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PostkartenprojektKinder senden Grüße aus Burscheid nach Bourscheid

Lesezeit 3 Minuten
Aus Burscheid nach Bourscheid: Ein Kind schreibt eine Postkarte.

Aus Burscheid nach Bourscheid: Ein Kind aus der Klasse von Antonia Quirl schreibt eine Postkarte.

Burscheider Kinder mit Lese-Rechtschreib-Schwäche suchen die Brieffreundschaft zu Grundschülern in der luxemburgischen Partnerstadt.

Postkarten schreiben: Das ist für viele Kinder und Jugendliche ein Relikt der Vergangenheit. Aus dem Urlaub schickt man heute doch auch eher mal eben ein Foto per Messenger. Aber seit einigen Tagen kommen die Schülerinnen und Schüler ganz aufgeregt in die Burscheider Lernpraxis von Antonia Quirl und fragen: „Haben wir schon Antwort?“ Dass Karten auf dem Postweg etwas länger brauchen, als E-Mails – auch das ist für viele junge Menschen ungewohnt. Aber die Vorfreude wächst mit.

Vergangene Woche haben sich 23 Postkarten auf den Weg von Burscheid nach Bourscheid gemacht. Das Projekt „Brieffreundschaft mit unserer Partnerstadt“ hat Quirl gemeinsam mit der Illustratorin Myria Stricker auf den Weg gebracht. Diese hatte im vergangenen Jahr selbst gestaltete Burscheid-Postkarten auf den Markt gebracht. „Ich suche immer nach Unterrichtsinhalten, die etwas mit der Realität zu tun haben“, erklärt Quirl.

Denn die Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen sechs und 18 Jahren, die zu ihr kommen, haben Probleme mit dem Schreiben. Nicht nur, weil sie eine diagnostizierte Legasthenie oder Lese-Rechtschreib-Schwäche haben. „Viele Jugendliche sind heute sehr unsicher, wenn es um geschriebene Nachrichten geht. Man denkt immer: Die hängen doch den ganzen Tag am Handy. Aber gerade, wenn es um Nachrichten an Erwachsene geht, haben viele Hemmungen“, erklärt Quirl.

Die Kinder hinterfragen heute viel mehr: Wofür brauche ich das, was ich in der Schule lerne
Antonia Quirl

Deswegen hat Quirls Kurs bereits zur Coronazeit Weihnachtskarten an Kinder im Krankenhaus und Bewohner von Altenheimen geschickt. Im vergangenen Jahr gingen die Botschaften in Kooperation mit dem Verein Kältegang an Obdachlose. „Die Kinder hinterfragen heute viel mehr: Wofür brauche ich das, was ich in der Schule lerne?“, erklärt Quirl. Wenn sie mit ihren Botschaften echte Menschen erreichen können, sehen sie den Sinn im Schreiben. Nun soll eine internationale Brieffreundschaft entstehen.

Elf Kinder pro Klasse

„Wir haben Kontakt mit einer Grundschule in der luxemburgischen Partnerstadt Bourscheid aufgenommen und die waren direkt begeistert, weil sie in ihren vierten Klassen demnächst Briefe schreiben als Unterrichtseinheit haben“, berichtet Quirl. Also hat sie sich die Klassenlisten schicken lassen. Und war verwundert über die Klassengröße: In eine Klasse gehen elf Kinder, in die andere 12. So fiel es nicht schwer, jedes Kind mit einer Postkarte zu beglücken.

Quirl merkt, dass ihre Schülerinnen und Schüler bei einem solchen Projekt viel engagierter bei der Sache sind, als im normalen Unterricht. „Bei der Postkarte wurde ich häufig gefragt: ‚Habe ich alles richtig geschrieben, kann man das so sagen?‘ Das Heft wird schneller mal zugeklappt, da ist es nicht immer so wichtig.“  Jetzt hofft Quirl, dass vielleicht eine längerfristige Brieffreundschaft zu den luxemburgischen Kindern entsteht.

Wenn das katholische Jugendbüro demnächst zu seiner Gruppenfahrt in die 150 Kilometer entfernte Partnerstadt Bourscheid aufbricht, schlüpft Organisator Christian Riehl gerne in die Rolle des Postboten und Vermittlers zwischen der Lernpraxis und der Grundschule.