Cheerleader – da gehen dem Laien Pompons und American Football durch den Kopf. Doch die Senior Cheerleader in Burscheid sind anders.
Keine PomponsSenior Cheerleader aus Burscheid üben Sprünge und Pyramiden
Five, six, seven, eight – und schon werden die Positionen getauscht, Mädchen hochgehoben und durch die Luft gewirbelt. In der Sporthalle der Montanusschule wird lautstark auf Englisch mitgezählt, so dass sich alle rechtzeitig und synchron bewegen. Dieses Treiben ist bei den Senior Cheerleadern des RBS (Rehabilitations- und Behindertensport) Burscheid Normalität.
Einheitlich trainieren alle in schwarzen T-Shirts mit grüner Aufschrift, schwarzen Hosen, weißen Schuhen, den gleichen weißen Nike-Socken und weißen Haarschleifen – abgesehen von den drei Jungen. Egal ob ein Stunt oder eine Routine gelingt oder nicht wie gewollt abläuft, die Cheerleader und Cheerleaderinnen halten zusammen und feuern sich egal, was passiert, gegenseitig an. Genau dieser Zusammenhalt ist es, was das Team des Rehabilations- und Behindertensport Burscheid ausmacht.
„Alle in unserem Team sind sehr unterschiedlich, aber auch sehr gleich, deswegen kommen wir wahrscheinlich alle so gut miteinander klar“, freute sich Melike Karagöz, die Kapitänin eines Trios, das gemeinsam Hebefiguren baut. Karagöz ist auch verantwortlich für eine gute Atmosphäre innerhalb des Teams. Sie freut sich besonders darüber, dass die Mannschaft auch außerhalb des Sports und des Trainings viel miteinander unternimmt. Man habe so immer einen Ort, an dem man sich aufgehoben fühlen kann, so Karagöz.
Anfangs gab es Identifikationsprobleme
Übungsleiterin Giovanna Lombardo-Marrocu war früher Leistungssportlerin im Kunstturnen und trainiert die Mannschaft bereits seit ihrer Gründung im Jahr 2019. „Anfangs hatten die Mädchen Schwierigkeiten, sich mit ihrem Verein zu identifizieren, da es ihnen unangenehm war, eine Abteilung des Behindertensports zu sein. Heute sind wir darauf umso stolzer und wollen dafür stehen, dass jeder das Recht und die Möglichkeit haben sollte, den Sport auszuüben, an dem er Spaß hat“, erklärte Lombardo-Marrocu.
Unterstützt wird sie von Nike Böhme, mit der sie gemeinsam das Training organisiert und das Team auf die verschiedenen Meisterschaften vorbereitet. Die 18-Jährige war direkt Feuer und Flamme für Cheerleading und hat deshalb auch direkt einen Übungsleiterschein gemacht und baute die Mannschaft von Anfang an mit auf. Sie selbst tanzt auch auf dem Boden mit. Dabei muss sie immer wieder ihre Fähigkeit zum Multitasking unter Beweis stellen. „Wenn wir uns aufwärmen, muss ich einerseits das Programm leiten, mich selbst aber auch bewegen. Deswegen brauche ich dann manchmal eine etwas längere Pause, um auch mein Bestes geben zu können“, sagte die Trainerin.
Anfangs hatte sie damit zu kämpfen, dass sie von ihren gleichaltrigen Teamkolleginnen nicht ausreichend respektiert wurde, doch mittlerweile ist das anders. Ein solcher Respekt ist auch die Grundlage für gute Zusammenarbeit im Training. Jede, die will, bringt sich mit ihren Ideen ein. Die Tochter der Trainerin, Joy Marrocu, hat sich in das Regelwerk fürs Cheerleading eingearbeitet und sich Videos dazu angesehen. „Unser Cheerleading hat nichts mit Pompons zu tun. Wir erstellen unsere Choreografien und bauen unsere Pyramiden. Wir stehen im Wettkampf mit anderen Teams, gegen die wir natürlich gewinnen wollen, sodass wir uns auch für Meisterschaften in anderen Ländern qualifizieren können“, erklärte die zukünftige Übungsleiterin.
Erfan: „Freunde sagen, wir sollen was Männlicheres machen“
Die drei Jungen sind seit etwa einem halben Jahr dabei und stolz darauf, Teil einer solchen Mannschaft zu sein. „Anfangs war ich ein bisschen unsicher, ob dieser Sport etwas für mich ist, aber mit der Zeit habe ich eine riesige Leidenschaft entwickelt“ sagte Efe Erdas. Auch für Erfan Wardak ist das Cheerleading neben seinem Fußball- und Tischtennistraining ein toller Ausgleich zum Alltag, dennoch hatte er auch mit vielen Vorurteilen zu kämpfen: „Unsere Freunde machen sich teilweise immer noch lustig über uns, dass uns das Tanzen hier so viel Spaß macht. Dann sagen sie zum Beispiel, dass wir etwas Männlicheres machen sollen.“
Berührungsängste hin oder her: Die Mädchen empfingen die drei mit offenen Armen. Gemeinsam mit den Jugendlichen planen die Übungsleiterinnen für dieses Jahr bereits einige Meisterschaften, unter anderem peilen sie für den Winter Schweden an. Solche Reisen kosten natürlich Geld. Damit alle Kinder dabei sein können, verkaufen sie regelmäßig bei Veranstaltungen Waffeln, Kuchen und Getränke. Sponsoren ermöglichten den Kauf neuer Trainingsshirts.
Zum Abschluss einer Trainingseinheit versammeln sich alle in einem Kreis, strecken die Hände in die Mitte und rufen gemeinsam ihren Vereinsruf.