Die Adenauer-Villa in der Eifel wurde nie fertiggestellt, doch der imposante Rohbau flößt auch Jahrzehnte später noch Respekt ein.
„Camp Konrad“Kanzler-Villa in der Eifel nach Skandal eine Ruine – heute gruseliger „Lost Place“
Es sollte der große Wurf werden. Auf einem Hügel, mitten im Wald in der Eifel ist die dreistöckige Villa gelegen. 600 Quadratmeter Wohnfläche mit angrenzendem Bungalow, angeblich ausgestattet mit einem atombombensicheren Keller sowie einem Hubschrauberlandeplatz auf dem Flachdach. Für Konrad Adenauer war das Anwesen gedacht – doch der Kanzler der Nachkriegszeit betrat das Waldgrundstück niemals. Ein Skandal verhinderte die Fertigstellung.
Bis heute ist nicht vollständig geklärt, ob überhaupt, und wenn ja, inwieweit der damalige Bundeskanzler über die Planung der Luxus-Villa Bescheid wusste. Über den Verwendungszweck des riesigen Gebäudes im Eifler Kammerwald zwischen Prüm, Stadtkyll und Gerolstein in der Vulkaneifel wurde von Beginn an spekuliert.
Bauantrag für die Adenauer-Villa stellte ein deutscher Großindustrieller
Der Bauantrag für den „Neubau eines Jagd-, Wochenend- und Gästehauses bei Duppach (Projekt LS 36/55)“ wurde am 11. Juli 1955 von niemand geringerem als Regierungsbaurat a.D. Dr.-Ing. Friedrich Spennrath eingereicht. Spennrath war ein hohes Tier in der damals jungen Bundesrepublik, Vorstandsvorsitzender der AEG, Präsident der IHK Berlin.
In der Eifel war Spennrath zudem durch seine Jagdunternehmungen bei Duppach bekannt, zu denen regelmäßig Prominente aus Politik und Wirtschaft geladen wurden. Der „geheimnisumwitterte Neubau“ wurde denn auch entsprechend mit großem Interesse beäugt.
Konkrete Ergebnisse waren dann auch schnell zu sehen – überraschend schnell. Wartet man sonst Monate auf eine Baugenehmigung, wurde die Luxus-Villa unglaubliche zwölf Tage nach Einreichung abgesegnet. Noch im selben Jahr rückten die Bagger an und begannen die Arbeiten auf dem rund 2000 Quadratmeter großen Waldgrundstück.
Rohbau der Adenauer-Villa innerhalb kürzester Zeit fertig
In rasender Geschwindigkeit wurden Mauern in die Höhe gezogen, Bäume zur Seite geschafft. Große Fensterausschnitte sollten die Räumlichkeiten mit Licht durchfluten. Für eine weitläufige, überdachte Terrasse mit Oberlicht war ein prächtiger Doppelkamin vorgesehen.
Doch nur wenige Monate später, bereits im Winter 1955/56, wurden die Bauarbeiten auch schon wieder eingestellt. Grund für den plötzlichen Baustopp waren aber keine Bauprobleme oder Lieferengpässe, sondern ein ausgewachsener Korruptionsskandal.
Korruptionsskandal hinter der Adenauer-Villa kommt ans Licht
In der Bevölkerung wurde schon nach Baubeginn im Sommer 1955 nur noch von der „Adenauer-Villa“ gesprochen. Hinter vorgehaltener Hand wurde das Bauprojekt auch als „Camp Konrad“ verspottet, in Anlehnung an „Camp David“, dem Urlaubssitz des Präsidenten der Vereinigten Staaten.
Die im Hintergrund verflochtenen Beziehungen zwischen dem Bundeskanzler und deutschen Großindustriellen sickerten immer weiter an die Oberfläche und brachten den prestigeträchtigen Neubau schließlich zu Fall.
Spennrath war das Eine. Doch später kam heraus: Die Baupläne stammten von Heribert Multhaupt. Der Architekt war seit 1954 mit Lotte Adenauer, der Tochter des Bundeskanzlers, verheiratet. Es handelte sich somit um Konrad Adenauers Schwiegersohn.
Adenauer-Villa nach Skandal gestoppt – imposanter „Lost Place“ in der Eifel
Multhaupt gab schließlich zu, dass die Luxus-Villa nicht für Spennrath, sondern als Geschenk für den Bundeskanzler gedacht war. Als dieses ganze Geflecht ans Licht kam, blieb Adenauer kaum noch eine Wahl, als das großzügige Geschenk abzulehnen und jedwede Beteiligung kategorisch abzustreiten.
Heute wuchern Pflanzen in den Mauerritzen, Bäume brechen durch Wände, Decken sind teilweise eingestürzt. Ein Grundriss der damals fast fertiggestellten Villa ist kaum noch zu erkennen. Von außen präsentiert sich der fertige Rohbau dennoch als imposante Ruine, auch wenn ein Besuch des einsturzgefährdeten Gebäudes niemandem zu empfehlen ist.
Neuer Besitzer der Adenauer-Villa errichtet Bauzäune
Nachdem die Adenauer-Villa Jahrzehnte vor sich hin moderte, wurde das Gelände Winter 2018/2019 mit Bauzäunen verschlossen und gesichert. Veranlasst wurde das von dem neuen Besitzer, einem Unternehmer und „großen Adenauer-Fan“ aus dem Großraum Köln.
Der Unternehmer, der bis heute anonym bleiben möchte, hatte die exklusive Immobilie für rund 35.000 Euro erworben. Im zweiten Anlauf, denn zunächst sollte die „Eifel-Ruine“ 2018 zu einem Spottpreis auf eBay versteigert werden. Aus rechtlichen Gründen wurde der Verkauf jedoch auf eine Immobilienfirma umgelagert.
Hohe Hürden verhindern Wiederaufleben der Adenauer-Villa – Zukunft ungewiss
Der neue Besitzer wollte das „Adenauer-Haus“ eigentlich zu neuem Glanz verhelfen, doch geschehen ist seither nichts. Neben dem desaströsen Zustand des Gebäudes stehen dem Projekt hohe baurechtliche Hürden entgegen.
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz entschied im Mai 2022 in zweiter Instanz, dass die Baugenehmigung von damals heute nicht mehr gültig ist und zudem eine Genehmigung für die Rodung des inzwischen dort gewachsenen Waldes beantragt werden muss.