A1Löcher nicht richtig verschlossen – Straßen NRW hielt sich nicht an Vorgaben
Leverkusen – Spätestens seit dem Wochenende mit der überwältigenden Demonstration ist klar: Die Stadt wird mit der bevorstehenden Öffnung der Kippe von einem alten Thema eingeholt. Wer Hand an die Altlast legt, erntet tausendfachen Widerspruch.
Umso schwerer wiegt, dass Straßen NRW sich auf diesem im wahrsten Sinne äußerst heiklen Terrain jetzt schon nicht an die Vorgaben ihrer eigenen Gutachter gehalten hat und Löcher von Probebohrungen nicht – wie empfohlen – wieder ordentlich verschlossen hat.
Die neue Brücke wird nördlich der heutigen gebaut, also ein paar Meter stromabwärts Richtung Hitdorf. Um die Festigkeit des Baugrunds zu untersuchen, um Bomben aufzuspüren und um den Giftmüll zu analysieren, brachte man von Frühjahr 2014 an bis in den Sommer 2015 hinein Probebohrungen nieder.
Insgesamt bohrte und rammte man an 151 Stellen die Gestänge durch die Kippe in den Boden. Mit den allermeisten dieser Bohrungen zerstörten die Ingenieure die Folie, die die Umwelt Leverkusens seit 2003 hermetisch von der Altlast geschützt hat. Die Folie liegt zwischen Erdschichten, Trennvlies und Kiesschichten bis zu mehrere Meter tief unter der Grasnarbe. Für die Probebohrungen öffnete man diese Folie unkontrolliert. Eine Kontrolle wäre teuer gewesen.
Vielmehr trieben die Geologen die Spiralbohrer und Rammkerngestänge „ohne Sicht“ durch die 2,5 Millimeter dicke Kunststoffdichtung. So wurde es vom Geotechnischen Büro Professor Dr. Ing. Düllmann für Straßen NRW geplant und für sicher befunden. Verantwortlich zeichnete Ingrid Obernosterer, die in Leverkusen inzwischen bekannte Sachverständige für Bodenschutz und Altlasten.
Provisorisch abgedichtet
Die durch die Altlast teils bis ins Grundwasser getriebenem Löcher mussten anschließend natürlich wieder verschlossen werden. Man wendete eine provisorische Methode an, ein Verfahren aus dem Brunnenbau: In das jeweilige Loch kippt man ein Granulat aus staubtrockenem Ton. Die Körnchen quellen, sobald sie mit Wasser in Verbindung kommen. Auf die Weise, so die Gutachter, sei die Dichtungsschicht vorläufig wieder geschlossen. Bis zum (damals geplanten) Baubeginn ab 2017 sei das Provisorium „geeignet, Wasserzutritte in die Altablagerung zu unterbinden“.
Die meisten dieser 151 Bohrungen brachte man da nieder, wo später die Autobahn liegen wird. Da dort sowieso bald gebaggert werden soll, hielten die Geologen die Befüllung der Löcher mit Ton für ausreichend sicher. Nur für sieben Bohrlöcher forderten die Gutachter folgendes: „Dort ist eine separate Wiederherstellung der Dichtungssysteme erforderlich, da hier im Zuge dessen kein Eingriff in die Altablagerung geplant ist. Es empfiehlt sich, diese Arbeiten nach der kalten Jahreszeit im Frühjahr 2016 durchzuführen.“ Das ist aber nicht geschehen.
Permanente Aufsicht
Auf Nachfrage erklärte ein Sprecher von Straßen NRW dazu, dass bisher lediglich bei Loch 191, südlich der Rheinallee, die Folie wieder ordentlich verschweißt worden sei. Zu den anderen sagte der Sprecher: „Im Zuge der weiteren Arbeiten werden diese sukzessive neu abgedichtet.“
Im Widerspruch zum Gutachten von Ingrid Obernosterer heißt es jetzt von der Pressestelle: „Sie (die Löcher) liegen in späteren Eingriffsbereichen der Baumaßnahme“. Der Sprecher schickt nach: Der gesamte Vorgang werde unter permanenter Anwesenheit einer Aufsichtsperson durchgeführt, die gleichzeitig auch die im Deponiebau geforderten Qualitätssicherungsmaßnahmen durchführe.
Sicherheitsversprechen
Sicherheit steht an erster Stelle, verspricht der Landesbetrieb Straßen NRW in seinem jüngsten Infoblatt zum Neubau der Rheinbrücke. Deshalb habe man alle notwendigen Vorkehrungen getroffen und exzellente Fachgutachter hinzugezogen. Das höchste deutsche Verwaltungsgericht habe das Sicherheitskonzept für den Eingriff in die Altlast Dhünnaue ebenfalls geprüft. „Sie alle kennen die Risiken genau, die der Eingriff mit sich bringt, halten diese aber für beherrschbar. Gäbe es nur den geringsten Zweifel daran, würde Straßen NRW – eine Behörde, die dem Allgemeinwohl verpflichtet ist – die Maßnahme nicht durchführen“. Mit der Rheinbrücke als bester Lösung würden ein Verkehrskollaps und viele Staus vermieden – das bedeute auch weniger Lärm und weniger Feinstaub für Leverkusen. (ger)