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Haus MarienbornNeuanfang für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung in Zülpich

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Seelsorgerin Dorothea Grimm steht in der noch kahlen Wohnung von Cevin Wego. Mit einem Weihwasserwedel segnet sie das Zimmer. Cevin Wego sitzt auf der Couch.

Die Seelsorgerin Dorothea Grimm segnet die zukünftige Wohnung von Cevin Wego. Es wird die erste eigene Wohnung des 26-Jährigen sein.

Die Marienborn Behindertenhilfe hat in Zülpich ein zweites Mehrfamilienhaus für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen eröffnet.

Aus den Boxen des Smartphones von Cevin Wego tönen Beats. Der 26-Jährige hört sich selbst singen und lächelt – verschämt, aber auch stolz. Der Song heißt „Ein neuer Anfang“. Und der ist für Wego an diesem Tag gekommen: Der 26-Jährige bezieht seine erste eigene Wohnung.

Sie befindet sich im Haus Josef, einem neuen Mehrfamilienhaus für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Dort werden die Nutzer durch das Fachpersonal der Marienborn Behindertenhilfe betreut.

Das Haus Josef sei der Nachfolger des Hauses Maria, sagt Jürgen Abel, Direktor der Marienborn Behindertenhilfe. Dass damals die zur Verfügung stehenden Plätze des Hauses Maria so schnell belegt waren, habe gezeigt, dass für eine solche Einrichtung ein großer Bedarf herrsche.

Kadir Aydin und Dorothea Grimm stehen vor einem dreistöckigen Neubau mit Balkonen.

Kadir Aydin und Dorothea Grimm stehen vor Haus Josef, dem neuen Mehrfamilienhaus der Marienborn Behindertenhilfe.

Eine Einrichtung, die nicht nur einen Fokus auf den stationären Aufenthalt der Menschen lege, sondern auch auf das Leben danach. Ein Ort, an dem man gemeinsam mit den Bewohnern nach Zukunftsperspektiven suche und sie gemeinsam mit ihnen, Schritt für Schritt auch begehe. Und das werde künftig möglich sein in dem Zehn-Parteien-Haus mit einer angeschlossenen ambulanten Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie, so Abel.

Doch gehe es gar nicht so sehr um das Haus an sich, sagte er bei der feierlichen Eröffnung der neuen Unterkunft in der Nideggener Straße, sondern um die Menschen darin. Und um ihre Teilhabe am ganz normalen Leben, in ganz normalen Wohnungen.

Es sind Menschen wie Kadir Aydin. In Behandlung begab er sich, weil er ein seelisches Leiden in Kombination mit einer Suchterkrankung hatte. Heute fährt er für die Marienborn Behindertenhilfe Essen aus. Für diese Möglichkeit ist Aydin dankbar.

Kadir Aydin und Jürgen Abel laufen Arm in Arm über den Parkplatz.

Bewohner Kadir Aydin und Jürgen Abel, Direktor der Marienborn Behindertenhilfe, verstehen sich gut.

Genauso wie Cevin Wego, der 2019 wegen einer drogeninduzierten Psychose dringend Hilfe suchte. Zu Jürgen Abel sagt er: „Ihr habt mir echt den Arsch gerettet.“ Abel lacht. Weil Wego so dankbar ist, hat er auch diesen Song geschrieben.

Sein „neues Leben“ fängt nämlich nicht erst heute, beim Bezug seiner ersten eigenen Wohnung, an. Sein neues Leben hat schon am 28. Juni 2020 begonnen, als er sich in die Obhut des Hauses Norbert der Marienborn Behindertenhilfe begab.

„Irgendwann kommt der Tag, an dem du nicht mehr dran denkst, wie es war“, klingt es aus den Lautsprechern seines Smartphones. Nach der Seelsorgegruppe hat er den Text geschrieben. Das Equipment für seine Musik hat er sich Stück für Stück selbst gekauft, das Mikrofon, das Programm. Dann hat er Youtube-Videos geschaut, um zu lernen.

Wego hält das Equipment für eine gute Investition in seine Musik. Abel hält das neue Mehrfamilienhaus für eine gute Investition für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Und der Zülpicher Bürgermeister Ulf Hürtgen hält das neue Haus aus der Marienborn-Familie für eine gute Investition in Zülpich. Schließlich sei dies auch der größte Arbeitgeber vor Ort.


Der Bau des Hauses

In rund zwei Jahren wurde Haus Josef gebaut. Der Spatenstich erfolgte am 12. Januar 2021. Insgesamt wurden etwa 2,8 Millionen Euro investiert. Die zehn entstandenen Wohnungen sind etwa 51 Quadratmeter groß und können über Aufzug erreicht werden.