„Die machen doch sowieso, was sie wollen“, ist ein Satz, den man manchmal hört, wenn es um die Politik geht. Dabei stimmt das nicht unbedingt.
Politisches EngagementWie sich Bürger einbringen können
Nicht nur Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dazu aufgefordert, sich gesellschaftlich einzubringen. Es gibt viele Wege, wie sich auch Nicht-Politiker in den politischen Prozess einbringen können. Das ist gar nicht so schwer.
Politiker sind einer Vielzahl an Einflüssen ausgeliefert: Investoren, Geschäftsleute, Sportvereine, auch übergeordnete Behörden nehmen Einfluss auch auf die Lokalpolitiker. Was bleibt da dem „Normalo“, dem Anwohner, dem privaten Umweltschützer? Manche machen ihrem Ärger Luft in den sozialen Medien, einige verlassen dabei die Regeln der Höflichkeit. Abgesehen davon gibt es Wege, wie man sich wirklich in Entscheidungsprozesse einbringen kann.
Mit einem Bürgerantrag den Verkehr ordnen
Mit am einfachsten und vielleicht am erfolgversprechendsten ist es, selbst einen Bürgerantrag zu stellen, der im Prinzip einem normalen Ratsantrag gleichgestellt ist. Nach Paragraf 24 der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen kann sich jeder mit Anregungen und Beschwerden an den Rat oder eine Bezirksvertretung wenden. Einzige Voraussetzung: man muss in der Stadt oder Gemeinde mindestens seit drei Monaten gemeldet sein – Alter egal.
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Ein einfacher Brief oder eine E-Mail an die Verwaltung genügt, je besser das Anliegen darin gut begründet ist, desto wahrscheinlicher wird die Behandlung des Anliegens. Der Bürgerantrag wird zuerst von der Verwaltung gelesen. Dann wird eine Stellungnahme verfasst, anschließend berät ihn die politische Bezirksvertretung oder der Ausschuss für Bürgereingaben und Umwelt. Wenn seine weitere Behandlung dort für sinnvoll angesehen wird, flattert er quasi von der Seite in die politische Mühle.
Natürlich kann jeder Bürgerantrag auch abgelehnt werden, aber es gibt erfolgreiche Beispiele: Zuletzt erreichte eine Rheindorferin sogar gegen den Willen der Verwaltung, dass die Stadt nahe der Käthe-Kollwitz-Schule Tempo 30 auf der Wupperstraße einrichten soll. Ein Bürgerantrag war auch der Anstoß dafür, dass die Schleswig-Holstein-Siedlung zur Fahrradzone wurde.
Bürgerbegehren sind kompliziert
Die Bürger können beantragen, dass sie an Stelle des Rates über eine Angelegenheit der Gemeinde selbst entscheiden (§ 26 Gemeindeordnung). Das Bürgerbegehren erfordert anstrengende Vorarbeit und es ist ohne eine gute Vorbereitung kaum zu schaffen, ein Bürgerbegehren zum Erfolg zu führen. Der schwierigste Part: 6400 Unterstützungsunterschriften wahlberechtigter Bürger sind in Leverkusen gemeinsam mit den Unterlagen bei der Stadtverwaltung einzureichen.
Die Zahl der Unterschriften hängt an der Einwohnerzahl der Stadt. Der sich dann anschließende Bürgerentscheid läuft wie eine richtige Wahl ab: Die klar formulierte Frage muss eindeutig mit Ja oder Nein zu beantworten sein. Der Bürgerentscheid hat seine Grenzen: Mit ihm darf zum Beispiel nicht über Flächennutzungspläne oder Bebauungspläne oder wasserrechtliche Erlaubnisse entschieden werden. Das sind alles Fragen, in denen es auch in Leverkusen zurzeit Konfliktpotenzial gibt (Currenta und Grundwasserentnahme, Bebauung am Kurtekotten).
Leverkusener Bürgerentscheide
Die letzten in Leverkusen angestrengten Bürgerentscheide waren nur mäßig erfolgreich. 2003 verhinderte ein Bürgerentscheid die Sanierung und Erweiterung des alten grünen Rathauses, das aus Sicht der Initiatoren dennoch hätte weiter genutzt werden sollen. Die Politik wollte aber partout ein neues Rathaus, man schaltete auf stur, ließ das eigene Rathaus von der Feuerwehr wegen Brandschutzmängeln sperren und setzte die Stadt so selbst unter Zugzwang.
Das ECE-Einkaufszentrum, das dann kam, wollten die Wiesdorfer Geschäftsleute ebenfalls per Bürgerentscheid verhindern. Der wäre wahrscheinlich sogar erfolgreich gewesen, aber er kam nicht zustande. 2003 lehnten die Bürger auch ein Kombibad für Opladen ab. Oberbürgermeister Ernst Küchler umschiffte dieses Votum später, ihm wurde Verrat am Willen der Bürger vorgeworfen.
Ein vollkommen außerparlamentarisches Instrument ist die Online-Petition, die kostenlos im Netz eingerichtet werden kann. Sie bewirkt selbst wenig, außer, dass sie öffentlichen politischen Druck anzeigen kann. Eine derzeit viel umworbene Leverkusener Online-Petition heißt „Keinen Meter mehr“, sie richtet sich gegen den Autobahn-Ausbau. Wie gut diese bequemste aller Protestformen wirkt, ist umstritten. Echte Unterschriften auf Papier sammeln kann man natürlich jederzeit für sein Anliegen.
Öffentlicher Druck lässt sich gut durch Demonstrationen aufbauen, vorausgesetzt, es kommen genug Teilnehmer. Demos, egal wie groß sie werden, müssen bei der Polizei angemeldet werden. Das geht online.
Auch das Schreiben von Leserbriefen, etwa im Leverkusener Anzeiger bewirkt Öffentlichkeit und erreicht viele Leser und Entscheidungsträger.
Ein wirksames Instrument kann die direkte Ansprache der gewählten Rats- und Bezirkspolitiker sein. Viele sind so offen, dass sie Kontaktdaten im Ratsinformationssystem der Stadt Leverkusen veröffentlichen.
Was geht noch? Selbst Flugblätter verteilen oder Mitglied in einer Partei werden, natürlich und sich in der Mühle der Ortsverbände und Gremien engagieren.