Wachleiter Andreas Weilermann und Bürgermeister Dirk Runge verleben einen ruhigen Abend in der Innenstadt.
Polizei und OrdnungsamtEine Streife durch Burscheid als fast pures Vergnügen
Die Erklärung für den ruhigen Abend gibt der Erste Polizeihauptkommissar nach gut der Hälfte des Wegs. „Wir haben keine Drogenszene, wir haben keine feste Trinkerszene“, sagt Andreas Weilermann. Dass die Freitagabend-Streife allerdings so wenig Anlass zum Eingreifen von Polizei und Ordnungsamt geben würde, überrascht sowohl den Mann, der seit 40 Jahren auf der Straße ist, als auch seinen Begleiter, der Burscheid ebenfalls seit Jahrzehnten kennt: Dirk Runge. Der Bürgermeister hat diesmal eine blaue Weste übergestreift mit der Aufschrift „Ordnungsamt“. Auch das repräsentiert er ja als Rathaus-Chef.
Trotzdem lässt sich Michael Baggeler zu einer scherzhaften Bemerkung hinreißen, als er das Duo zufällig auf dem Marktplatz trifft: „Da sollte Bürgermeister draufstehen“, findet der Fraktionschef des Bündnisses für Burscheid. Er trägt übrigens ein FC-T-Shirt. Das ist noch ein bisschen leichter als Runges Weste. Die wiederum ist ein sommerliches Federgewicht im Vergleich zu jener Weste, die sich Polizist Weilermann übergeworfen hat für diese Streife: Ein Funkgerät hängt dran, außerdem trägt der Chef der Polizeiwache in Hilgen eine Bodycam neben der anderen Ausrüstung.
Vorsicht, Kamera!
Die Kamera fällt auch den beiden Jungs ins Auge, denen die Streife auf der Brücke über die Balkantrasse begegnet. Natürlich deshalb, weil einer der beiden ebenfalls eine „Cam“ am Mann hat, genauer sagt, auf seinem Fahrradhelm. Den Helm an sich findet der Polizist schon mal gut. Die Kamera nicht so. „Ist nicht eingeschaltet“, sind die ersten Worte des Jungen. Aha – da scheint ein junger Radfahrer die Rechtslage besser zu als mancher alte Biker. Bei denen sind die Helmkameras beliebt, weil man so dokumentieren kann, wie man sich in die Kurve gelegt hat, und ähnliche fahrerische Heldentaten.
Aber: „Es kostet 500 Euro, wenn man auf der Straße filmt“, sagt Weilermann. Weil man dann immer gegen den Datenschutz verstößt: Passanten, die aufgenommen werden, Autos … Das Bußgeld sei damit höher als für die meisten Tempoverstöße – die man Motorradfahrern auf den einschlägigen Strecken in und um Burscheid meist kaum nachweisen könne. Die berühmte Strecke Richtung Altenberg sei zwar wegen der vielen Unfälle wirksam entschärft – „aber da lässt sich auch kaum irgendwo ein Radargerät aufstellen“, so der Polizist.
Tempoverstöße stehen bei dieser öffentlichen und gemeinsamen Streife aber nicht im Fokus. Dafür klassische Sünden, für die sich die Polizei sonst nicht, aber im Rahmen der „Ordnungspartnerschaft“ mit der Stadt dann eben doch interessiert: ruhender Verkehr.
Ungesicherte Autos sind gefährlich
Auf der Hauptstraße und gleich um die Ecke auf der Mittelstraße sieht sich Weilermann zwei Mal zum Eingreifen und mahnenden Worten veranlasst: Auf der Hauptstraße steht ein Auto mit heruntergekurbelter Seitenscheibe am Rand – sogar der Zündschlüssel steckt. Die Fahrerin hatte „nur eben was ausgeladen“, sagt sie auf Nachfrage. Kein Grund, den Wagen abfahrbereit und unbewacht zu lassen. „Da könnte jederzeit jemand einstiegen und losfahren“, malt Weilermann ein denkbares Szenario aus. Am schlimmsten wäre es, wenn ein Jugendlicher die Gelegenheit nutzen würde. Daran erinnert auch den jungen Mann, der auf der Mittelstraße nur eben Essen ins Auto laden will, um es auszufahren. Auch er zeigt sich für den Moment einsichtig, zieht den Schlüssel ab und macht den Wagen zu.
Wieder auf der Hauptstraße angekommen, ermahnt der Polizist den Fahrer eines BMW, der mit offenem Kofferraum auf dem Radstreifen steht. Das ist derzeit besonders rücksichtslos, weil die Strecke wegen der Sperrung eines Teils der Balkantrasse von viel mehr Radler benutzt wird als sonst. Und weil das noch eine ganze Zeit so bleibt – die Umleitung hängt mit dem Bau des großen Wohn- und Einkaufskomplexes an der Montanusstraße zusammen –, lohnt es sich besonders, die Sinne der Autofahrer zu schärfen.
Viel Müll am Schulzentrum
Am Schulzentrum erwartet der Bürgermeister Gelegenheiten zum Eingreifen. „Hier trifft man sich“, weiß Dirk Runge. An diesem Abend ist aber auch das nicht live zu beobachten. Ein einziger Jugendlicher hockt unter einem Vordach. Dass dies eher die Ausnahme ist, zeigt das Umfeld: ganz schön vermüllt für Burscheider Verhältnisse.
Ein paar Meter weiter haben sich ein paar junge Frauen auf und neben den Tischtennis-Platten niedergelassen. Eine springt auf, als sich die beiden Uniformierten nähern. Das wirkt verdächtig, aber bietet für den Polizisten keinesfalls einen Anlass, sich den Inhalt ihrer Tasche zeigen zu lassen. „Keine Rechtsgrundlage.“
Eine Whatsapp an den Hausmeister
Dass die zweistündige mit Medienbegleitung am Ende doch ein greifbares Ergebnis hat, ist einer Passantin zu verdanken. Die Mieterin einer Wohnung im Komplex an Sauers Weiden spricht den Polizisten einfach mal so an. Sie weiß sich nicht mehr zu helfen: Seit Monaten könne sie den Keller nicht mehr betreten, weil der Zugang voller Sperrmüll steht. Beschwerden bei der Hausverwaltung – die wiederum auf den Hausmeister verwiesen habe –, hätten nichts gebracht.
Andreas Weilermann weiß natürlich, dass so etwas eigentlich kein Fall für die Polizei ist. Allenfalls im weiteren Sinne: Wenn durch herumstehenden Müll Zugänge versperrt werden, „verstößt das gegen den Brandschutz“. Ans Telefon geht der Hausmeister nicht. „Schreiben Sie ihm eine Nachricht, Sie hätten mit der Polizei gesprochen“, ist daher Weilermanns Rat. Schriftlich? Das macht die Frau mit türkischen Wurzeln verlegen: „Können Sie das nicht machen?“ Auch darauf geht der Polizist schließlich ein: „Ich schreib’ Ihnen was auf“, schnappt sich das Telefon und tippt eine Nachricht an den Hausmeister. „Die Polizei, Dein Freund und Helfer“, zitiert Weilermann eine alte Losung. Für ihn ist die an diesem Abend auf der Streife durch Burscheid absolut gültig.
600 bis 700 Einsätze auf Burscheider Stadtgebiet hatte Burscheids Polizei in diesem Jahr bisher, schätzt Andreas Weilermann. Der Leiter der Wache in Hilgen hält das mit Blick auf die Größe und soziale Struktur der Lindenstadt für eine normale Größenordnung. Zugenommen hätten zuletzt Einsätze wegen häuslicher Gewalt. „Das wird öfter angezeigt“, und das findet der Polizist gut und richtig.
Ein typischer Fall, in dem die Polizei oft gerufen wird, aber nichts ausrichten kann, sind Streitigkeiten ums Sorgerecht zwischen getrennt lebenden Ehepaaren. Wenn etwa die Kinder übers Wochenende nicht beim Vater bleiben wollten, obwohl das so vereinbart ist, “sind uns die Hände gebunden“, berichtet Weilermann. So etwas müsse mit dem Jugendamt geklärt werden. (tk)