Der ökumenische Weilerswister Seniorenclub feiert sein 50-jähriges Bestehen. Seine ältesten Mitglieder erinnern sich an die Anfänge des Clubs.
JubiläumWeilerswister Seniorenclub feiert sein 50-jähriges Bestehen
Wenn Maria Josefine Freifrau von Wendt über die Frauen aus dem Seniorenclub Weilerswist spricht, dann spricht sie meistens von „den Damen“ oder „der Gemeinschaft“. Aber manchmal, wenn sie nicht auf ihre Wortwahl achtet, sagt sie „Freundinnen“.
Freifrau von Wendt ist die Vorsitzende des ökumenischen Seniorenclubs Weilerswist, der am Dienstag sein 50-jähriges Bestehen feierte. 1970 wurde der Club gegründet und war im Kreis Euskirchen der erste seiner Art. Ungewöhnlich sei es damals noch gewesen, dass Evangelen und Katholiken gemeinsame Sache machten, erinnert sich das einzige noch lebende Gründungsmitglied Hedwig Pesch. Die Frauen im Club nennen sie Heta.
Bei Gründung des Clubs gab es zunächst Gegenwind
Der damalige Pastor sei nicht begeistert gewesen von der Idee. Schließlich habe es damals doch schon eine Gruppe für katholische Frauen und Mütter gegeben. Das habe er für ausreichend befunden. Doch die älteren Damen – evangelische wie katholische – sahen das anders. Sie brauchten diese Zusammenkunft.
Viele der Gründungsmitglieder waren Frauen, die ihren Mann im Krieg verloren hatten: „Die Kriegswitwen hatten wenig Geld und ein schweres Leben“, sagt die 90-Jährige. Wenig Geld stand auch dem Club anfangs zur Verfügung. „Eigentlich hatten wir gar kein Geld“, sagt Pesch. „Dafür hatten wir aber eine Menge Arbeit“. Und jeder habe beigesteuert, was er konnte.
Ganze Nachmittage lang habe eine der Frauen Marmelade eingekocht, eine andere habe Blumengestecke gebastelt und zur Verfügung gestellt. Hedwig Pesch selbst hat sich als „Bauersfrau“ für die Verpflegung zuständig gefühlt. Kuchen und Brötchen gab es bei den Treffen. Serviert wurden sie auf geborgten Tellern.
Die Gruppe wuchs schnell. Bald waren es 60 Teilnehmer, bald 80. Die Gruppe bestand nicht nur aus Katholiken und Evangelen, sondern auch aus Zugezogenen und Einheimischen, Frauen und Männern.
Die Frauen treffen sich jede Woche für zwei Stunden
In einem eigenen Raum im Jugendheim in Weilerswist treffen sich die mittlerweile nur noch etwa 30 Frauen einmal in der Woche für zwei Stunden. Manche sitzen dann einfach nur zusammen und stricken, sagt Freifrau von Wendt. Manche kommen zum Singen, andere zum Beten.
Maria Kloster und Vera Friedrich kommen, um Spiele zu spielen: Mensch-ärgere-dich-nicht, Canasta, Rommé. Die beiden Frauen sitzen eng aneinander. Ihre Gehstöcke haben sie nebeneinander gelegt. Vera Friedrich ist es gewohnt, für Maria Kloster zu sprechen. „Sie hört schlecht, aber sie liebt alle Brettspiele“, sagt Friedrich. Kloster nickt eifrig.
Ruth Schlösser nimmt an den wöchentlichen Treffen des Clubs teil, um sich auszutauschen. „Manchmal sieht man ja ein paar Dinge im Fernsehen, die einen beschäftigen“, sagt sie. Was Schlösser gerade besonders beschäftigt, ist der Krieg in der Ukraine. „Für mich ist es wichtig, darüber zu sprechen.“
Am Leben teilzunehmen, bedeute für sie, andere Perspektiven kennenzulernen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Deswegen sei der Club so wertvoll für sie. „Mit 66 hatte ich einen Schlaganfall“, sagt sie. „Da wurde ich von jetzt auf gleich aus dem Leben gerissen.“ Seit dem Vorfall sei für sie die Teilhabe am öffentlichen Leben stark eingeschränkt gewesen. Dabei sei das für sie immer elementar gewesen.
Seit fünf Jahren kommt Schlösser zu den Treffen. „Und das gibt mir Kraft“, sagt sie. „Kraft, Stabilität und Struktur.“ Eine Frau in einem rosa Pullover kommt vorbei und begrüßt Ruth Schlösser herzlich. Nimmt ihre linke Hand in beide Hände und hält sie eine Weile. „Ich verstehe mich hier mit allen wirklich sehr gut“, sagt Schlösser.
Die Seniorinnen wollen nicht allzu viel über Gebrechlichkeiten sprechen
Was sie an dem Club besonders schätzt: „Wir haben hier eine Regel: Über Gebrechlichkeiten wird nicht gesprochen.“ Denn ihr zufolge fange es – gerade bei Frauen – irgendwann an: das ständige Klagen über „kleine Wehwehchen“, und ehe man sich versehe, klage man nur noch darüber, dass der Körper an vielen Stellen nicht mehr so funktioniere, wie er das früher einmal tat. „Aber für zwei Stunden in der Woche würde ich gerne frei davon sein, würde gerne abschalten“, sagt sie.
Während Ruth Schlösser die Regel erklärt, fächert Maria Kloster sich Luft zu. Ihr Gesicht wird rot. Die Fächerbewegungen mit den eigenen Händen werden schneller. Eine Frau wühlt in ihrer Tasche und reicht Kloster wortlos ein Feuchttuch.
Auszuklammern sind die ganzen körperlichen Eigenheiten und Gebrechen und auch das Sterben ab einem bestimmten Alter nicht mehr, findet Diakon Hermann-Josef Mahlkemper, der gemeinsam mit Pfarrerin Renate Kalteis durch die Andacht anlässlich der Feierlichkeiten führte. Deswegen zündete der Diakon Kerzen an, erinnerte an die Vergänglichkeit des Lebens und gedachte für einen Moment an die, „die uns schon vorausgegangen sind“.
Dieser Vergänglichkeit wie auch der steigenden Alterseinsamkeit begegne der Seniorenclub Weilerswist mit Gemeinschaftsgefühl, sagt Renate Kalteis. Weil die Organisatorinnen dafür seit einem halben Jahrhundert sorgten, sei es an der Zeit gewesen, Dank zu sagen. Das tat Martin Jost vom Caritasverband Euskirchen mit der Überreichung der Goldenen Nadel für ehrenamtliches Engagement.