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„Ohrfeige für die Kollegen“ Leichlinger Baumschutzsatzung erhitzt die Gemüter im Stadtrat

Lesezeit 3 Minuten
An der Baustelle für den Kreisverkehr am Rathaushaus Leichlingen geht es nur schleppend voran.

Die Baumschutzsatzung in Leichlingen soll sich nur auf Bäume auf öffentlichem Grund beziehen. Nur: Darf sie dann überhaupt Satzung heißen?

Bereits 2021 wurde die Verwaltung beauftragt, eine Baumschutzsatzung zu erarbeiten. Über drei Jahre später hakt es damit noch immer.

Seit geraumer Zeit ist die angestrebte Baumschutzsatzung in Leichlingen ein Streitthema. Zunächst drehte sich die Diskussion um die inhaltliche Frage, ob die Satzung auch für private und nicht nur öffentliche Flächen gelten solle. Daraufhin konkretisierte der Ausschuss für Klimaneutralität, Umwelt und Zukunftsfragen Mitte Juni den Geltungsbereich auf Grundstücksflächen, die mindestens zur Hälfte der Stadt gehören. Wie die lebhafte Debatte im Leichlinger Rat aber am vergangenen Donnerstag zeigte, gibt es weitere Unstimmigkeiten. Einige Ratsmitglieder und der Bürgermeister Frank Steffes haben Bedenken, ob die Baumschutzsatzung formell rechtskonform ist.

Zur Erklärung: Der aktuelle Satzungsentwurf betrifft lediglich kommunale Flächen. Daraus ergibt sich die Frage, inwieweit die Satzung dann überhaupt für Dritte, also nicht nur die Verwaltung selbst, gilt. Juristisch spricht man von einer fehlenden Außenwirkung der Satzung. Zu der Frage, ob eine kommunale Satzung Außenwirkung entfalten muss, existiert laut der Verwaltung aber keine Rechtsprechung. Zudem habe die Rechtsberatung des Städte- und Gemeindebundes in Nordrhein-Westfalen keine eindeutige Haltung dazu.

Leichlinger Ratsmitglied Steinhäuser: Satzung ist „Murks“

Unter anderem wegen dieser Unsicherheit bezeichnete BWL-Ratsmitglied Martin Steinhäuser die ausgearbeitete Baumschutzsatzung in der Ratssitzung als „Murks“. In eine ähnliche Kerbe schlug SPD-Ratsmitglied Dominik Laufs, der vortrug, dass die Baumschutzsatzung zwei Unwahrheiten vermittele: Einerseits schütze sie keine Bäume, da diesen egal sei, wem das jeweilige Grundstück gehöre und andererseits sei sie wegen der fehlenden Außenwirkung keine Satzung. Um am Ende eine taugliche Baumschutzsatzung zu haben, müsse die Jamaika-Koalition konsequent sein und sie auf alle Bäume in Leichlingen beziehen, so Laufs.

Bürgermeister Steffes berichtete, dass dem Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalens eine solche wie in Leichlingen geplante Satzung noch nicht untergekommen sei. Ähnlich habe sich die Kommunalaufsicht geäußert. Er frage sich, warum in diesem Fall nicht einfach eine Dienstanweisung für entsprechende Bäume auf kommunalen Grundstücken ausreiche und es stattdessen einer Satzung bedürfe, die nur die Verwaltung verpflichte. Sollte die beschlossene Satzung wegen der fehlenden Außenwirkung gerichtlich einkassiert werden, habe das eine fatale Außenwirkung, so Steffes.

Grünen-Ratsmitglied Cerstin Geldmacher hielt den Kritikern entgegen, dass diese eine Erweiterung der Baumschutzsatzung auf private Flächen nicht gewollt hätten und sich jetzt an „reinen Begrifflichkeiten“ ereifern würden. Dem entgegnete Laufs, dass es hier um mehr als Begriffe ginge, da die Satzung durch den fehlenden Drittbezug seiner Meinung nach rechtswidrig sei. Dies sei im Übrigen schon lange Teil der Kritik gewesen, ergänzte SPD-Ratsmitglied Matthias Ebecke.

Bürgermeister Steffes: Satzung „Ohrfeige“ für die Verwaltung

Steffes bemängelte darüber hinaus, dass die Ausgestaltung der Satzung den Mitarbeitern des Bauhofes unterstelle, „einfach so Bäume zu entfernen“. Dies täten sie alleine aus Kostengründen nicht. Es würden nur Bäume entfernt, bei denen es auch notwendig sei. In jedem Fall würden zudem in einem kleinen Gutachten die Gründe erläutert.

Insofern sei eine solche lediglich die Verwaltung betreffende Satzung eine „Ohrfeige für die Kollegen“, so der Bürgermeister. Über diese Aussage zeigte sich CDU-Ratsmitglied Doris Weiske-Kirbisch entrüstet: „Ich nehme das persönlich. Wir schätzen die Arbeit des Bauhofes sehr!“

Die Grünen-Politikerin Geldmacher zeigte sich über den Verlauf der lebhaften Debatte erstaunt: Sie frage sich, weshalb die Arbeitszeit der Verwaltung derart verschwendet worden sei, wenn scheinbar die Rechtswidrigkeit der Baumschutzsatzung wegen der fehlenden Außenwirkung die ganze Zeit festgestanden habe. Steffes entgegnete dem, dass dies nicht zweifelsfrei anzunehmen, aber durchaus wahrscheinlich sei.

Nach der letzten Wortmeldung in dieser Auseinandersetzung beschloss der Rat den Entwurf der Baumschutzsatzung mehrheitlich. Steffes kündigte an, die Frage nach der Rechtskonformität verwaltungsjuristisch prüfen zu lassen.