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FamilienunternehmenSo wurde die Firma Esser zum größten Vermieter in Zülpich

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Das „Tollmanns-Haus“ neben dem Münstertor wurde 2011 gekauft, modernisiert und im Anbau das Ärztehaus gebaut.

Zülpich – Die Firma Esser, Karneval und Zülpich – das ist eine in Jahrzehnten gewachsene Begriffseinheit für alteingesessene Römerstädter. Jetzt feierte die Firmengruppe Esser das 150-jährige Bestehen. Passenderweise im „Öllege Stüffje“, im alten Lagerhaus auf dem Firmengelände.

Familienunternehmen in fünfter Generation

Dort hatte Zülpichs ältester Karnevalsverein über Jahrzehnte sein Stammlokal. Denn Ehrenpräsident der „Öllege“ ist schließlich Günter Esser, Vater des jetzigen Geschäftsführers der heutigen Unternehmensgruppe, Tobias Esser. Er ist die fünfte Generation der Firma.

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Den Landesproduktehandel gründete Paul Esser 1872.

„Damit sind wir das älteste in Familienbesitz befindliche Unternehmen in Zülpich“, so der 39-Jährige. Freimütig räumt er ein: „99 Prozent unserer Aktivitäten machen wir in der Kernstadt Zülpich.“ Eine der insgesamt 142 Mietwohnungen, die das Unternehmen besitzt und verwaltet, befinde sich aber in Euskirchen – was für alteingesessene Zülpicher eher ein Fauxpas sein dürfte.

So viel Lokalkolorit gehört dazu, wenn man verstehen will, warum „Esser“ so eng mit Zülpich verbunden ist. Dabei war Firmengründer Paul Esser gebürtiger Kölner. 1872 gründet er in Rövenich einen „Landesproduktehandel“, womit vor allem der Handel mit Stroh gemeint war. Doch schon Sohn Winand zog es in die nahe Römerstadt, zuerst in die Schmittgasse, 1905 zur heutigen Adresse an der Bonner Straße unweit des Münstertores. Später wurde auch mit Kartoffeln gehandelt. Das Getreidesilo im hinteren Teil des weitläufigen Firmengeländes erinnert an die Anfangszeit.

Nach dem Krieg fehlte auch in Zülpich Wohnraum

Eine Neuausrichtung vollzog sich in der Nachkriegszeit. Auch im zerstörten Zülpich fehlte es an bezahlbarem Wohnraum. Der 1950 in dritter Generation ins Unternehmen eingestiegene Karl Esser begann ab 1953 mit dem Bau der „Esser-Siedlung“ genannten Mehrfamilienhäuser am Rande des Neubaugebiets in Richtung Bessenich. 1962 wurde deshalb die Zülpicher Hochbau Esser & Co. gegründet, die die Bauaktivitäten des Ehepaars Karl und Hildegard Esser bündelte. Bis 1988 lief der ursprüngliche Landesproduktehandel allerdings als Nebengeschäft mit.

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Vom Vater auf den Sohn: Günter Esser ist die vierte, Sohn Tobias die fünfte Generation, die das Unternehmen führt.

Man habe immer versucht, sich an die wechselnden Zeiten anzupassen, sagt der heute 73-jährige Günter Esser – dazu gehöre auch, mit Unternehmensgründungen geschickt Steuervorteile zu nutzen. So wurden etwa die Firmen Winand Esser & Sohn und die Zülpicher Hochbau Esser zusammengelegt. Wolfgang, Karl-Heinz und Günter, die drei Söhne von Karl Esser, übernahmen nach und nach Verantwortung.

Für den gelernten Fliesenlegermeister Günter Esser war das damals keine Frage: „Ich war mit der Schule fertig, bekam eine weiße Hose angezogen und packte im Betrieb mit an.“ Nach dem Tod des Vaters 1983 übernahmen die Söhne als vierte Generation die Geschäfte. Günter Essers Ehefrau Thea war 43 Jahre lang die Buchhalterin des Ganzen.

Vermietung ist heute das Kerngeschäft

Die Grundstücksgesellschaft Esser GbR hat seit 1999 die Verantwortung für heute 141 Mietwohnungen in Zülpich übernommen, es ist der aktuelle Schwerpunkt der Unternehmen. Ab 2007 wurden alle Mietshäuser nach der Entpflichtung als Sozialwohnungen umfassend renoviert.

„Heute sind wir der größte Vermieter in Zülpich“, so Diplom-Ingenieur Tobias Esser, den es nach dem Studium zurück in die Heimatstadt gezogen hat. Er stellt fest, was schon sein Urgroßvater wusste: „Der Bedarf an günstigem Wohnraum ist groß. Wir haben Wartelisten mit bis zu 100 Interessenten.“

Ab 2006 hat Tobias Esser nach und nach die Geschäftsführung übernommen. Vor 15 Jahren gründete er die Esser Energie GmbH, die neben Bauingenieurleistungen vor allem Energie verkauft – auch aus eigenen Photovoltaik-Anlagen an die eigenen Mieter.

Ärztehaus am Münstertor gebaut

Zwei größere Investitionen unter der Federführung von Tobias Esser wirkten sich auch direkt auf das Stadtbild Zülpichs aus: 2011 wurde das Wohnhaus des Haushaltswarengeschäfts Tollmann am Münstertor gekauft, der Altbau wurde saniert, neue Geschäfte und Dienstleister kamen hinein. Als Anbau entstand, an die mittelalterliche Stadtmauer angrenzend, ein Ärztehaus. 2015 erfolgte die Fertigstellung eines LVR-Gehörlosenheims mit 24 Plätzen.

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Man könne in Zülpich gute Geschäfte machen, sagt Günter Esser. Und im Karneval aktiv zu sein, stört dabei nicht. Esser war von 1994 bis 2009 Präsident der Zölleche Öllege, deren Ehrenpräsident er heute ist. 2019 erhielt er für seine Verdienste um das Brauchtum die Landesmedaille im Düsseldorfer Landtag.

In seine Präsidentschaft fällt der Umbau des mittelalterlichen Bachtors als neue Öllege-Residenz. Der Verein zog damit mit der Prinzengarde (Münstertor) und den Blauen Funken (Kölntor) gleich. Der vierte Karnevalsverein der Stadt, die Hovener Jungkarnevalisten, baut gerade das Weiertor für seine Zwecke um. Es gehört in Zülpich eben alles irgendwie zusammen.