Bahnhof Leverkusen Mitte vor dem AbrissWeigmann-Glasfenster in Sicherheit gebracht
Leverkusen – Es kommt Jahre später als zunächst gedacht, nun aber heißt es tatsächlich Abschiednehmen vom Bahnhofsgebäude in Leverkusen Mitte. Alt durfte es nicht werden, nur 43 Jahre nach der Eröffnung ist dieser Wiesdorfer Bahnhof zum Abbruch bestimmt, oder wie es nun heißt: Er wird zurückgebaut. Mehr zu den damit einhergehenden Sperrungen und Zugausfällen lesen Sie hier.
Eine Zierde des nicht eben imposanten Gebäudes
Zuvor aber wird eine Zierde des sonst nicht eben imposanten Gebäudes von 1979 in Sicherheit gebracht: Das 1980 hier eingebaute Glasfenster mit dem Titel „Die Rose“, geschaffen vom weithin anerkannten Leverkusener Glasmaler Paul Weigmann und seinerzeit der Stadt Leverkusen gespendet von der Bayer AG. Der Ausbau hat am ersten Tag nach Ostern die in Linnich im Kreis Düren beheimatete Fachfirma für Glasmalerei von Dr. Heinrich Oidtmann erledigt.
Sein Betrieb hatte das Glasfenster in Wiesdorf – wie die meisten der annähernd 300, meist sakralen Glasfenster Weigmanns – angefertigt und in das Bahnhofsgebäude eingebaut. Er wird die Elemente nach Ausbau, Abtransport und Reinigung in speziellen Kästen stehend sicher einlagern.
Das Werk eines bedeutenden Leverkusener Künstlers
Denn das Kunstwerk soll zurück nach Leverkusen kommen und an einer wiederum prägenden Stätte erneut installiert werden. Es gehe darum, dieses Werk eines bedeutenden Leverkusener Künstlers zu sichern und der Nachwelt zugänglich zu machen, betonte Oberbürgermeister Uwe Richrath, der den Verlauf der Ausbauarbeiten am Dienstagnachmittag in Augenschein nahm und sich bei der Vorsitzenden der Stadtgeschichtlichen Vereinigung Leverkusen, Gabriele Pelzer, für deren Engagement bedankte.
Die Stadtgeschichtliche Vereinigung hat sich seit Bekanntwerden der Abrisspläne für das Wiesdorfer Bahnhofsgebäude für den Erhalt des Glasfensters starkgemacht. Zunächst gemeinsam mit der Witwe des 2009 verstorbenen Künstler, die 2016 ebenfalls starb. Und aktuell immer noch mit der Sammlung von Spenden, die die Sicherung für eine spätere Neuinstallation der „Rose“ ermöglichen sollen. Ein Teil der dafür kalkulierten 11.600 Euro ist über den Verkauf von Bildern aus dem Weigmann-Nachlass und über Sponsoren zusammengekommen, den Rest übernimmt die Stadt Leverkusen.
Ein kunstsinniger Bayer-Manager
Initiiert wurde das Glasbild seinerzeit ganz maßgeblich von dem kunstsinnigen Bayer-Manager Eberhard Weise, der mit Weigmann zusammen in den 1980er Jahren einige künstlerische Aktionen in Leverkusen verwirklicht hatte.
Weigmann, nach dem zweiten Weltkrieg Schüler der berühmten Kölner Werkschulen, hat in seinem Lebenswerk nicht nur 14 Fenster in Leverkusener Kirchen gestaltet, sondern mit bunten Glasfenstern auch in den Domkirchen von Mainz, Speyer, Paderborn, Worms und Xanten, in den Kölner Kirchen St. Severin, St. Maria im Kapital und St. Pantaleon sowie im Bonner Münster für dramatische Lichteffekte gesorgt.
Im profanen Leverkusener Bahnhofsbau leistete er sich – wie in so vielen seiner Werke und in alter Tradition dieses Handwerks – auch ein paar „liebenswerte Kleinigkeiten“. Glasmalerei-Spezialist Heinrich Oidtmann weiß von einem Kirchenfenster zu berichten, in dem das Jesu-Kind die Gesichtszüge des Pfarrers bekam. In Leverkusen baute Weigmann seinen Förderer Eberhard Weise an einem Ende des Bildes als Eule über einem kleinen Bayer-Kreuz ein, sich selbst als Spatzen am anderen Ende.
Erst einmal läuft der Rückbau
Nicht allein Oberbürgermeister Richrath hofft darauf, das Bild, das Stadt und Bayer-Werk als Chemiestadt künstlerisch verbinden sollte und das der Konzern seinerzeit mit einer Spende von 40.000 D-Mark ermöglichte, einen neuen, stimmigen Platz in einem neuen Gebäude findet. Was Geduld erfordern wird, denn erst einmal läuft am Bahnhof Mitte ja der „Rückbau“.
Vom Kiosk für die Bahnreisenden sind nur noch hölzerne Trümmerteile zurückgeblieben, hinter dem Glasschalter des „DB-Reisezentrums“ liegt ein ausgeräumtes Büro mit offenstehenden Schränken. Das neue Reisezentrum hat in der vergangenen Woche in einem grauen Containerbau in hundert Metern Entfernung zwischen Busbahnhof und Bahntrasse eröffnet und ist fortan werktags zwischen 8 und 16.30 Uhr (abzüglich Mittagspause) erreichbar.
Ein neues Gleis für den RRX
Für die Abrissarbeiten des Bahnhofsgebäudes, das einem neuen Gleis für den Rhein-Ruhr-Express weicht, wird es an den kommenden Wochenenden bereits Streckensperrungen geben. Kurz vor den Sommerferien beginnt eine Vollsperrung der S-Bahn-Strecke über 14 Monate.
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Ob und wann ein neues Bahnhofsgebäude nach Vorgaben der Stadt Leverkusen errichtet wird, kann sich nicht vor Ende 2023 entscheiden. Die städtische Wohnungsgesellschaft (WGL) ist als mögliche Bauherrin im Gespräch, sollte sich bis dahin kein Investor gefunden haben, der ein repräsentatives Gebäude am Stadteingang mit Bahnhofsservices, Catering und darüber liegenden Büroräumen errichten will.
Vorübergehend wird der ersehnte RRX-Halt in Wiesdorf bis dahin ein provisorischer Haltepunkt bleiben – und Weigmanns „Rose“ im Depot im Kreis Düren.