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Säure-Attentat auf Innogy-ManagerDie Spur zu den Hintermännern führt nach Serbien

Lesezeit 4 Minuten
Bernhard Günther dpa 251019

Der innogy-Manager Bernhard Günther ist von seinen Verletzungen gezeichnet.

  1. Wer steckt hinter dem Säure-Anschlag auf den Innogy-Manager Bernhard Günther?
  2. Die Polizei hat einen Verdacht, wer für das Attentat im Hintergrund die Fäden gezogen haben könnte.
  3. Die Spur führt unter anderem in die Rockerszene.

Düsseldorf – Seit sieben Jahren lebt Bernhard Günther, 52, mit dem Risiko. Seit jenem Tag 2012, als ihn Unbekannte beim Joggen niederknüppelten. Und sechs Jahre später, als zwei Männer den Finanzchef des Energiekonzerns Innogy im März 2018 überfielen und ihm Schwefelsäure ins Gesicht schütteten. Da schien für den Top-Manager der E.on-Tochter klar zu sein, dass ihn jemand auf der Rechnung hatte. Womöglich sogar ein beruflicher Konkurrent?

Inzwischen führen die Strafverfolger auch einen Verdächtigen in den Akten. Doch die Nachforschungen zu dem mutmaßlichen Auftraggeber des Säureanschlags gestalten sich schwierig. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus Ermittlerkreisen erfuhr, lehnte ein Amtsrichter den Antrag der Wuppertaler Staatsanwaltschaft ab, bei einem ehemaligen Konkurrenten von Günther durchsuchen zu dürfen. Nachdem einer der mutmaßlichen Säureattentäter im Oktober am Rande eines Ringerturniers in Köln verhaftet wurde, starteten die Ermittler eine umfangreiche Razzia in Wohnobjekten möglicher Komplizen. Nur bei dem Mann, der unter Verdacht steht, den Säure-Überfall womöglich in Auftrag gegeben zu haben, durfte nicht durchsucht werden. Die Beweislage sei zu dünn, befand der Amtsrichter.

Beschuldigter soll Kontakt zur Rockerszene gehabt haben

Dem Vernehmen nach soll der Beschuldigte häufiger im Düsseldorfer Großbordell „Oceans“ Gast gewesen sein. In dem Etablissement soll er auch Kontakt zu Akteuren aus der Rockerszene der Hells Angels geknüpft haben. Hier sei dann auch Auftrag für das Attentat erteilt worden sein, heißt es in Ermittlerkreisen. Laut dem Magazin „Focus“ äußerten sich Zeugen in Vernehmungen zu dem möglichen Motiv des mutmaßlichen Drahtziehers aus der Strombranche. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal indes wollte dies auf Anfrage nicht kommentieren. Zugleich aber bestätigte Behördensprecherin Dorothea Tumeltshammer dieser Zeitung, „dass es in dem Verfahren mehrere Beschuldigte gibt“.

Einzig durch Glück überlebte Günther seinerzeit den Säureanschlag nahe seiner Villa in Haan. Schon nach einem halben Jahr stellte die Staatsanwaltschaft Wuppertal die Ermittlungen ein, da sich keine näheren Verdachtsmomente fanden. Erst nachdem der Innogy-Konzern 80 000 Euro als Belohnung auslobte und Günther eine private Sicherheitsfirma aus Berlin anheuerte, fanden sich neue Hinweise: Ein Informant meldete sich auf einer Hotline, die ein Anwalt betreute. Der Tippgeber legte die Spur zu einem Ringer und mutmaßlichen Hells Angel namens Mirko L. (Name geändert).

Auftragsmorde und Schutzgeld

Nicht nur, dass der 32-jährige Rocker für einstige Kölner Unterweltgrößen den Bodyguard gab. In seiner serbischen Heimat ordnete die Belgrader Polizei ihn einer rechtsextremen Organisation namens Levijatan zu. Deren Protagonisten treten via Facebook stets maskiert auf und geben sich als militante Tierschützer aus. Tatsächlich aber sollen Mitglieder der Gruppe Auftragsmorde übernehmen, beim Waffenhandel und im Bereich Schutzgelderpressung mitmischen. In dem Zusammenhang taucht häufig der serbische Hells-Angels-Boss Miljan Vuckovic auf.

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Medien in Belgrad berichten, dass er durch einen weitaus mächtigeren Rockerchef zum serbischen Statthalter gekürt wurde: Necati Coskun Arabaci, ehemals Rotlichtpate von Köln. Als Boss einer kriminellen Vereinigung verurteilt, wurde er nach Verbüßung einer Teilstrafe in die Türkei abgeschoben. Vom Badeort Izmir aus soll Arabaci, genannt Neco, europaweit an vielen Strippen in der kriminellen Rockerszene ziehen, berichten OK-Fahnder. Ob es eine Verbindung zu dem Säure-Fall gibt, ist derzeit noch unklar. Die Ermittler gehen jedenfalls der These nach, dass die Rocker-Bosse inzwischen versuchen, durch ihre Rotlichtkontakte auch bei großen Unternehmen Fuß zu fassen, um Einfluss zu gewinnen. Sollte sich der Verdacht erhärten, so wäre der Säureanschlag auf den Innogy-Finanzchef ein ernstzunehmendes Alarmzeichen für diese Annahme. Denn: Trotz der Festnahme eines Tatverdächtigen ist die Gefahr für das Anschlagsopfer beileibe nicht gebannt. Schließlich befindet sich der zweite Attentäter weiterhin auf der Flucht.

Verärgert über Staatsanwaltschaft

Zuletzt hat der Innogy-Manager die ermittelnde Staatsanwaltschaft Wuppertal heftig kritisiert. Unmittelbar nach dem Anschlag hatte die Justiz noch wegen versuchten Mordes ermittelt. Als sogenannte Katalogtat eingestuft, erlaubt der Strafvorwurf, dass mit richterlichem Beschluss etwa Telefone überwacht oder Autos verwanzt werden dürfen. Nachdem man die Akte auf Grund der neuen Hinweise wieder öffnete, stufte die Staatsanwaltschaft den Anschlag aber als schwere Körperverletzung herab. Damit dürfen verdeckte Ermittlungsmethoden wie die Telefonüberwachung nicht mehr angewandt werden.

„Ich bin darüber sehr betroffen. Es ist für mich schwer hinnehmbar“, sagte Günther der „Süddeutschen Zeitung“. Sein Anwalt Martin Meinberg attestierte den Säureattentätern „bedingten Tötungsvorsatz“. Wenn Günter bei der Attacke die Dämpfe eingeatmet hätte, wäre er wohl ums Leben gekommen. Die Staatsanwaltschaft hingegen vertritt die Auffassung, dass die Täter einzig planten, den Top-Manager zu entstellen.