Ein kleiner Leichlinger Gin-Vertrieb hat sich auf ausgefallene Sorten spezialisiert.
Von China bis SüdafrikaZwei Leichlinger importieren besonderen Gin aus aller Welt
In sieben Schlucken um die Welt. So oder ähnlich kann man den Onlineshop Glocal Gin beschreiben, den Christian Rüdiger und Claudia Olschewski im Jahr 2020 gegründet haben. Zum Gin kamen die beiden Leichlinger per Zufall in Südafrika. In gemütlicher Runde genossen sie einen Gin, der vor Ort hergestellt wurde und waren begeistert. Den wollte sie mitnehmen.
Destilliert wird er von Rion und Kay in einem kleinen Familienunternehmen, dem es mehr um die Qualität als um Masse geht. Sie waren noch neu im Geschäft, aber der Gin überzeugte. In dem Moment hatten die Urlauber ihre Geschäftsidee gefunden. Sie wollten Gin importieren, diesen Gin, den es in Deutschland noch nicht gab und der ihnen so zusagte.
Zurück in Deutschland erkundigten sie sich, ob es ihnen möglich wäre, Gin zu importieren und zu verkaufen. Das Ergebnis war positiv, sie wurden einig mit den Erzeugern von Knysna Gin und meldeten ihr Gewerbe an. Das war einfach, ein EU-Gesetz zur Einfuhr von Alkohol machte jedoch Probleme. Die Flaschen waren zu voll. Beide Parteien fanden eine Lösung und so wurde der Knysna Gin zur Nr. 1 bei Glocal Gin.
Kleine, besondere Schätze
Die Philosophie ihres Unternehmens stand schnell fest: Sie wollten kein Unternehmen als Partner. Die kleinen, besonderen Schätze wie der Knysna hatten es ihnen angetan. Umweltverträglichkeit spielt, wo es möglich ist, ebenfalls eine große Rolle. „Wir achten auf unsere Materialien, wo es um Nachhaltigkeit geht“, erklärt Chris. Auch ihren Partnern ist das ein Anliegen.
„Nachdem der Südafrika-Gin dann im Oktober eingetroffen war, ging die Suche weiter“, berichten die Gründer. „Wir konnten schlecht nur eine Sorte anbieten.“ Etwas ausgebremst durch die Corona-Pandemie im Jahr 2020, begann die Suche erst einmal in Europa. Gin aus Holland, Kroatien, Österreich und Spanien bereicherte schnell das Angebot.
Hatten sie die bisherigen Gin-Sorten durch Eigeninitiative gefunden, meldete sich mit Susanne Baumann-Cox aus Graz die erste Gin-Produzentin bei ihnen. Über Instagram sind sie aufeinandergestoßen. Die Geschäftsfrau, deren „The Good Gin“ es bereits in das Buch „Gin Inside“ geschafft hat, war auf der Suche nach deutschen Geschäftspartnern.
Die Tatsache, dass Glocal Gin eher kleine Marken ins Portfolio aufnimmt, war ein wichtiges Argument für Baumann-Cox. Man kommunizierte online hin und her und besuchte schließlich die österreichische Unternehmerin in Graz. Die Chemie stimmt sofort. „Sie sind Quereinsteiger, so wie ich, und machen es aus purer Leidenschaft für das Produkt Gin und nicht aus einem rein geschäftlichen Antrieb heraus“, erklärt Baumann-Cox. „Wir sind ganz auf einer Wellenlänge und ich bin für diese Zusammenarbeit sehr dankbar.“
Produkte aus China und Kanada
Als das Reisen per Flugzeug wieder möglich war, vergrößerten die Leichlinger mit kanadischem Gin ihr Angebot. Und dann gab es noch diese eine Herzenssache: China fehlte in ihrem Angebot. „Wir sind diesem Land schon seit Jahren sehr zugetan“, erklärt Olschewski. „Es ist weit mehr als Pekingente und Billigprodukte. Die Chinesen haben eine 3000-jährige Destillen-Geschichte.“
Per Internet fand Rüdiger Hubert Tse und seinen Porcelan Gin. Auch neu im Geschäft, hatte der Hongkonger mit seinem Gin bereits ein Produkt erstellt, das ins Portfolio von Glocal Gin passte. „Hieran sieht man, dass es in China nicht nur billig gibt“, erklärt Rüdiger. „Jede Flasche ist handgefertigt, und auch das Etikett wurde liebevoll mit einer Bildergeschichte gestaltet.“
Ähnlich wie bei Baumann-Cox stimmte die Chemie zwischen den Parteien vom ersten Zoom-Meeting an. „Die eigene Marke ist wie ein Kind. Das möchten du in guten Händen sehen und du brauchst jemanden, der daran glaubt“, begründete Tse seine Entscheidung für Glocal Gin zusammenzuarbeiten. „Die beiden sind solche Menschen. Die Pandemie hat es uns schwer gemacht, uns zu treffen. Als wir das aber dann in Berlin schafften, bestätigte diese persönliche Begegnung mein Gefühl, dass mein Produkt bei ihnen in guten Händen ist.“
„Die Lieferung der ersten Palette im Oktober 2022 wurde zum Abenteuer. Ursprünglich sollte die Ladung nach Hamburg kommen“, erinnerte sich Olschewski. „Das Schiff mit unserem Gin wurde schließlich nach Bremerhaven umgeleitet. Wir haben uns in einer Nacht- und Nebelaktion einen Transporter gemietet und sind selbst hingefahren, um den Gin zu holen. Manchmal muss man eben praktisch denken.“
Ihren Gin bieten sie neben dem Shop auch auf den Märkten an. Ihr Stand sieht ansprechend aus, der Gin ist gut platziert. „Wir haben per Zufall einen Messebauer aus Wuppertal getroffen“, erzählen sie. „Er hat uns zum Stand verholfen.“ Und auch ein weiteres Problem löste sich wie von selbst: „Wir wollten unsere leeren Gin-Flaschen nicht einfach wegwerfen“, erzählt Rüdiger. Auf zwei Messen treffen sie Philippe Petry von Gin Souls. Der stellt aus alten Flaschen Kerzen mit dem Duft des jeweiligen Gins her. Nun sind die Kerzen aus den alten Porzellanflaschen in Arbeit. Eine nachhaltige Möglichkeit, die handgefertigten Flaschen zu retten.
„Die beiden sind toll“, sagt Petry. „Dieser Elan, mit dem sie arbeiten! Wir haben uns sofort verstanden.“ Es gibt sie noch, die Menschen, die auch Corona nicht davon abhalten konnte, ihre Ideen zu leben.