Die Wasserqualität der Badegewässer ist laut Messungen exzellent. Doch Experten sind in Sorge über eine schleichende Entwicklung.
WasserqualitätGute Noten für Badeseen in der Region um Köln – doch der Schein trügt
In der Region um Köln gibt es viele Möglichkeiten, sich bei der Hitze im kühlen Nass zu erfrischen. Neben Freibädern locken vor allem auch Badeseen zur Erholung und Entspannung. Oft liegen sie mitten in der Natur, Bäume bieten kühlen Schatten.
Doch wie ist es um die Wasserqualität der Badegewässer in der Region bestellt? Wir gucken ganz genau hin und sagen, ob ein Sprung ins Wasser wirklich zu empfehlen ist.
Das sind die Ergebnisse der Wasserproben in den verschiedenen Kreisen im Großraum Köln:
- So steht es um die Wasserqualität in Rhein-Sieg (hier klicken)
- So steht es um die Wasserqualität in den Badeseen in Euskirchen (hier klicken)
- So steht es um die Wasserqualität in den Badeseen in Oberberg (hier klicken)
- So steht es um die Wasserqualität in den Badeseen in Rhein-Erft (hier klicken)
Der Schein trügt: Experten in Sorge um Gewässer in der Region um Köln
Die Qualität der Badegewässer in der Region ist also fast ausschließlich geradezu ausgezeichnet. Aber wie sind diese Ergebnisse einzuschätzen? Ist die geprüfte „Wasserqualität“ tatsächlich gleichzusetzen mit dem ökologischen Zustand der Gewässer?
Tatsächlich nein. Denn in gewisser Hinsicht muss man sagen, der Schein trügt. Experten sind in Sorge.
Im Rahmen der EU-Badegewässer-Richtlinie (2006/7/EG) wird vor allem das Auftreten der Darmbakterien Intestinale Enterokokken und Escherichia coli geprüft. Für die Orientierung, ob sich ein See zum Baden eignet, sind diese Kriterien zielführend. Doch die Kennzeichnung bezieht sich ausdrücklich auf die mögliche Schädlichkeit für die menschliche Gesundheit. Über die ökologische Wasserqualität hingegen macht die Studie keine Aussagen – wenn dann nur indirekt. Doch gerade hier zeigt sich eine Entwicklung, welche Experten Sorge bereitet.
Die ökologische Qualität der Gewässer nimmt ab
Die Biologischen Stationen im Bereich der Unteren Wupper (ab Wuppertal abwärts) etwa stellen seit 2010 den Schwund von wertgebenden Pflanzenarten fest. „Die Wupper ist inzwischen nahezu frei von Pflanzenarten, die Grund für die Unterschutzstellung waren“, berichtet Bernhard Sonntag von der Naturschutzstation Leverkusen-Köln auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Eine besorgniserregende Entwicklung, die den zuständigen Stellen auch mitgeteilt wurde. „Bis heute wurde dies jedoch nicht untersucht“, so Sonntag.
Die ökologische Qualität der Gewässer nehme stellenweise auch ab durch vermehrtes Vorkommen von Neophyten (z.B. Nadelkraut), berichtet Bernhard Sonntag weiter.
BUND schätzt ökologische Qualität deutlich schlechter ein
Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland gibt im Zusammenhang mit den Daten zur Wasserqualität zu bedenken, dass die ökologische Qualität der Badegewässer kaum eine Rolle spiele und wesentlich schlechter einzuschätzen sei.
Eine Einschätzung, welcher sich Stefan Meisberger von der Biologischen Station im Kreis Euskirchen anschließen muss. Bei der ökologischen Qualität sind andere Kriterien maßgeblich. „In unserer Arbeit an Gewässern spielen Faktoren wie die Strukturgüte, Durchgängigkeit und die biologische Qualität (Stichwort Makrozoobenthos, geschützte Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie etc.) eine bedeutende Rolle“, erklärt Meisberger gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Biostation Euskirchen berichtet von Austrocknungen in Zülpicher Börde
Eines der großen Probleme im Zusammenhang mit dem Klimawandel: Aufgrund der langen Trockenperioden und des geringen Niederschlags verlieren auch die Gewässer bei uns in der Region an Wasservolumen. Sprich: Die Wasserspiegel sinken. Meisberger: „Neben den extrem trockenen Sommern der letzten fünf Jahre spielt bezüglich der zunehmenden Austrocknung in Teilen der Zülpicher Börde auch die Entwässerungswirkung der Braunkohletagebaue eine Rolle.“
Indirekt müsse sich dieses Problem aber auch in den Messungen des LANUV an den Badeseen niederschlagen. Zumindest indirekt müsste sich die Wirkung geringerer Wasservolumen demnach in den Daten abzeichnen, „weil geringere Wasservolumen sich schneller aufheizen, eine geringere Verdünnungswirkung haben und daher oftmals mikrobiologisch stärker belastet sind und weniger Sauerstoff lösen können“, so Meisberger weiter gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Badeseen in der Region um Köln nur (noch) nicht betroffen?
Eine Folgewirkung, die für unsere (im Ausmaß deutlich größeren) Badegewässer möglicherweise schon bald zum akuten Problem werden könnte. Gerade bei kleineren Gewässern ist sie inzwischen schon bittere Realität.
Die extrem warmen und trockenen Sommerhalbjahre, teilweise auch Winter der Jahre 2018, 2019, 2020, 2022 – und nun wohl auch 2023 – führten und führen laut Meisberger zum frühzeitigen kompletten Austrocknen vieler kleinerer Still- und Fließgewässer, aber auch größerer Gewässer wie der Erft im Sommerhalbjahr, die somit als Habitate für auf dauerhafte Wasserbespannung angewiesene Arten ausfallen.
„Grundsätzlich verschlechtert das geringere Wasservolumen auch die chemische Qualität vieler Gewässer (Stichwort Sauerstoffmangel)“, bringt der Biologe das Problem auf den Punkt.
Gewässer: Experte aus Rhein-Berg zeigt sich besorgt
Auch Tobias Mika von der Biologischen Station Rhein-Berg zeigt sich besorgt. „Ja, der Klimawandel führt zu Veränderungen in der Landschaft, der Vegetation und der Tierwelt. Das spüren und sehen wir alle.“
In seinem Zuständigkeitsbereich zeichneten sich die Auswirkungen bereits in den kleineren, wasserabhängigen Habitaten wie Tümpeln und anderen Kleingewässern ab. „Eine Austrocknung dieser Gewässer im Sommer ist zwar natürlich und für viele angepasste Tierarten (besonders einige Amphibienarten) sogar lebensnotwendig. Eine Austrocknung im Frühjahr über mehrere trockene Jahre, bevor die Quappen ihre komplette Umwandlung vollzogen haben, kann für eine Population aber gefährlich werden“, erklärt Mika auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Ausgewiesene Badestellen in der Region um Köln empfohlen
Wem es nur ums Baden geht, der kann in den ausgewiesenen Badegewässern in der Region aber natürlich bedenkenlos Schwimmen gehen. Einige Regeln sollte man unterdessen beachten. Denn nicht jeder Fluss und jeder See ist zum Baden geeignet. „Blaualgen, Vibrionen, Strömungen, Untiefen und Pflanzenbewuchs können für Badende gefährlich werden“, warnt das Umweltbundesamt.
Die ausgewiesenen Badegewässer in der Region um Köln unterliegen jedoch einer strengen Kontrolle. Wer sich also an diese Badeseen hält, der kann den Ausflug in die Natur und den Sprung ins kühle Nass jederzeit genießen.