2023 könnte noch viel schwieriger werden als das zu Ende gehende Jahr, schätzt der seit dem Frühjahr amtierende Bürgermeister Dirk Runge. Die Stadt sei aber vorbereitet – auch auf Notlagen in Folge der Energiekrise.
Ausblick von Dirk RungeWie Burscheids Bürgermeister das nächste Jahr sieht
Man spart, wo man kann: zum Beispiel bei der Straßenbeleuchtung oder der Heizung im Rathaus und in anderen Gebäuden der Stadt. Dirk Runge hat seine Winterjacke über die Stuhllehne gehängt, als er am Freitag 2022 bilanziert und auf 2023 blickt. So kalt ist es nicht im Sitzungssaal des Rathauses – jedenfalls nicht nach den Maßstäben, die man sich in diesem beginnenden ersten Winter der Energiekrise schnell angewöhnt hat. „Im Büro habe ich eine Fleecejacke deponiert“, sagt Burscheids Bürgermeister.
Darüber, dass er zu einem denkbar schwierigen Zeitpunkt ins Amt gewählt wurde nach dem plötzlichen Tod von Stefan Caplan, verliert Runge kein Wort. Keinen Monat nach dem russischen Angriff auf die Ukraine wurde der diplomierte Verwaltungswirt zum neuen Chef im Rathaus gemacht. Da war noch nicht abzusehen, dass er mal einen Standort würde finden müssen für einen „Notfall-Stützpunkt“: Falls in Folge der Energiekrise der Strom ausfällt, sollen Burscheiderinnen und Burscheider eine Anlaufstelle habe. Für Informationen, wie sie mit der Lage umgehen können, um sich aufzuwärmen, das Telefon aufzuladen.
Erst Burscheids Impfzentrum, künftig Notfall-Stützpunkt: das Megafon
Bewährt hat sich für schwierige Zeiten das Jugendzentrum Megafon. Deshalb ist es auch jetzt als zentrale Anlaufstelle ausgeguckt worden für den Fall, „der hoffentlich nicht eintreten wird“, sagt Runge. Es ist ziemlich genau ein Jahr her, da diente das Haus in der Montanusstraße als Impfzentrum. Das war die – schätzungsweise – vergangene Notlage, die gemanagt werden musste.
Dass Krisenbewältigung auch ein Lernprozess ist, zeige sich wieder einmal, sagt der Bürgermeister mit Blick auf, zum Beispiel, die sparsamere Beleuchtung der Straßen. Jede zweite oder dritte Laterne habe man abgestellt, „und das wird auch kritisch gesehen“, so Runge: In Hilgen zum Beispiel habe man nach Protesten ein paar Lampen wieder angeknipst. „Nachsteuern“ geht immer. Es ist ein Begriff, den Runge oft verwendet.
Das musste er in der Stadtverwaltung schon mit Blick auf die Reform des Wohngelds. Den – rechnerisch – eineinhalb Kolleginnen wurde eine weitere volle Kraft zur Seite gestellt, um den erwarteten Ansturm bewältigen zu können, der aus den neuen gesetzlichen Grundlagen entstehen wird. Ohne Geduld wird das nicht abzuwickeln sein: Den Online-Rechner für Anspruchsberechtigte werde es zum Jahresanfang zwar geben, schätzt der Bürgermeister. Aber das Programm für die eigentliche Abwicklung erwartet er nicht vor März. Was Runge zu dem skeptischen Ausblick führt: „Ich wünsche mir sehr, dass die Leute nicht unter die Räder kommen.“
Kein Überschuss, sondern ein Loch im nächsten Haushalt
Das gilt ein bisschen auch für die großen Arbeitgeber in der Stadt, die ja auch für einen nicht geringen Teil der Einnahmen sorgen. Aus Gesprächen weiß der Bürgermeister, dass er und seine Kämmerin Helga Lagotzky sehr vorsichtig kalkulieren müssen. „Ursprünglich haben wir mit einem kleinen Plus gerechnet“, berichtet Runge. Aber das ist Schnee von gestern. Zwei bis drei Millionen Euro Defizit werden im Haushaltsplan 2023 unterm Strich stehen, prognostiziert er.
Auskömmliches Kalkulieren werde aber auch durch die unliebsame Überraschung erschwert, mit der die Kreisverwaltung vor gut zwei Wochen aufwartete: 80 zusätzliche Stellen in Bergisch Gladbach würden eine Erhöhung der Kreisumlage erfordern. Das will kein Bürgermeister und keine Bürgermeisterin mitmachen. Dirk Runge ist da keine Ausnahme. Geht es nach ihm, muss am Rübezahlwald mehr gespart werden. Und Landrat Stephan Santelmann sich in der Debatte um die Zahlungen aus den Städten warm anziehen.