Albtraum am BahnübergangLeichlinger zwischen Schranken gefangen – ICE rast vorbei
- Zwischen geschlossenen Bahnschranken eingesperrt zu sein, wenn ein ICE mit 160 km/h heranrast: Gerd Cislik (81) ist das am Leichlinger Bahnhof passiert – sogar mehrfach.
- Der Leichlinger musste sich an der Schranke festkrallen, einmal wurde er sogar dabei verletzt.
- Cislik kämpft für eine Verlängerung der Überquerungszeit.
Leichlingen – Stellen Sie sich vor, Sie überqueren einen Bahnübergang. Auf halber Strecke, mitten auf den Gleisen, beginnt das Bimmeln der Warnglocke und plötzlich senkt sich vor Ihnen schon die Schranke. Erschrocken beeilen Sie sich, um noch rechtzeitig rüber zu kommen. Aber zu spät. Der Schlagbaum ist schon unten. Sie sind allein, gefangen zwischen den Schranken. Kein Mann im Stellwerk, der eingreifen, kein Bahnbediensteter da, der helfen könnte. Und dann kommt von einer Seite ein Intercity angerast. Eine Horrorvorstellung. Ein böser Traum.
ICE raste mit 160 an Gerd Cislik vorbei
Gerd Cislik hat ihn erlebt. Und das gleich mehrfach. Er ist als Fußgänger zwischen den Schranken am Leichlinger Bahnhof eingesperrt worden. Schon vier Mal in den vergangenen Wochen, berichtet er. Der 81-Jährige ist gehbehindert, deshalb ist er nicht so schnell, schafft es mit Rollator oder Stöcken nicht rechtzeitig, die Gleise zu überqueren, wenn die Schranke zwischen zwei Zügen nur für wenige Minuten geöffnet wird.
Einmal ist ein ICE mit 160 Sachen dicht an ihm vorbei gerast. Am vergangenen Donnerstag fast wieder. Der Zug machte diesmal aber eine Notbremsung und kam am Bahnsteig noch rechtzeitig zum Stehen. Das hat Cislik gereicht. Er ging ins Rathaus, um dem Bürgermeister die lebensgefährliche Situation zu schildern. Dabei geht es ihm weniger um eine Beschwerde oder Schmerzensgeld, sondern um eine Warnung. Er will niemanden verklagen. Er will „nichts anderes, als dass das da sicherer wird“ und die Öffnungszeit verlängert wird, sagt er: „Die Zeit ist einfach zu kurz!“
In bemerkenswert ruhigen Worten schilderte Cislik auch dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, was am Donnerstagmorgen geschah. Als sich die Schranke senkte, sei er an seinen Krücken noch schnell weiter gehumpelt und habe versucht, den Balken mit dem Arm aufzuhalten. Dabei hat er sich den Kopf gestoßen und an der Hand verletzt. Ein Autofahrer, der das Malheur sah, sprang aus dem Wagen und eilte ihm zu Hilfe, konnte die Schranke aber auch mit zwei Armen nicht hochdrücken.
Automatisches Stopp-Signal
Durch den Widerstand wurde bei der Bahn immerhin aber ein automatisches Stopp-Signal ausgelöst, das den aus Solingen nahenden Intercity am Bahnhof zum Halten zwang. Danach wurde die Schranke geöffnet und Cislik befreit. Während der Rentner auch einen Krankenwagen ablehnte, bestand der Augenzeuge darauf, dass die Polizei hinzugezogen wurde, damit der Vorfall protokolliert wurde.
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Warum die installierte Radar-Überwachung des Gleisbereichs Cislik nicht erkannt hat, ist ungeklärt. Die Deutsche Bahn AG will den Sachverhalt prüfen, hat eine Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ aber bis Montagabend noch nicht beantwortet.
Radarsystem ersetzt die Aufsicht im Stellwerk
Früher wurde der Bahnübergang vom Personal des Stellwerks nebenan aus überwacht. Der Turm ist heute unbemannt. Seit 2012 läuft der Betrieb stattdessen vollautomatisch und wird vom elektronischen Stellwerk in Duisburg aus ferngesteuert. Ein Radarsystem soll gewährleisten, dass sich kein Fahrzeug oder Fußgänger mehr im Gefahrenbereich befindet, wenn sich die Schranken schließen.
Das klappt wohl nicht immer, wie Cislik leidvoll erfahren musste: „Ich kann Ihnen sagen, das ist ein ganz schreckliches Gefühl, wenn man dort steht und nicht weiß, ob man in den Sog eines ICE hinein gezogen wird...“