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Aktion SchulwegsicherheitWie 400 Kinder in Lützenkirchen um einen sicheren Schulweg kämpfen

Lesezeit 5 Minuten
Aktion für sicheren Schulweg an der GGS Im Kirchfeld,

Viel los vor der Schule: Verkehrspolizist Andreas Hetzert (2.v.l) und Schulleiterin Judith Husmann (3.v.l) klären über den sicheren und selbstständigen Schulweg auf

Die GGS Im Kirchfeld ist eine der größten Leverkusener Grundschulen – mit entsprechendem Verkehrsaufkommen.

„Wir machen heute mal etwas ganz Verrücktes: Sie fahren da vorne in die Haltezone und lassen ihr Kind von da aus alleine gehen!“ Andreas Hetzert weiß, wie er mit Eltern umgehen muss, die ihre Kinder am liebsten mit dem Auto bis ins Klassenzimmer fahren würden. Fröhlich und freundlich spricht der Verkehrspolizist zu allen, die an diesem Morgen vor der GGS im Kirchfeld auf einem eher inoffiziellen Parkplatz gegenüber der Schuleinfahrt parken. Genug Respekt verleiht ihm schon seine Uniform. Viele Eltern sind zunächst einmal erschrocken, fürchten ein Bußgeld. Das gibt es zwar nicht, wohl aber die Aufklärung darüber, warum es für das eigene Kind viel besser wäre, wenn es von der nahen Hol- und Bringzone aus die wenigen Meter zur Schule alleine zurücklegte. Und wie der Park- und Wendeverkehr vor der Schule alle Kinder gefährdet, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Schule kommen.

Hütchen als Einfahrsperre

„Wir Eltern stehen jeden Tag vor der Herausforderung, wie unsere Kinder sicher zur Schule kommen“, sagt Felix Piepenbrock, Vorsitzender des Schulvereins. Die Lützenkirchener Grundschule ist eine der größten der Stadt, rund 400 Kinder lernen hier. Den schmalen Weg zum Schultor sperren Schulverantwortliche morgens schon selbstständig mit Hütchen ab. „Sonst würden hier Eltern bis vor das Tor fahren“, sagt Piepenbrock. Da es eine Sackgasse ist, müssten sie dann rückwärts wieder raus, durch die Horde an Kindern, die zu Fuß aus verschiedenen Richtungen kommt. „Alles schon da gewesen“, sagt der Elternvertreter.

Verkehrspolizist Andreas Hetzert spricht Eltern an, die vor der Schuleinfahrt parken

Verkehrspolizist Andreas Hetzert spricht Eltern an, die vor der Schuleinfahrt parken, obwohl gegenüber eine Hol- und Bringzone eingerichtet ist.

Im Kreisverkehr vor der Einfahrt wird häufig viel zu schnell gefahren. Der tägliche Höhepunkt ist ein Taxi, das am Rande des Kreisverkehrs hält, um Kinder direkt dort aussteigen zu lassen, während die folgenden Autos links überholen. Und dann sind da die Eltern, die gegenüber parken, um mit ihren Kindern an der Hand den Zebrastreifen zu überqueren und sie bis zur Schule zu bringen. Und dann rückwärts über den Gehweg wieder ausparken müssen.

Dann bekommt es vielleicht einmal Ärger, weil es zu spät kommt. Wie lange wollen Sie es denn an der Hand überall hin begleiten?
Verkehrspolizist Andreas Hetzert

„Wenn sie die Hol- und Bringzone nutzen würden, könnten die Kinder ohne die Straße zu überqueren problemlos zur Schule laufen“, sagt Polizist Hetzert. Er kennt die Aussagen schon, die er an diesem Tag wieder zu hören bekommt. Und auch die richtige Antwort darauf. „Ich bin in Eile“ – „Wenn sie in der Bringzone halten und das Kind dort aussteigen lassen, sind sie viel schneller wieder weg und müssen nicht mal wenden.“ „Der Papa hat Angst um das Kind“ – „Dann sollte das Kind lernen, wie es sich sicher im Straßenverkehr bewegt.“ „Wenn ich das Kind nicht begleite, kommt es nicht pünktlich an, sondern spielt auf dem Weg.“ - „Dann bekommt es vielleicht einmal Ärger, weil es zu spät kommt. Wie lange wollen Sie es denn an der Hand überall hin begleiten?“ Letzteres Kind besucht bereits die vierte Klasse.

Elternvertreter Felix Piepenbrock an einer der zwei Hol- und Bringzonen der Schule

Elternvertreter Felix Piepenbrock an einer der zwei Hol- und Bringzonen der Schule, die gerne auch als Parkplatz missbraucht werden.

„Die Kinder würden viel mehr schaffen, wenn die Eltern ihnen mehr zutrauen“, sagt Schulleiterin Judith Husmann, die an diesem Morgen auch selbst in gelber Warnweste an der Straße steht und mit Eltern und Kindern spricht. Immer wieder stehen Kinder auf der anderen Seite des Zebrastreifens und trauen sich nicht so richtig über die Straße. Aufmunternde Zurufe der Schulleiterin helfen. Und der Stolz ist im Gesicht abzulesen, wenn sie es alleine über die Straße geschafft haben.

Verkehrserziehung und Umweltbewusstsein

Verkehrserziehung und Umweltbewusstsein sind der Schulleiterin wichtige Anliegen. In dieser Woche nimmt die Lützenkirchener Grundschule bereits im zehnten Jahr an der Aktion „Grüne Meilen“ in Kooperation mit dem Naturgut Ophoven teil. Die ganze Woche lang sammeln Kinder, Lehrer und OGS-Mitarbeiterinnen grüne Fußabdrücke für die Anreise ohne Auto. Diese Klebepunkte werden in den einzelnen Klassenzimmern gesammelt. „So machen wir auf die herrschende Klima-Krise aufmerksam und setzen ein Zeichen“, sagt Husmann. Erfolge kann sie schon sehen – und das nicht nur bei den Kindern, sondern auch im Kollegium: „Vor zehn Jahren waren es genau vier Kolleginnen, die mit dem Fahrrad oder zu Fuß gekommen sind. Mittlerweile kommen sogar Mitarbeitende aus Köln mit E-Bikes.“

Ein Hindernis ist aber weiterhin der Verkehr vor der Schule, der Eltern davor zurückschrecken lässt, ihre Kinder zu Fuß zu schicken. Und damit das Problem weiter verschlimmern. Hier macht sich auch das Schülerparlament stark: Bei einem Ortstermin mit Politikern wurden Gefahrenstellen aufgezeigt. Mit Erfolg: Demnächst dürfen die Kinder mit Hilfe der Stadt hier Markierungspunkte in Form von gelben Fußabdrücken aufbringen, die Verkehrsteilnehmende für Gefahrensituationen sensibilisieren sollen.

Am Ende der Aktion hat Hetzert noch ein besonderes Erlebnis: Ein Vater kommt zu Fuß auf den Verkehrspolizisten zu. „Ich parke sonst auch immer hier, aber heute habe ich es nicht gemacht, weil sie hier stehen“, sagt der Mann – und will sich über die Hintergründe der Aktion informieren. Hetzert unterhält sich eine Weile nett mit ihm über die Hol- und Bringzone und den Wert kindlicher Selbstständigkeit. „Sie wollen das Kind doch irgendwann auch mal alleine zu einem Freund in der Nachbarschaft gehen lassen. Dann muss es sich doch auch auf der Straße bewegen können“, sagt Hetzert. „Ja, bis er 18 ist wollte ich ihn eigentlich nicht an der Hand begleiten“, sagt der Vater lachend und stimmt in allem zu.


Jetzt mitmachen – „Achtung Schulweg!“

Wir möchten eine möglichst umfassende Dokumentation der Gefahrenstellen auf Schulwegen in Köln und der Region erstellen und rufen daher mit dem Automobil-Club Verkehr dazu auf, Gefahrenstellen zu melden und zu dokumentieren. So wollen wir konstruktiv dazu beitragen, Gefährdungen von Schülerinnen und Schülern zu erkennen und zu reduzieren. Das geschieht über den CrowdNewsroom, eine Online-Plattform des investigativen Recherchenetzwerks Correctiv. Hier geht es zum Formular: ksta.de/sicher

Kachel Achtung Schulweg

Aktion des Leverkusener Anzeiger

Grundschulen können sich bei den regionalen Radiosendern wie Radio Leverkusen an einer Verlosung beteiligen, um Sicherheitswesten zu gewinnen. Mehr Infos dazu gibt es auf radioleverkusen.de. Ein vergleichbares Projekt hatte erstmals die Schweizer Zeitschrift „Beobachter“ gemeinsam mit Correctiv organisiert. Alle Infos zur Aktion unter: ksta.de/schulweg