Die Bauern in Leverkusen haben keine Autobahnen blockiert – gut sichtbar waren sie dennoch.
BauernprotestWenig Stau, aber viel Sympathie für Leverkusener Landwirte
Es ist der erste kalte Morgen in diesem Winter, an dem sich die Bauern aus der Region auf dem Hof beim Bauern Baumhögger in Imbach zu ihrer Protestfahrt treffen. In über 50 Traktoren, meist sind es schwere Geräte, und mit ein paar Autos wollen die Bauern den lokalen Parteizentralen in Leichlingen und Leverkusen einen Besuch abstatten, dort jeweils einige Gummistiefel hinterlassen, darin zusammengerollt ihre Forderungen zum Lesen. Burscheid wurde von Wermelskirchen aus „bedient“.
Auch die Polizei ist vor 10 Uhr in großer Mannschaft auf den Bergisch Neukirchener Hof gekommen: Mehrere Streifenwagen und sechs Motorradpolizisten sollen die Treckerschlange in der Kälte begleiten, die Motorräder hätten beheizte Griffe und Sitzbänke, sagt ein Beamter auf die besorgte Nachfrage. Gut so, denn der Protestzug soll vier Stunden lang durch die zwei Städte rollen.
Die Bauern werden im Wesentlichen von einer Bäuerin angeführt, die Fäden der Organisation laufen bei Anne Wieden zusammen, sie hält vor dem Losfahren eine kurze Ansprache. Klar ist bald, die Autobahn wollen die Leverkusener und Leichlinger Protestler nicht blockieren. Parteipolitik soll aus der Sache herausgehalten werden. Das gelingt den Bauern auch weitgehend: Nur ganz vereinzelt sieht man eine durchgestrichene Ampel.
Das Symbol der pauschalen Ablehnung wird zurzeit in der politisch rechten Ecke zunehmend etabliert. Die extreme Rechte hatte dazu aufgerufen, in dem Korso mitzufahren, möglicherweise ist das dem einen oder anderen gelungen, allerdings waren sie nicht wirklich sichtbar. Ein Auto hatte gleich vier Deutschland-Fähnchen an der Regenrinne befestigt und ein Aufkleber wies den Fahrer als einen Anhänger der Verschwörungserzählung vom „großen Reset“ aus, an die man in rechtsextremen Kreisen glaubt.
Die Leverkusener und Leichlinger Bauern wollen mit diesen Protest-Trittbrettfahrern allerdings nichts zu tun haben, wie sie schon am Samstag im „Leverkusener Anzeiger“ klar gesagt hatten. Viele hatten Schilder „Landwirtschaft ist bunt, nicht braun“ an die Trecker geklebt.
Franz-Josef Klein sagt, man habe das Mögliche getan, „um die draußen zu halten“. Er lenkt in der gut geheizten Fahrerkabine seinen 170 PS starken grünen Deutz-Traktor mit leichter Hand und gekonnt. Ein kleiner Bildschirm zeigt den aktuellen Verbrauch. Ohne Last sind es nur knapp sechs Liter pro Stunde, aber wenn Klein einen Pflug zieht, braucht die Maschine über 30 Liter, weshalb er auf die Dieselsubvention schlecht verzichten kann.
Klein rätselt, weshalb die Regierung die Flugzeug-Kerosin-Subvention erhält, aber den Agrardiesel verteuern will. Die Dieselentlastung will die Regierung ebenso streichen, wie die Steuerbefreiung seiner drei Trecker und sieben Anhänger. „Wenn wir Steuern auf die Maschinen zahlen müssen, wäre das eigentlich nicht zu machen“, sagt er.
Steuerbefreite Landmaschinen erkennt man an der grünen Nummer, die hier alle haben. Der Hof Klein gehört mit 90 Hektar Fläche nicht zu den bedürftigen. Klein hat mit 25 Hektar angefangen, nach und nach andere übernommen. Seine Frau und er haben früh auf Fleisch und die Vermarktung im eigenen Hofladen gesetzt, damit kann er und seine 25 Mitarbeiter, davon einige in Vollzeit, gut leben. Klein, dem vor allem der Papierkram auf die Nerven geht, hat Glück, seine Tochter will übernehmen. Er konnte wachsen, der Verkauf von Baugrundstücken habe beim Investieren geholfen, andere haben es da schwerer.
Die Treckerschlange kriecht erst mit ungefähr zehn Kilometer in der Stunde durch Leichlingen zu den Parteien, anschließend bekommt die FDP in Opladen die Protest-Gummistiefel. Bei SPD und CDU in Wiesdorf und bei den Grünen in Schlebusch werden Anne Wieden und ihre zwei Begleiter persönlich empfangen. Überall werden Gespräche vereinbart, auch über den aus Sicht der Bauern bedrohlichen Landschaftsplan-Entwurf, mit dem viel Land unter Naturschutz gestellt werden soll.
Zu extremen Staus kommt es in Leverkusen nicht, aber viele Menschen am Straßenrand winken und zeigen freundlich ihre Sympathie für die Frauen und Männer in den Treckern.