Der Clan-Prozess gegen Mitglieder der Leverkusener Al-Zein-Familie geht im November 2022 in eine entscheidende Phase. Alle Angeklagten des Clans gaben im Düsseldorfer Landgericht jetzt Straftaten zu. Dieser Text ist zuerst am 17. November 2022 erschienen.
Meistgelesen 2022Badia Al Zein im Clan-Prozess: Das Jobcenter hat unsere Leverkusener Villa bezahlt
Die Leverkusener Villa, in der Familienmitglieder des Al-Zein-Clans leben, wurde mit Geld aus einem über Jahre laufenden Sozialbetrug abbezahlt. Das Geld stammt vom Leverkusener Jobcenter. Den Betrug haben die sieben angeklagten Familienmitglieder vor dem Düsseldorfer Landgericht am Donnerstag, dem 17. November, zugegeben. Söhne des Hauptangeklagten und Familienoberhaupts, Badia Al Zein, gestanden zudem mehrere gemeinschaftlich verübte Körperverletzungen. Die Frauen und Männer machten vor Gericht keine mündlichen Aussagen, ihre Anwälte verlasen Einlassungen, in denen die Taten zugegeben wurden.
Jobcenter Leverkusen: Betrug von 2014 bis 2021
Diesem Schritt liegt ein Verständigungsvorschlag zugrunde, ein Deal zwischen Staatsanwalt, Gericht und Angeklagten: Im Gegenzug zu deren detaillierten Angaben zu Betrug, Geldwäsche und Körperverletzungen winken überschaubare Gefängnisaufenthalte und möglicherweise Bewährungsstrafen.
Dem Clanchef Badia Al Zein drohen auf diese Weise maximal sechs Jahre Haft. Sein Anwalt verlas das Geständnis, dass der Betrug zulasten des Leverkusener Jobcenters von 2014 bis 2021 lief. Er als Vater und Oberhaupt habe den fortwährenden Betrug initiiert und mitgetragen, in der Familie habe man abgesprochen, dass die Mitglieder Sozialleistungen beantragen sollten. Die Familienkasse sei aber stets so gut gefüllt gewesen, dass das nicht notwendig gewesen sei. Vom ergaunerten Geld habe man Kaufpreis und Darlehen für die Villa in Rheindorf Auf der Grieße bezahlt. Bezüglich der Villa soll es einen Sperrvermerk im Grundbuch geben, sie kann so erstmal nicht verkauft werden und dem Staat aus den Händen gleiten.
Die wahren finanziellen Verhältnisse habe er mit verschleiert, gab Badia Al Zein zu. Der Betrug endete mit der Razzia im Juni 2021, als die Polizei die Villa stürmte und ihn und zwei Söhne festnahm. Bei der Razzia wurden 360.000 Euro Bargeld, Schmuck, Uhren und Autos gefunden.
Clan-Mitglied Badia Al Zein: Respektsperson im Milieu
Alle angeklagten Familienmitglieder gaben den Sozialbetrug so oder ähnlich zu, es soll sich um 456.000 Euro handeln. Die beiden inhaftierten Söhne des Oberhaupts könnten jetzt mit weniger Strafe davonkommen als der Vater, einer mit drei Jahren, dessen Bruder sogar nur mit einer knapp zweijährigen Bewährungsstrafe.
An einer heftig-tätlichen Strafaktion seiner Familie gegen einen Fremdgänger, der mit der Frau eines guten Freundes in flagranti erwischt wurde, als dieser im Irak weilte, will Badia Al Zein nicht direkt beteiligt gewesen sein: „Ich werde Dich nicht schlagen, aber wenn andere das tun wollen, halte ich niemanden zurück“, in dieser Weise will sich der im Milieu als Respektsperson anerkannte Mann verhalten haben.
Clan-Prozess in Leverkusen gegen Al-Zein: Einblicke in das Familienleben
Einen Obsthändler, der angeblich die Mutter beleidigt haben soll, verletzte eine Gruppe der Al Zeins so übel auch mit Fußtritten, dass er für einen Monat nicht arbeiten konnte und seither unter Ängsten leidet. Der Obsthändler hatte vor Gericht ausgesagt, dass er nicht bereit war, Frau Al Zein Sonderpreise beim Einkauf einzuräumen und deshalb von den Söhnen verprügelt wurde.
Einen Einblick, wie das Familienleben im Clan funktioniert, gab es durch die Einlassungen. So gibt es eine Familienkasse in Bar, aus der sich der enge Familienkreis bedienen kann, in die man auch einzahlt. Das Geld zu verwalten, obliegt der Ehefrau des Chefs, wie auch die Aufgabe, falsche Anträge beim Jobcenter zu stellen.
Clan-Frau Al Zein: Hochzeit mit 13
Frau Al Zein sei im Alter von 13 Jahren 1991 mit dem damals 17-jährigen Hauptangeklagten „nach islamischem Recht“ verheiratet, heißt es in einer der Einlassungen. Beide sollen in einer Leverkusener Unterkunft für Geflüchtete gelebt haben. Als das erste Kind kam, soll die 1978 Geborene demnach erst dreizehneinhalb Jahre alt gewesen sein. Es folgte Kind auf Kind. Sie ist längst Großmutter, schreibt zum Betrug, für den sie sich maßgeblich mitverantwortet: „Uns war bewusst, dass wir nicht bedürftig waren.“
Die verlesenen Einlassungen erklären den Sozialbetrug; worüber sie allerdings nichts aussagen, ist die Frage, woher das Geld geflossen ist, das den Al Zeins ihr luxuriöses Leben in Rheindorf ermöglichte. Das Gericht will die Geständnisse jetzt prüfen.
Unsere besten Texte 2022 – dieser Text ist erstmals am 17. November 2022 veröffentlicht worden.