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Clan-Prozess LeverkusenWie Frau Al Zein einkaufen geht

Lesezeit 3 Minuten
Vor der Villa der Al Zeins stehen Polizisten und ein Polizeiwagen

Bei der Razzia im Juni 2021 waren viele Fahnder und Polizisten beteiligt.

Im Prozess gegen Mitglieder des Al-Zein-Clans gab es rare Einblicke in die mutmaßlichen Methoden des Clans. Ließ der Clan einen Obstverkäufer verprügeln, weil er die Sonderpreise nicht kannte?

Seit Juni läuft das Verfahren gegen Mitglieder der immer noch in einer Rheindorfer Villa ansässigen Familie. Am Dienstag wurden weitere Zeugen vernommen. Eine Zeugin gab zu, dass man Angst vor den Angeklagten hat und deswegen nicht alles sagt, was man weiß: Das ist vielleicht sogar besonders mutig.

Ein anderer Zeuge machte allerdings eine Aussage: Er hatte kaum Erinnerungslücken, obwohl er Grund dazu hätte, denn er wurde aufs Übelste verprügelt. Mit dabei sollen Familienmitglieder gewesen sein. Seine Aussage wurde aus dem Türkischen übersetzt.

Clan-Prozess in Leverkusen:Frau Al Zein geht einkaufen

Der Anlass erscheint kaum einer Prügelei wert, allerdings dürfte es Gründe geben, weshalb Frau Al Zein beim Einkaufen an einem Marktstand besonders günstige Preise bekam.

An dem Stand arbeitete der Zeuge und er war offenbar in die für die Familie geltenden Spezialpreise nicht eingeweiht. Als der dünne Mann mitbekam, dass ein Kollege der Frau zu wenig berechnete, wies er ihn auf den Fehler hin, worauf es zu Problemen kam. Er selbst soll gesagt haben, wenn es ein Problem gäbe, sei da hinten die Polizei. Das war vielleicht zu viel. Sein Chef soll gesagt haben: „Was mischst du dich ein?“ Jedenfalls kam nach Feierabend „Besuch“.

Ein Polizeiauto steht vor dem Düsseldorfer Landgericht.

Das Düsseldorfer Landgericht

Eine vierköpfige Gruppe – dabei soll ein Sohn der Einkäuferin, Frau Al Zein, gewesen sein – schlug den türkischen Obstmann erst ins Gesicht. Als er auf dem Boden lag, verprügelten ihn die womöglich geübten vier Männer mit Tritten in den Rumpf und „in die Teile“, sagte der Übersetzer. Auch mit Kunststoff-Obstkisten sollen sie gemeinschaftlich auf ihn eingeschlagen haben: eine gefährliche Körperverletzung.

Al-Zein-Prozess in Düsseldorf: Obstverkäufer hat jetzt Angst

Einen Monat sei er krankgeschrieben gewesen, die Nase sei im Monheimer Krankenhaus operiert worden und immer noch nicht wieder in Ordnung, an einem Ringfinger habe er jetzt eine Narbe. Schlimm schildert er die psychischen Folgen: Er habe jetzt Angst, auf den Markt, ja, sogar auf die Straße zu gehen; sollte er sowas nochmal machen, würden sie wiederkommen, sollen die vier zu ihm nach der Prügelei gesagt haben.

Ob er einen der mitangeklagten Söhne des Hauptangeklagten Badia Al Zein als Schläger identifizieren könne? Da wurde seine Zeugenaussage wieder etwas weicher.

Während all dieser Schilderungen im Gerichtssaal waren die Angeklagten bester Dinge und scherzten untereinander.

Clan-Prozess in Leverkusen: Nächster Zeuge hat Angst und windet sich

So mutig war der nächste Zeuge, ein Musiker, der ein Freund des Hauptangeklagten sein soll, nicht. Er soll 2018 von seiner Frau betrogen worden sein und der Übeltäter, ein Falafel-Händler, bekam es mit einem Prügelkommando zu tun. Das soll sich vor einer Bar namens Alibaba in Düsseldorf abgespielt haben; dorthin hatte man den Liebhaber der Frau bestellt. Vor Gericht konnte sich der betrogene Musiker allerdings partout an nichts erinnern. Gestenreich, aber sehr viel inhaltsärmer als zuvor bei der Polizei war seine Aussage. Er wand sich, vernebelte Fakten und nahm Aussagen zurück.

Auch die letzte Zeugin an diesem Prozesstag, deren Aussage aus dem Arabischen übersetzt wurde, hatte Angst, Dinge zu wiederholen, die sie bei der Polizei noch gesagt hatte. Sie hatte gesehen, wie der Mann erst gemeinschaftlich heftig verprügelt wurde, dass er habe flüchten wollen, dass ihn die Gruppe wieder eingefangen und wie eine Geisel auf den Rücksitz eines Autos gedrängt habe. Dagegen habe sich der Mann gewehrt, so steht ihre Aussage im Polizeiprotokoll.

Habe Angst vor denen, die hier im Gerichtssaal sind
eine Zeugin

Das kriminelle System aus Brutalität, Unterdrückung und Angst funktioniert; die Frau wiederholte die Aussagen im Gerichtssaal nicht, sie überraschte aber die Richter, die Zuschauer, die vielen Anwälte, die angeklagten Familienmitglieder, als sie sagte: „Ich habe Angst vor denen, die hier im Gerichtssaal sind, man hört Katastrophen und schlimme Sachen.“ Und: „Klar habe ich Angst, dass sie mir was antun, wenn sie mich als Gegner wahrnehmen.“