Dr. Tobias Gampert ist neuer ärztlicher Direktor der Rehaklinik für Herz, Kreislauf und Gefäßerkrankungen. Dem Nachfolger von Dr. Wolfgang Mayer-Berger liegt besonders die Psychokardiologie am Herzen.
Klinik Roderbirken in LeichlingenDem neuen Chefarzt liegt auch die Seele am Herzen
Wer in die Klinik Roderbirken kommt, geht so schnell nicht wieder. Nein, nicht als Patient: Der Aufenthalt bei einer Rehabilitation dauert typischerweise drei Wochen. Die Chefärzte sind es, die länger bleiben – sehr lange sogar. Professor Gerhard Blümchen (im Mai 2022 verstorben) war von 1972 an 28 Jahre lang ärztlicher Direktor der Klinik. Dr. Wolfgang Mayer-Berger war nach ihm 22 Jahre lang im Dienst. Er hat jetzt seinen Ruhestand angetreten. Und auch sein Nachfolger kann schon auf eine Ära zurückblicken: Dr. Tobias Gampert ist bereits seit 19 Jahren als Kardiologe in der Leichlinger Rehaklinik.
Seit 2003 ist er als Oberarzt im Hause, seit 2007 als Stellvertreter Mayer-Bergers. Beim offiziellen Chefarztwechsel ließ der 58-Jährige keinen Zweifel daran, dass er sich in Roderbirken zu Hause fühlt: „Ich wohne in Bonn“, sagte er im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, „und glauben Sie, dass ich 19 Jahre lang pendeln würde, wenn ich es hier doof fände?“
Als Vize mochte Gampert als der geborene Nachfolger für seinen bisherigen Chef gelten. Aber er musste sich in einem ganz normalen Bewerbungsverfahren gegen acht bis zehn „hochkarätige Mediziner“ durchsetzen. Die Resonanz auf die Stellenausschreibung zeigt, wie anerkannt die Leichlinger Institution ist, ein Haus, das mit seinen 200 Betten eine attraktive Größe hat. Das sehe man auch daran, dass es im Ärzteteam keine Nachwuchssorgen gibt, freut sich Gampert. Durch seine Beförderung ist ein Stühlerücken ausgelöst worden und konnten aus vielen Bewerbungen drei Oberarztstellen neu besetzt werden, davon zwei mit Frauen: Dr. Monika Henke kommt aus dem eigenen Personal, Dr. Faranak Binesch und Dr. Roland Nebel sind neu gewonnen worden und bringen bereits Führungserfahrung aus ihren bisherigen Tätigkeiten mit.
Neu erfinden muss Gampert die Klinik Roderbirken, eine von sechs in Trägerschaft der Deutschen Rentenversicherung Rheinland (DRV), nicht. „Bei einem so hohen Niveau, das wir haben, ist es schon schwer genug, dieses zu halten“, verweist er selbstbewusst auf die hohe Anerkennung, die Roderbirken bei Kollegen genieße. Gerade erst ist sie bei der Branchen-Erhebung des Magazins Focus zum siebten Mal in Folge als „Top-Rehaklinik 2023“ ausgezeichnet worden, worauf man im Hochhaus auf dem Berg stolz ist. Unter Medizinern in der Region wisse man: „Wir haben keine Angst vor schweren Fällen“, sagt Verwaltungsdirektor Hansjörg Hüllbüsch. Aufgenommen würden auch frisch Transplantierte mit erhöhtem Monitoring-Bedarf und Kunstherz-Systemen oder Dialyse-Patienten, die früher in Akut-Krankenhäusern behandelt wurden und in manchen anderen Reha-Häusern abgelehnt werden.
Einen Trend setzt Gampert, indem er die zunehmende Bedeutung der Psychokardiologie betont. „Die Kombination aus Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit Depressionen und Ängsten nimmt zu, und das wird uns zukünftig noch stärker beschäftigen“, sagt der neue Chefarzt. „Herz und Seele gehören zusammen“, weiß Gampert, „ein Fünftel aller Herzinfarktpatienten durchleben eine depressive Phase“. Die psychischen Symptome und Risikofaktoren aufzudecken, sei neben den Möglichkeiten der modernen Ausstattung für Echokardiographie und Ultraschalldiagnosen eine wachsende Herausforderung.
Das Phänomen habe die Corona-Pandemie verstärkt. Die Therapie von Post-Covid-Belastungen ist bereits gegen Ende von Mayer-Bergers Amtszeit ins Behandlungsspektrum aufgenommen worden. Dazu gehören Stressbewältigung, Atem- und Entspannungsübungen, Sport, psychologische Hilfen und Ernährungstherapie. „Viele haben bei einem Infarkt oder der Herz-OP schlimme Dinge erlebt“, berichtet Gampert. Und 20 bis 25 Prozent der Patienten kämen ohne Umweg über ihr Zuhause direkt aus dem Krankenhaus nach Roderbirken. „Bei uns darf man darüber sprechen“, verweist er auf die Porträt-Ausstellung „Meinem Herzen so nah“, die zurzeit auf den Fluren hängt: „Da sind Geschichten bei, die einem sehr nahe gehen und rühren.“
Eine weitere Erfahrung aus der Zeit der Lockdowns und Isolierungen ist der Nutzen der Nachsorge-App, die in Roderbirken angeboten wird. Die Möglichkeit, auch über einen Chatroom in Kontakt zu bleiben, habe sich in der Pandemie gut entwickelt und bewährt, heißt es.
Leichlinger Reha-Klinik hat 140 Beschäftigte und einen Förster
Mit 140 Beschäftigten zählt die DRV-Klinik zu den größten Arbeitgebern in der Stadt. Zwölf sind im ärztlichen Bereich tätig, 20 pflegerische Vollzeitkräfte, 22 in Küche und Hauswirtschaft, bis hin zu Verwaltung, Technik, Diagnostik, Sport- und Kunsttherapie. Röntgendiagnostik und Labor hat man in Roderbirken ausgelagert. Die 100 Hektar Waldflächen rings um die Klinik im Grünen werden von einem DRV-eigenen Forstbetrieb bewirtschaftet.
Was die in den vergangenen Jahren rege Umbautätigkeit auf dem Klinikgelände betrifft, sind die Modernisierungen nahezu abgeschlossen. Das 45 Jahre alte sternförmige Hochhaus sei „gut in Schuss“ und habe keine Brandschutzmängel, die aufzuarbeiten seien, sagt Verwaltungsdirektor Hüllbüsch. Seit diesem Jahr gibt es nur noch Einzelzimmer. Momentan wird nebenan das intern „Altes Badehaus“ genannte Gebäude abgebrochen, in dem früher unten Physio- und oben Gestaltungstherapie untergebracht waren. Aber auch diese Bereiche sind ins Haupthaus integriert worden. „Das ist bis zur Jahreswende weg und bis auf weiteres unser letzter Abbruch“, verabschiedet er den Altbau.
Hüllbüsch ist froh, dass der wirtschaftliche Druck in Roderbirken nicht so stark sei wie in kommerziell betriebenen Kliniken: „Das wirkt sich auch auf Personal und Patienten aus.“ Dirk Mentzner, Geschäftsführer der in Düsseldorf ansässigen Rentenversicherung Rheinland, bestätigt: „Wir sind nicht so renditegetrieben. Krisen reißen Teams auseinander oder schweißen sie zusammen“, sagt er beim Besuch in Leichlingen anlässlich des Chefarztwechsels mit Blick auf unruhige Zeiten im Gesundheitswesen: „Hier haben wir eine sehr gut gewachsene Struktur.“ 60 bis 70 Reha-Patienten werden auch über Weihnachten in der voll belegten Klinik bleiben. Für sie gibt es eine Heiligabend-Feier und ein Silvester-Buffet.