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Leverkusener BrückeStraßen NRW kritisiert Schikanen bei der Bauüberwachung in China

Lesezeit 4 Minuten
Leverkusener Brücke von oben

Die Leverkusener Brücke von oben

  1. Straßen NRW hat wegen Mängeln an Stahlbauteilen für die Leverkusener Rheinbrücke den Vertrag mit dem Baukonzern Porr für das Großprojekt gekündigt.
  2. Der Landesbetrieb kritisiert Schikanen bei der Bauüberwachung in China.
  3. Das sagen der Landesbetrieb und der Baukonzern.

Leverkusen – Straßen NRW hat wegen Mängeln an Stahlbauteilen für die Leverkusener Rheinbrücke den Vertrag mit dem Baukonzern Porr für das Großprojekt gekündigt. Die Bauteile erfüllten „weder die deutschen Normen noch die vertraglichen Vereinbarungen“, teilte der Landesbetrieb am Freitag mit. Man habe in den vergangenen Monaten viele Gespräche geführt. „Es konnte aber keine Einigkeit über den Umgang mit der Vielzahl der Mängel erzielt werden“, erklärte Sascha Kaiser, Direktor bei Straßen.NRW. „Das zwingt uns dazu, einen neuen Partner zur Fertigstellung der Brücke zu finden.“ Porr hatte zuletzt betont, die von Straßen.NRW bemängelten Fehlstellen seien nicht ungewöhnlich und könnten beseitigt werden. Das sagen der Landesbetrieb und der Baukonzern:

  1. Die Überwachung der Produktion in China

Der Baukonzern Porr AG sagt, die Produktion der 22 Stahlbauteile durch die China Railway Shanhaiguan Bridge Group (CRSBG) sei kontinuierlich überwacht worden. Das gelte sowohl für die Vorfertigung im Werk I bei Peking und als auch für den Zusammenbau im Werk II bei Macao. Der Tüv Rheinland habe die Produktion im Auftrag der Porr AG überwacht. Auch der Landesbetrieb Straßen NRW sei mit eigenen Ingenieuren vor Ort gewesen.

Straßen NRW betont, eine kontinuierliche Kontrolle haben nicht stattgefunden. Den eigenen Prüfingenieuren sei im März 2019 über viele Wochen der Zutritt zum Werksgelände in beiden Fertigungsstätten verweigert worden, „unter anderem mit Hinweis auf ein mögliches Steuervergehen“, heißt es in einem Projektstatusbericht vom 17. Juni 2019, der unserer Zeitung vorliegt. Man habe wenig dagegen unternehmen können, weil der Landesbetrieb „kein direktes Vertragsverhältnis mit den chinesischen Unternehmen“ hat. Das NRW-Verkehrsministerium habe daraufhin den chinesischen Konsul eingeschaltet. Viele Bauteile habe man schon aus Gründen der Arbeitssicherheit in China gar nicht kontrollieren können.

  1. Die Beseitigung der Mängel

Laut Porr AG sollen die Mängel, die von den Kontrolleuren in China entdeckt wurden, alle vor Ort noch beseitigt worden sein. Straßen NRW widerspricht. Bei eigenen Überprüfungen zweier Bauteile in Rotterdam habe man schwerwiegende Mängel festgestellt. Der Baukonzern habe am 15. April 2020 deshalb angeboten, die Träger 34 A und 34 D neu herzustellen. Der Tüv Rheinland habe der Porr AG bestätigt, dass die Beseitigung der Mängel auch noch in Leverkusen möglich sei.

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Inzwischen hat Straßen NRW nach eigenen Angaben alle weiteren Bauteile überprüft. Die Prüfer kommen zu dem Ergebnis, dass jedes Stahlteil zwischen 250 und 600 Mängel aufweist. Die Träger seien auch nach einer Reparatur nicht mehr einbaufähig, ohne die Normen für den Neubau zu missachten. Der Abschlussbericht sei in Arbeit. Man erwarte, „dass Porr normen- und vertragskonforme Bauteile liefert, die die Langlebigkeit der Brücke sicherstellen.“ Eine Mängelbeseitigung, die verkürzte Wartungsintervalle oder gar eine kontinuierliche Überwachung des neuen Bauwerks zur Folge habe, sei für einen neue Brücke unakzeptabel.

  1. Die Freigabe der Teile zur Verschiffung

Der Baukonzern sagt, dass bei der Freigabe der Stahlteile in China zur Verschiffung nach Rotterdam keine unerledigten Befunde mehr vorgelegen hätten. Straßen NRW habe die Verschiffung genehmigt. Wenige, eigens dokumentierte Mängel sollten erst auf der Baustelle in Leverkusen beseitigt werden.

Das ist falsch, sagt Straßen NRW. Man habe der Verschiffung ausdrücklich nur unter dem Vorbehalt zugestimmt, sie bei der Ankunft in Rotterdam prüfen zu können. Eine Freigabe „ohne Mangelbefund“ sei in keinem Fall erfolgt.

  1. Die Gutachten und das Schiedsverfahren

Die Porr AG hat vorsorglich eine Schiedsbegutachtung durch eine staatlich anerkannte Prüfstelle in Karlsruhe beantragt, um eine Klärung herbeizuführen. Straßen NRW habe bisher jede Begutachtung abgelehnt.

Der Landesbetrieb weist diesen Vorwurf zurück. Man habe einen objektiv neutralen Gutachter nie abgelehnt und ein bereits im vergangenen Jahr ein unabhängiges Ingenieurbüro eingeschaltet. Dieses Vorgehen sei in einem gemeinsamen Spitzengespräch im Juli 2019 durch den Vorstand von Porr ausdrücklich begrüßt worden.

  1. Die Kosten für Abbruch und Neubau

Die Porr AG hat am 23. Dezember 2019 eine Nachforderung von rund 250 Millionen Euro gestellt und mit Änderungen des Bauablaufs begründet. Gleichzeitig wurde eine Verlängerung der Bauzeit um 57 Monate angezeigt. Begründet wird das mit höheren Kosten für den Abbruch der alten Brücke, die mit Asbest und PCB belastet ist. Das habe man in einem Gutachten im Auftrag von Straßen NRW erst im vergangenen Jahr festgestellt. Für diese Prüfung habe der Landesbetrieb erst auf Nachfrage der Porr AG Ende 2018 den Auftrag erteilt. Man habe ein Konzept erstellt, nach dem die alte Brücke innerhalb von 18 Monaten abgebrochen werden könne. Im April 2020 habe man den Nachtrag zurückgenommen, weil man an einer vernünftigen Gesamtlösung interessiert sei. Das NRW-Verkehrsministerium hatte diese Nachforderung deutlich kritisiert. Nach Auffassung der Porr AG hat die Kündigung der schwerwiegende Folgen: „Mindestens zwei Jahre Bauverzögerung und Mehrkosten in Höhe von bis zu 300 Millionen Euro“, schreibt Porr-Vorstandschef Karl-Heinz Strauss an das NRW-Verkehrsministerium.