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Greensill-PleiteMonheim bangt um 38 Millionen Euro

Lesezeit 4 Minuten
Daniel_Zimmermann

Daniel Zimmermann, Bürgermeister von Monheim, muss einen Millionenanlageverlust der Stadt verantworten.

Monheim – Das ist eine völlig neue Erfahrung für den Musterschüler unter den NRW-Kommunen. Monheim am Rhein hat ein Problem. Dass es so etwas gibt, daran können sich die Bürger der Kleinstadt mit ihren 44.000 Einwohnern kaum noch erinnern. Seit Daniel Zimmermann mit der neuen Schülerpartei Peto vor zwölf Jahren die Geschicke lenkt, ging es nur noch aufwärts. Zimmermann, bei seiner ersten Wahl 2009 mit 27 Jahren jüngster Bürgermeister von NRW, ein Politiker, dem offenbar alles gelingt. Und der kaum einen Fehler macht.

Doch plötzlich hat Monheim ein Problem. Es heißt Greensill, jene Bremer Bank mit australischer Muttergesellschaft, die Anfang März in Schieflage geriet und für die die Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin inzwischen einen Insolvenzantrag gestellt hat.

38 Millionen Euro in den Sand gesetzt?

38 Millionen Euro hat die Stadt Monheim bei Greensill angelegt, das sind knapp zehn Prozent des städtischen Haushalts. Monheim ist beileibe nicht die einzige Kommune, der jetzt der Totalverlust ihrer Anlage droht. Insgesamt zittern rund 50 Städte und Gebietskörperschaften um rund 500 Millionen Euro, darunter auch die Bühnen der Stadt Köln, die 15 Millionen Euro bei Greensill zwischengelagert haben, die eigentlich für die Sanierung der Oper gedacht waren. Insgesamt geht es bei der Pleite der Bank um 3,6 Milliarden Euro.

Deshalb hält sich die Schadenfreude der Nachbarstädte auch in Grenzen. Sie wissen nur zu gut, dass sie ein solches Anlagedesaster auch hätte treffen können. Monheim hatte sich vor neun Jahren mit einer radikalen Senkung der Gewerbesteuer bei ihnen mächtig unbeliebt gemacht, was einen wahren Wirtschaftsboom mit Firmenansiedlungen auslöste, und ist seit 2013 schuldenfrei.

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Seither ging es steil bergauf. Mit der Digitalisierung von Stadtverwaltung und Rathaus, mit dem ersten autonom fahrenden Elektrobus, einem E-Mover, der durch die City pendelt und der Einführung des Monheim-Passes, mit den alle Bürger seit einem Jahr Bus und Bahn in der Stadt und der Nachbargemeinde Langenfeld kostenlos nutzen können. Das allein kostet pro Jahr rund 3,5 Millionen Euro.

Und jetzt das Greensill-Desaster. Die bange Frage, die man in Monheim stellt: Ist das Geld futsch? Und gegen wen müssen sich mögliche Schadenersatzansprüche richten? Monheim hat sich mit 25 anderen Kommunen zusammengeschlossen, die insgesamt 255 Millionen Euro bei Greensill angelegt haben. Sie wollen gemeinsam juristisch vorgehen.

Bürgermeister kritisiert die Bankenaufsicht

„Wir werden genau prüfen, ob es neben den Kommunen vielleicht auch andere gibt, die eine finanzielle Mitverantwortung tragen“, sagt Zimmermann. Der Verbund erhebt den Vorwurf, „von den offenbar seit Monaten laufenden Untersuchungen“ der Bafin „in Richtung Greensill“ zu spät erfahren zu haben. Die betroffenen Kommunen seien sich einig darin, „dass sie noch bis in das laufende Jahr hinein ihre zumeist kurz- bis mittelfristig anzulegenden liquiden Mittel auf Konten der Bremer Bank als sicher ansehen mussten. Teils ist ihnen von unterschiedlichen Finanzdienstleistern dazu sogar geraten worden“, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt Monheim. „Bis zum Schluss besaß Greensill ein gutes Rating.“

Man habe das Ziel, bei dem zu erwartenden Insolvenzverfahren wenigstens mit am Tisch zu sitzen, damit nicht allein der Einlagensicherungsfonds Geld aus einer eventuell vorhandenen Insolvenzmasse abgreift, sondern auch die Kommunen irgendwie davon profitieren. Sehr wahrscheinlich ist das nicht. Seit 2017 fallen die Kommunen nicht mehr unter den Einlagensicherungsfonds. Der schützt seither nur noch für Privatanleger.

Möglicherweise gegen eigene Anlagerichtlinie verstoßen

Im Stadtrat sieht sich der Bürgermeister mit einer anderen unangenehmen Frage konfrontiert. Hat die Kommune mit dem Greensill-Deal gegen die Anlagerichtlinie der Stadt Monheim verstoßen? Sie ist seit 2013 in Kraft schreibt vor, dass die Stadtverwaltung eigentlich nur bei solchen Banken Geld anlegen darf, die einlagengesichert und damit vor Ausfall geschützt sind. „Um Negativzinsen zu vermeiden, hatte die Stadt teilweise dennoch Geld bei Privatbanken angelegt. Wir prüfen nun, ob diese Geldanlagen einen Verstoß gegen die städtische Anlagerichtlinie darstellen“, sagte Daniel Zimmermann dem „Handelsblatt“.

Mit der Berichterstattung des Anlagebeirats, dem der Bürgermeister vorsitzt, hat man es offenbar nicht so genau genommen. Normalerweise muss dieser alle drei Monate ein Bericht vorgelegt werden. Offenbar habe der Beirat nur unregelmäßig und nicht satzungsgemäß getagt, vermutet die SPD. Es habe auch nie eine Rückmeldung gegeben, dass seit 2017 Anlagen bei Privatbanken nicht mehr durch den Einlagensicherungsfonds geschützt sind, kritisiert die CDU. Bürgermeister Zimmermann will jetzt klären lassen, ob die Anlagerichtlinie überhaupt für Anlage des Umlaufvermögens gilt oder eigentlich nur für Finanzmittel, die dem Anlagevermögen zuzurechnen sind.

Das restliche Finanzkapital der Kleinstadt neben den 38 Millionen, die bei Greensill verlorengehen könnten, ist hingegen nahezu sicher angelegt. Von den insgesamt 269 Millionen Euro sind lediglich 26,5 Millionen als Fest- und Tagesgelder gebunkert, die nach der Greensill-Erfahrung jetzt umgeschichtet werden sollen. Wenn das erledigt ist, könnte die Kleinstadt mit ihrem Vermögen 75 Jahre lang Busse und Bahnen für die Monheimer zum Nulltarif anbieten. Solche Probleme hätte man anderswo sicher gern.