2 Stunden in Leverkusen-ManfortZwischen Spitzensport und der Stille des Kleingartens
Leverkusen-Manfort – Der Himmel ist grau, die Luft ist stickig. Es ist drückend heiß an diesem Montagnachmittag. Ein Bauzaun versperrt mir den Weg. Ich befinde mich an der ehemaligen Johanneskirche in Manfort, weil ich mit dem Dartpfeil die Scharnhorststraße 40 auf der Karte des Leverkusener Stadtgebietes getroffen habe. Der Ausgangspunkt meiner zweistündigen Exkursion durch den Stadtteil.
Das evangelische Gotteshaus wurde im vergangenen Jahr entweiht. Dort, wo Gläubige Zuflucht fanden und Feste feierten, entsteht nun eine Kindertagesstätte. Statt Ruhe und Beständigkeit auszustrahlen, dröhnt nun Baustellenlärm aus dem denkmalgeschützten Gebäude.
Staub liegt in der Luft, Arbeiter schlurfen über die Gänge, die früher einmal von Geistlichen genutzt wurden. Hier geht es nicht weiter, hier komme ich mit niemandem ins Gespräch.
Ich laufe über die Bodelschwinghstraße in Richtung Westen. Vorbei an zahlreichen Garagen und Balkonen. Nur wenige Menschen sind auf der Straße, es ist außerordentlich ruhig in Manfort. Eine Art Mittagsruhe liegt in der Luft. Ich biege ab auf den Moosweg und erkenne nach wenigen Metern ein Stadion. Das Tor zur Fritz-Jacobi-Sportanlage steht offen. Zwei junge Menschen sind auf der Kunststoffbahn und trainieren.
Florian Hornig sitzt auf dem Ergometer, während Bianca Stichling Dehnübungen macht. Die beiden 22-Jährigen sind Leichtathleten beim TSV Bayer. Ihre Paradedisziplin ist der Hochsprung. Dafür trainieren sie beinahe täglich. „Die Deutschen Meisterschaften waren gerade erst. Es stehen aber noch die Europameisterschaften und kleinere Wettkämpfe an“, erzählt die BWL-Studentin.
Der gelernte Kaufmann für Büromanagement wird dagegen nirgendwo mehr an den Start gehen. Er kuriert einen Muskelbündelriss im Oberschenkel aus: „Leider ist auch ein Teil der Sehne angerissen. In diesem Jahr steht leider nur noch Reha und das Aufbautraining an.“ Über die schöne aber in die Jahre gekommene Tribüne verlasse ich die Sportanlage in Richtung benachbarter Schrebergärten. In Manfort trifft Spitzensport also auf Kleingartenverein.
Hier herrscht dann wieder eine beinahe beängstigende Stille. Ein wenig Vogelgezwitscher, ein paar Verkehrsgeräusche in der Ferne. Sonst nichts. Durch die Ruhe kann ich mich voll und ganz den Gärten widmen.
Während die einen ihren Garten nutzen, um sich als Gemüsebauern auszuprobieren, wirken manche Gärten wie Ferienanlagen mit Klettergerüst und Planschbecken. Andere wiederum lassen der Natur freien Lauf. Ordentlich angelegte Gemüsebeete reihen sich an bunt blühende Hortensien. Asiatische Bonsai Bäume stehen in direkter Nachbarschaft zum heimischen Apfel.
Am Gartenzaun von Rita und Bernhard Kröschel mache ich Halt. Sie verarbeiten gerade die eigene Tomatenzucht zu Suppe. „Die schmeckt dann auch nach Tomate“, sagt der Rentner mit Stolz in der Stimme. Aktuell ist Erntezeit bei den Kröschels: Buschbohnen, Salatgurken, Zwiebeln, Radiesschen, Möhren und Vieles mehr.
„Wir haben so viel, dass wir konservieren und dann auch den ganzen Winter davon essen“, erzählt Rita Kröschel. Im Supermarkt einkaufen müssen die Kröschels nicht. Zumindest kein Gemüse. „Hier wissen wir auch, wo unser Essen herkommt und brauchen nichts Importiertes aus China zu kaufen.“ Einige Gemüsesorten sind mit einem Netz bedeckt. „So kommen die Schädlinge nicht dran und wir brauchen keine Chemie einzusetzen“, erklärt Bernhard Kröschel.
Mit dem Geschmack einer fantastischen Tomate im Mund verlasse ich die Kleingartenanlage in Richtung Kalkstraße. Dort fällt mir das Schild des Hotels „Haus Fück“ ins Auge. Wer wohl in einem Hotel in Manfort absteigt? „Hauptsächlich Geschäftsreisende, Monteure und Besucher des Klinikums“, berichtet die Betreiberin Bettina Heinisch.
Aktuell sei das Hotel gut ausgelastet. Im Restaurant- und Cateringbereich sei es jedoch schwierig. „An Zahlen von 2019 kommen wir noch lange nicht ran“, erzählt sie. Firmen seien noch vorsichtig bei der Ausrichtung von Feiern. Die Corona-Pandemie wirke sich noch immer auf die Gastronomie aus. Dazu kommen die gestiegenen Lebensmitte- und Rohstoffpreise.
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Im Anschluss biege ich erneut in die Scharnhorststraße ein, meinen Ausgangspunkt für zwei Stunden durch Manfort. An der ehemaligen Johanneskirche haben die Bauarbeiter inzwischen Feierabend gemacht. Mit Blick auf das denkmalgeschützte Gebäude denke ich über die vergangenen zwei Stunden nach. Doch bevor ich zu einem Fazit komme, springe ich in den vorbeifahrenden Bus, der mich zurück nach Mitte in die Redaktion bringt.