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TraditionsveranstaltungLeichlinger Obstmarkt hat nicht mehr viel mit Obst zu tun

Lesezeit 4 Minuten
Publikum auf dem Leichlinger Obstmarkt

Der Leichlinger Obstmarkt war am Donnerstag sehr gut besucht.

Die Veranstaltung hat inzwischen mehr von einem Stadtfest. Die Resonanz darauf ist gemischt.

„Früher war mehr Obst“, fasst ein Besucher die Lage auf dem Leichlinger Obstmarkt zusammen. Er ist mit seiner Familie aus Hilden gekommen, kennt die Veranstaltung seit vielen Jahren. Fehlen tut ihnen das allerdings nicht: „Es ist eben dem Zeitgeist angepasst.“ Und der sei, den Obstmarkt mit Kunsthandwerk zu verbinden, so entstehe eine Art Traditionsmarkt.

Vieles ist in diesem Jahr anders als „früher“: Nach fünf Jahren Pause aufgrund von Corona und Bauarbeiten hat der Markt auch einen neuen Standort: Statt in der Balker Aue ist er im Stadtzentrum, im Neuen beziehungsweise Alten Stadtpark aufgebaut. Sein 125-jähriges Bestehen feiert der Markt in diesem Jahr. Da liegt es nahe, dass sich in den vergangenen Jahren einiges am Konzept geändert hat. Während der Obstmarkt früher primär die Möglichkeit für Kundinnen und Kunden bot, sich mit Vorräten einzudecken, steht heute etwas ganz anderes im Fokus: Es geht um Geselligkeit, Gemeinschaft und – Tradition.

Der Fokus liegt auf Tradition

Das betont auch Bürgermeister Frank Steffes in seiner Eröffnungsrede. Das Fest gehe mit der Zeit und behalte trotzdem seinen Ursprungscharakter bei, sagt er am Donnerstag. Im Fokus stehe „eine gute Zeit zu haben, sich zu unterhalten und unterhalten zu lassen“. Das Unterhaltungsprogramm beginnt mit dem Auftritt des Quartettvereins Leichlingen-Oberschmitte, der später ein Lied gemeinsam mit den Besucherinnen und Besuchern singt: natürlich das Bergische Heimatlied. Anschließend präsentiert der Gemischte Chor Germania einige Stücke, und die Leichlinger Landjugend tritt mit traditionellen Tänzen auf.

Programm und wie Angebot scheinen Besucherinnen und Besucher zu überzeugen. Einige versammeln sich vor der kleinen Bühne, um die Aufführung zu verfolgen. Viele Eltern freuen sich über die „Mischung für Groß und Klein“. Für Kinder gibt es ein Trampolin, sie können ferngesteuerte Autos fahren oder auf Bäume zu klettern. Die Erwachsenen freuen sich, „mit Bekannten ein Gläschen Wein zu trinken, auf einer Bank zu sitzen und die Sonne zu genießen“, sagt eine Besucherin aus Bergisch Neukirchen. Ihr Mann würde sich mehr Obst wünschen, „dass es wieder urtümlich dafür steht, was es heißt: ‚Obst‘-Markt“. Das Fest sei trotzdem schön, finden sie.

Frust mit dem Pendelbus

Kurt Runzer vermisste auch Obst- und Gemüsestände, viel mehr aber den Pendelbus. Auf den hätten seine Frau und er sich verlassen, als sie kurz nach 14 Uhr am Leichlinger Bahnhof ihr Auto abstellten. An der Bushaltestelle habe gestanden, dass der Pendelbus ab 10 Uhr alle 20 Minuten fahren soll, dann also um 14.20 Uhr, schrieb er am Donnerstag. Aber: Der Bus sei nicht gekommen. „Wir haben es mit einigen Anderen, die mit uns auf diesen Pendelbus warteten, dann vorgezogen, um 14.35 Uhr zu Fuß zum Fest zu gehen.“ Darunter sei auch ein älteres Ehepaar gewesen „wie wir, die einen Behinderungsgrad haben“.

Runzer ist enttäuscht: „Wir haben uns extra danach gerichtet und uns darauf verlassen, dass wir den kostenlosen Pendelbus nutzen zu können, wegen unserer gesundheitlichen Beeinträchtigungen.“ Später habe er erfahren, es sei mit dem Fahrer eine Pause verabredet gewesen. Wenn dem so sei, „dann sollte man dies bitte auch im Internet und an der Pendelbushaltestelle anzeigen oder hineinschreiben“. Dann hätte man sich darauf einstellen können.

Das ist für mich zu viel Kirmes
Günther Ermertz, ehemaliger Ausstellerauf dem Obstmarkt

Weithin zeigt sich: Die Ansprüche an den Obstmarkt haben sich scheinbar in gleichem Maße geändert wie sein Angebot. „Wir sind nicht primär wegen des Obstes hier“, sagt eine Leichlingerin – es gehe um die Tradition. Ihr gefallen die Neuerungen. „Mir gefällt alles besser als die letzten Jahre: Die Stände sind schöner, es ist alles näher beieinander als in der Balker Aue, da hat es mir am Ende nicht mehr gefallen“, sagt sie.

Fabian Appenrodt ist einer der wenigen Obsthändler, die noch auf dem Markt ausstellen. Für ihn habe es keine negativen Auswirkungen, dass es nun weniger Obststände gibt. „Ich habe aber auch nichts Negatives von den Kunden gehört“, sagt er. Die ehemaligen Aussteller Günther und Christa Ermertz, die selbst mehr als 20 Jahre Obstmesser auf dem Markt vertrieben haben, sind allerdings nicht so überzeugt von der neuen Orientierung des Festes. Sie bedauern, die Veranstaltung habe ihren Fokus verloren. „Das ist für mich zu viel Kirmes“, sagt Günther Ermertz. Und trotzdem werden sie jedes Jahr wieder kommen, sagen sie: aus Tradition.