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Gebäude praktisch wertlosHaus sackte in Zülpich um zehn Zentimeter ab

Lesezeit 4 Minuten

Der Zülpicher Rolf Meuser deutet auf einen verhältnismäßig kleinen Riss in seinem Keller. Eine Haushälfte ist um etwa zehn Zentimeter abgesackt.

Zülpich – Rolf Meuser führt durchs Haus und übers Grundstück. Abgeplatzte Fliesen, Risse im Asphalt, abgesackte Wände im Keller, auch sie voller langer Risse, in die man zuweilen einen Finger stecken könnte, fallen unweigerlich ins Auge. Auch der Teile des Gartens sind abgesackt. „Das Haus ist praktisch nichts mehr wert“, sagt er.

Der 82-Jährige und seine Frau leben an der Giesebrechtstraße in Zülpich, nordwestlich der Römerallee, unterhalb des Friedhofs. 1979 ist das Haus der Meusers gebaut worden.

Nun, 43 Jahre später, so Meuser, sei es ein Opfer des Braunkohleabbaus rund um Zülpich geworden. Allein schon, weil der Grundwasserspiegel extrem gesunken sei. 1954 sei man in einer Tiefe von 1,60 Meter bereits auf Grundwasser gestoßen. Als sich nun ein Nachbar eine Wärmepumpe anschaffen wollte, sei man erst nach 100 Metern auf Grundwasser gestoßen. Durch das fehlende Wasser sei der Boden geschrumpft. „Es gibt eigentlich kein Haus in dem Wohnquartier, das keinen Setzungsschaden hat“, sagt Meuser.

Dort, wo der Hausputz endet, war einst die Grasnarbe.

Zülpich: Grundwasser aus Boden gezogen

Durch den Tagebau in den Jahren 1953 bis 1969 rund um Zülpich sei das Grundwasser dem Boden so stark entzogen worden, dass die Auswirkungen auch viele Jahre nach dem Ende des Braunkohleabbaus noch spürbar seien. Mindestens 18 Häuser seien betroffen, berichtet der Senior.

Der Geologische Dienst misst seit Mitte der 1980er-Jahre sowohl an der Leichenhalle des Zülpicher Friedhofs als auch an der Hochstadenstraße 29 die Höhenveränderung. Das Ergebnis: In den vergangenen Jahrzehnten ist der Boden in diesem Bereich um mehr als zehn Zentimeter abgesackt – beide Messpunkte liegen vom Grundstück der Meusers etwa 100 Meter Luftlinie entfernt. Der 82-Jährige braucht aber keine Statistiken.

Der Asphalt ist geflickt worden und wieder gerissen.

Rohrbruch: Leitung im Gäste WC durch Absacken beschädigt

Ein Gang in den Keller reicht, um das Problem zu sehen. „Wir hatten im Gäste-WC einen Rohrbruch, weil die Leitung einfach nicht mehr standgehalten hat“, erzählt er. Und auch vor dem Haus fallen die Risse und Schäden sofort ins Auge. Dass der Vorgarten abgesackt ist, ist unübersehbar.

Einerseits, weil die Schäden nur provisorisch ausgebessert worden sind, andererseits, weil die Grasnarbe fast zehn Zentimeter unterhalb ihres Ursprungs liegt. Zu erkennen ist das am Putz, der ursprünglich mal bis zur Grasnarbe reichte, nun aber „in der Luft hängt“. Direkt vor dem Haus Nummer 24 verläuft ein Riss quer über die Fahrbahn. Der wurde mal ausgebessert, mittlerweile ist aber auch das Provisorium wieder gerissen. Fünf Jahre lang kämpfte Meuser vor der Schlichtungsstelle Braunkohle NRW um sein Recht.

260 Fälle bei der Schlichtungsstelle

260 Fälle sind nach Angaben der Schlichtungsstelle seit 2010 behandelt worden. Davon wurden 105 positiv, 85 negativ beschieden. 55 Fälle wurden zurückgezogen und 15 Fälle sind noch offen. Meuser hatte keinen Erfolg, das Schlichtungsverfahren sei beendet.

Außer Spesen nichts gewesen! Mehr als 40 000 Euro habe er für Gutachten und Anwälte ausgegeben. „Das kann die Schlichtungsstelle einfach so machen. Da habe ich keine Chance“, zeigt Meuser Schulter zuckend auf drei Aktenordner voller Dokumente zu dem Verfahren: Einspruch ausgeschlossen, keine Hoffnung auf Entschädigung.

Und ganz ehrlich, so Meuser, sei er nun auch des Kampfes überdrüssig. Lediglich einen Brief ans NRW-Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie habe er am Montag noch abgeschickt, erzählt er: „Darin erkläre ich unter anderem noch mal, dass es völlig normal ist, dass Risse mitunter erst nach 40 Jahren auftreten, weil sich Schrumpfungen in den entsprechenden Böden problemlos über 100 Jahre hinziehen können.“ Daher blickt Meuser über sein eigenes Grundstück hinaus. Zülpich müsse aufpassen, sagt er: „Hier entstehen so viele Neubaugebiet. Die Folgen des Tagebaus werden die Bauherren wahrscheinlich nicht unmittelbar, aber in einigen Jahren merken.“

Haus ist wertlos

Er will in Zülpich wohnen bleiben. „Ich habe zu viele Eigenarten, um mit meiner Frau in ein Heim zu gehen“, sagt er schmunzelnd. Ein Statiker habe ihm versichert, dass das Haus standhalte. Doch was passiert mit dem Haus, wenn die Meusers nicht mehr leben? „Eigentlich kann unsere Tochter das Haus nur verschenken“, sagt der 82-Jährige. Man könne ein neues Fundament unter das Haus setzen, doch das koste einen sechsstelligen Betrag.

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Bekannte hätten viel Geld investiert, um beispielsweise die Terrasse neu zu legen. Doch die Freude darüber währte laut Meuser ebenfalls nur wenige Jahre. Mittlerweile seien teilweise wieder Risse zu erkennen. „Ich verstehe nicht, wie man vor den Problemen hier so die Augen verschließen kann“, sagt er.