Die solidarische Landwirtschaft Wolkenborn in Nettersheim arbeitet künftig mit dem Demeterhof Haus Bollheim zusammen.
Öko-LandwirtschaftNettersheimer Kollektiv Wolkenborn kooperiert mit Haus Bollheim

Freuen sich aufs Miteinander: Arne Mehrens (l.), einer der Geschäftsführer von Haus Bollheim, und André Lehner vom Kollektiv Wolkenborn.
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Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) trifft auf biologisch-dynamischen Landbau – das Kollektiv Wolkenborn aus Nettersheim und Haus Bollheim aus Oberelvenich arbeiten nun zusammen. Auf den ersten Blick hat damit zusammengefunden, was sehr gut zusammenpasst. Doch die Kooperation ist eher aus der Not geboren. „Wir kannten alle Haus Bollheim“, berichtet André Lehner aus dem Vorstand des Kollektivs.
Doch eigentlich sei das Kollektiv ja angetreten, um solidarische Landwirtschaft zu betreiben. Also eine Gruppe von Menschen zahlt Gärtnern oder Landwirten einen festen Betrag, um alle Kosten der Ernteproduktion zu decken, und erhält dafür die gesamte Ernte. Die Landwirte haben so gesicherte Einnahmen und die Verbraucher regionales Gemüse. Doch Haus Bollheim ist keine solidarische Landwirtschaft.
Das Eifeler Kollektiv Wolkenborn stand vor der Auflösung
Die Produkte des Demeter-Betriebs werden bereits im eigenen Hofladen, auf Wochenmärkten in Köln und in ausgewählten Bio-Läden der Region verkauft. Aber im Herbst 2024 stand das Kollektiv Wolkenborn vor einem Problem: Die beiden Gärtner, die bislang das Gemüse für die Erntemitglieder anbauten, zogen sich aus familiären Gründen zurück. Ohne Gärtner keine Ernte. Es habe im Raum gestanden, das Kollektiv aufzulösen, berichtet Lehner: „Aber da steckt so viel Herzblut drin.“
Stattdessen entschied sich der Vorstand für die Anfrage bei Haus Bollheim. Und dort war man sehr erfreut. „Für uns war es schon sehr interessant, weil es zu unserer Vermarktungsstrategie passt“, berichtet Arne Mehrens, einer der drei Geschäftsführer von Haus Bollheim. Es sei ihnen wichtig, möglichst direkt an den Endverbraucher zu verkaufen. Da passe das Kollektiv mit seinen Gemüsekisten sehr gut.
Wir haben gerade in der Nach-Coronazeit an Umsatz verloren.
Nachdem man sich einmal kennengelernt hatte, war für beide Seiten klar: Eine Kooperation wäre eine „Win-Win Situation“, wie es in einer Mitteilung des Kollektivs heißt. Man einigte sich auf einen festen Preis, für den das Kollektiv einen gewissen Anteil der Ernte erhält. Wolkenbon sei nun also eine Kooperations-SoLaWi, berichtet Lehner. Den Erntemitgliedern des Kollektivs beschert das ein breiteres Sortiment.
Neben dem Gemüse bezieht das Kollektiv nämlich nun auch Molkereiprodukte, Eier, Brot und Mehl. Künftig sollen auch noch Fleisch-Produkte On-Demand dazukommen. Denn die Kühe und Hühner von Haus Bollheim werden auch geschlachtet, allerdings nicht jede Woche. Deshalb soll es Fleisch beim Kollektiv nur auf Bestellung geben. Darüber werde man die Erntemitglieder rechtzeitig informieren so Lehner.
Für Haus Bollheim schafft die Kooperation mehr finanzielle Sicherheit. „Wir haben gerade in der Nach-Coronazeit an Umsatz verloren“, berichtet Mehrens. Inflation und Ukraine-Krieg hätten sich auf das Kaufverhalten der Leute spürbar ausgewirkt. Der Preis sei auf einmal sehr wichtig geworden. „Deswegen ist das für uns eine sehr schöne Bereicherung. Und auch wirtschaftlich sinnvoll“, so Mehrens.
Beide Seiten haben durch die Kooperation Vorteile
Und er sieht noch einen Vorteil. Durch die Kooperation habe Haus Bollheim nun auch einen Vermarktungsweg in die Eifel. „Da sind wir bisher relativ schwach aufgestellt“, berichtet er. Für die bisherigen Kunden ändere sich im Übrigen nichts. Sowohl der Verkauf im eigenen Hofladen, den regionalen Bio-Läden sowie auf den Wochenmärkten bleibe bestehen, betont er.
Und auch für das Kollektiv gibt es noch einen Vorteil: Die Kooperation bringt mehr Flexibilität. Bisher habe man ab einem gewissen Zeitpunkt keine Erntemitglieder mehr aufnehmen können, einfach weil die Gärtner die Ernte planen mussten, berichtet Lehner. Dadurch, dass Haus Bollheim aber nicht nur für das Kollektiv produziere, könnten Erntemitglieder auch später einsteigen.
Die anfängliche Skepsis, ob Kollektiv und Haus Bollheim zusammenpassen, ist beim Wolkenborn-Vorstand inzwischen in Überzeugung umgeschlagen. Die Genossenschaft und der Demeter-Betrieb teilten dieselben Werte, berichtet Lehner. Nachhaltigkeit, Regionalität, Gemeinschaft – das, was dem Kollektiv wichtig sei, werde auf Haus Bollheim gelebt.
„Da ist der Kuhstall, direkt daneben ist die Käserei und daneben ist der Hofladen“, zeigt sich Lehner begeistert von den kurzen Wegen in Haus Bollheim. Anfang März haben die Mitglieder des Kollektivs Wolkenborn eine Hofführung bekommen und konnten hinter die Kulissen blicken. „Wenn ich die Menschen kenne, die das produzieren, ist das doch viel wichtiger als irgendein Zertifikat“, ist Lehner überzeugt.
Genossenschafts- und Erntemitglieder werden gesucht
Mehr Mitstreiter wünscht sich das Kollektiv Wolkenborn laut André Lehner. Alleine durch eine Erntemitgliedschaft habe man sehr viel Impact, wirbt er. Zum einen habe man viel weniger Verpackungsmüll und auch der CO2-Fußabdruck des Einkaufes reduziere sich, da die Transportwege sehr klein seien. Man erhalte regionale und saisonale Produkte und unterstütze gleichzeitig nachhaltige Landwirtschaft mit fairen Löhnen und artgerechter Tierhaltung.
„Das Einzige, was man machen muss, ist einmal in der Woche eine Gemüsekiste abzuholen“, so Lehner. Das Kollektiv ist eine Genossenschaft, kein Verein. Das sei etwas verbindlicher, erklärt Lehner. Grundsätzlich sei mit einer Mitgliedschaft aber nichts verbunden. Man müsse einmalig 150 Euro als Genossenschaftsanteil einlegen, das verpflichte allerdings zu nichts. Wer dann noch Erntemitglied werden möchte, zahle noch einen monatlichen Ernteanteil dazu. Wie hoch der ausfalle, hänge davon ab, wie viel man bestelle, so Lehner.
Ein Gemüse- und Kartoffelanteil kostet aktuell 90 Euro im Monat und reicht laut Erntevertrag für etwa ein bis zwei Personen. Wer wöchentlich noch Obst und Saft, Käse, Joghurt, Quark, Brot oder Eier dazu haben möchte, zahlt je nach Produkt extra. Außerhalb des Wochenrhythmus kann man zudem Honig, Gewürze, Mehl, Getreide und sogar Schnittblumen über das Kollektiv beziehen.
Abholen kann man sich seine Produkte dann in einem der drei Depots in Nettersheim, Hellenthal-Wittscheid oder Wißkirchen. Ein Erntevertrag läuft immer für ein ganzes Jahr. Für alle Interessierten veranstaltet das Kollektiv am Mittwoch, 26. März, ab 19 Uhr im Kino 42 in Nettersheim einen Infoabend.