BaudenkmalDas stylische CD-Gymnasium
Leverkusen – Es sind Namen großer Künstler wie Walter Gropius und Mies van der Rohe, die vom Bauhaus in den Zwanzigern und frühen 30er Jahren nicht wegzudenken sind. Maßgeblich beeinflussten sie vor allem in den kulturellen Hochburgen der damaligen Zeit, Weimar und Berlin, aber auch in Dessau, Design, Kunst und Architektur.
Die Vermischung von mechanisch-industriellen Elementen mit dem Künstlerischen prägen den schlichten, einfachen Stil des Bauhauses. Gemäß dem Leitgedanken „form follows function“ wurde die Form, egal ob Möbelstück oder architektonisches Bauwerk, komplett der Funktionalität untergeordnet.
Hundert Jahre Bauhaus – dieses Jubiläum ist vielerorts Anlass genug, den Einfluss der prägenden Stilrichtung hervorzuheben. Unter dem Titel „Neues Bauen im Rheinland“ hat das Amt für Denkmalpflege vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) recherchiert, in welchem Maße auch das Rheinland von der Klassischen Moderne des Bauhauses in seiner Architektur beeinflusst wurde.
Dass das Gebäude des ehemaligen Carl-Duisberg-Realgymnasiums, die heutige Realschule am Stadtpark in Wiesdorf, mit seiner einfachen Form aus Backstein exemplarisch für Bauten der Moderne in der Region steht, ist wenig bekannt. Es war jetzt Anlass zu einer Besichtigung, die Denkmalpfleger der Stadt und des Landschaftsverbandes mit Interessierten unternahmen.
Die große Architekturdebatte der Zwanziger hatte auch das Rheinland nicht unberührt gelassen. „Es gab natürlich einen Austausch zwischen den rheinischen Architekten und den Bauhausarchitekten, zum Beispiel durch den Werkbund oder durch die Hochschulen“, erklärte Theresa König vom LVR-Amt für Denkmalpflege beim Rundgang.
„Schnörkellos“ ist die passende Beschreibung für das Bauwerk von Wilhelm Fähler, der ab 1917 für das städtische Bauamt Wiesdorf arbeitete. „Die vielen horizontalen Linien und das Ineinanderschachteln von Kuben ist ganz typisch für diesen Baustil“, erklärte Jochen Simon von der Unteren Denkmalbehörde Leverkusen, der jetzt gemeinsam mit Ulrike Schwarz und Theresa König vom LVR-Amt für Denkmalpflege durch die Schule und ihre bauliche Geschichte führte.
Mehr Gefängis als Schule
Fähler habe versucht, viel mit rheinischem Material zu arbeiten, und habe die Steine für das Gebäude aus den drei Leverkusener Ringofen-Ziegeleien bezogen, erzählt Simon. Die Türen in der dunkelroten Backsteinfassade, die zu winzigen Balkonen hinausführen, flache Dächer sowie die kleinen tief eingelassenen Fenster geben ein Bild wieder, das nüchtern betrachtet auf den ersten Blick eher an ein Gefängnis, als an eine Schule erinnert. „Damals gab es klare räumliche Grenzen, bis wohin die Schüler sich bewegen durften“, erläuterte Simon.
Getreu dem Bauhaus-Motto, dass die Funktion die Form vorgibt, errichtete der Architekt Fähler ein sachliches Bauwerk ohne auffällige Spielereien, angepasst an die Charakteristiken einer Schule von damals. Regeln und Strukturen und die Vermittlung von Unterrichtsstoff an viele Schüler standen im Vordergrund und ließen Fähler ein Gebäude mit klaren Linien und großen Räumen schaffen.
Was damals für den Schulalltag vielleicht gut funktionierte, habe später jedoch erhebliche Nachteile für das Leben und Arbeiten in diesem Bau gehabt, findet Helmut Hoffmann, der am Carl-Duisberg-Gymnasium zur Schule ging und weitere 30 Jahre als Lehrer arbeitete: „Man kann sich kaum vorstellen, was für ein Gestank immer auf den Toiletten herrschte, weil die Fenster viel zu klein zum Lüften waren.“
Im Rahmen von Modernisierungen ab den 60er Jahren wurden einige stilistische Merkmale des Bauhauses in der Schule ersetzt. „Wir haben hier einen Schulstandort, der alle fünf bis zehn Jahre neue Elemente bekommen hat und gewachsen ist“, erzählte Simon dem interessierten Publikum.
Da die Neuerungen jedoch teilweise schlechter gemacht worden seien und weniger solide waren als die baulichen Maßnahmen aus den 30er und 50er Jahren, mussten diese schon früher wieder saniert werden.
„Wir versuchen das, was zu den Verunreinigungen der originalen Architektur geführt hat, Stück für Stück wieder anzupassen“, sagt Simon. Dass häufig rechtliche Bestimmungen wie der Brandschutz oder Höhen von Treppengeländern dabei im Weg sein können, weiß auch er. „Wir müssen irgendwie versuchen die Waage zwischen der Denkmalpflege und den baulichen Richtlinien zu halten.“
Heute zieren gemalte Bilder aus dem Kunstunterricht und Poster über den Klimaschutz die gefliesten Wände der Schulflure. „In einigen Räumen findet man noch die originalen Fliesenspiegel“, berichtet Simon. Tatsächlich liegt in einem Raum sogar noch der Linoleumboden von 1928, auf dem seit mehr als 90 Jahren zahllose Paar Schuhe gelaufen sind – ein Boden der viele Geschichten erzählen könnte.