohnt werden – derartiges kann analog und digital geschehen. Auch online könne, unabhängig von der Strafverfolgung durch die Polizei, Zivilcourage gezeigt werden, indem etwa entsprechende Kommentare geschrieben würden, wenn im Netz gehetzt werde, Falschnachrichten verbreitet würden oder Ähnliches.

Um derartigen Einsatz der Bürger zu würdigen, wird, wahrscheinlich in der zweiten Jahreshälfte, zum ersten Mal der Preis für Zivilcourage im Kreis vergeben. Belobigungen habe es zwar in seltenen Fällen schon mal gegeben, sagt Ramers, doch man wolle derartiges Handeln auf einem anderen Niveau würdigen. „Wir wollen zeigen, was die Menschen tun. Oft sind es Kleinigkeiten, die viel bewirken.“ Potenzielle Preisträger haben mit hoher Wahrscheinlichkeit im Zuge ihres Einsatzes für Mitmenschen in Not Kontakt zur Polizei – aus deren Einsatzberichten sollen sie ermittelt werden. Vorschläge aus der Bevölkerung können wohl nicht eingereicht werden: Die wären laut Ramers zu schwer zu bewerten.


Erste Bilanz 2023

Verbessert hat sich die Lage nicht, nachdem Landrat Markus Ramers im vergangenen Jahr den Schwerpunkt auf das Thema Fachkräftemangel gelegt hatte. „Aber das ist eine mathematische Frage“, sagt er mit Blick auf die hohe Zahl derer, die in den Ruhestand gehen, und die deutlich geringere Zahl derer, die ins Berufsleben starten. Und abgeschlossen sind die begonnenen Projekte auch längst nicht.

Es ist für die Arbeitgeber ein Kampf um jede und jeden Einzelnen. Als „Tropfen auf den heißen Stein“ bezeichnet Ramers in dem Zusammenhang die ersten 20 Pflegekräfte, die für die Einrichtungen im Kreis mithilfe einer Agentur aktuell in Indien rekrutiert werden. Die ersten Kontakte haben bereits stattgefunden, derzeit werden die neuen Beschäftigen, unter anderem mit Deutschkursen, auf ihren Einsatz vorbereitet. Doch ein Tropfen auf den heißen Stein ist in dem leergefegten Markt besser als nichts.

Zahlreiche weitere Initiativen und Projekte sind gestartet. Ihre Effekte sind entweder noch nicht oder grundsätzlich nur schwer messbar – bei den diversen Jobmessen oder Speeddatings etwa. Als Erfolg bezeichnet Ramers für das Kreishaus das Bewerberfrühstück des Jugendamts. Mit 15 sei die Teilnehmerzahl zwar überschaubar gewesen, aus dieser Runde seien aber „13 oder 14 Bewerbungen“ eingegangen. Im Rettungsdienst ergreift der Kreis die Initiative und wird nun auch selbst Notfallsanitäter ausbilden. Wie viele, hängt laut Ramers von der Zahl der verfügbaren Plätze in den Akademien ab.