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Start-up-KaufWie Bayer ein Bio-Glyphosat entwickeln will

Lesezeit 3 Minuten
Ein Feld auf dem Damianshof in Rommerskirchen. Er ist eine von Bayers „Forward Farms“.

Mit dem Kauf der Biotech-Firma Targenomix stärkt Bayer seine Kompetenz in der Entwicklung biologischer Unkrautvernichter. Auf dem Damianshof in Rommerskirchen kann so etwas ausprobiert werden.

Seit 2014 arbeiten der Konzern und das Start-up schon zusammen. Jetzt hat Bayer Targenomix, eine Ausgründung des Potsdamer Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologe, übernommen. Das Ziel: Unkrautvernichter auf Bio-Basis.

Die Zusammenarbeit währt schon acht Jahre. Jetzt hat Bayer das 2014 in Potsdam gegründete Biotech-Unternehmen Targenomix übernommen. In der Hoffnung, mit dem 30-köpfigen Team in der Entwicklung neuartiger Pflanzenschutzmittel weiterzukommen. Dabei sollen die Forscher an einer langen Leine arbeiten, heißt es in der Monheimer Zentrale von Bayers Pflanzenschutzsparte: Targenomix könne weiterhin eigenständig und flexibel agieren „und so die Start-up-Mentalität und agile Kultur beibehalten“. Ein Prinzip, das der Konzern auch bei anderen vielversprechenden Unternehmen anwendet, die er im Rahmen seines Programms „Leaps“ in Teilen, manchmal aber auch komplett übernimmt.

Targenomix „nutzt neuartige Verfahren und Werkzeuge der Systembiologie und der Bioinformatik“, lautet die Beschreibung von Bayer. Ziel der Forschung seien neue Wirkmechanismen für Pflanzenschutzlösungen. Das Potsdamer Start-up verfüge über das notwendige Know-how, die Fachkräfte und technologische Plattformen, um sichere und effektive Wirkstoffe zu entwickeln. Mit der Übernahme will Bayer die Entdeckung und Entwicklung vielversprechender Moleküle beschleunigen.

Bayer lobt den „einzigartigen Ansatz“

Bob Reiter, der in der Agrochemie-Sparte Forschung und Entwicklung verantwortet, zeigt sich überzeugt von der Neuerwerbung. „Die Arbeitsweise von Targenomix hat sich als sehr erfolgreich erwiesen.“ Das Unternehmen habe mit seinem „einzigartigen und ganzheitlichen systembiologischen Ansatz und seinem führenden Know-how“ schon zahlreiche neuartige Zielmoleküle und Wirkmechanismen zur Unkrautbekämpfung entwickelt.

Dr. Sebastian Klie ist Chef des Biotech-Start-ups Targenomix. Hier steht er mit Kollegen an einer Tafel.

MIt dem Kauf von Targenomix will Bayer Entdeckung und Entwicklung vielversprechender Moleküle für den Pflanzenschutz beschleunigen. In der Mitte: Targenomix-CEO Dr. Sebastian Klie.

Auch in Potsdam zeigt man sich zufrieden mit dem neuen Eigentümer Bayer. „Wir ergänzen uns gegenseitig und mit dieser neuen Phase unserer Zusammenarbeit können wir die Entdeckung nachhaltiger und sicherer Wirkstoffe der nächsten Generation beschleunigen“, kommentiert Targenomix-Chef Sebastian Klie die Übernahme.

Ein Resultat der seit 2014 laufenden Zusammenarbeit von Start-up und Konzern sei die Entdeckung und Entwicklung eines neuen Unkraut-Bekämpfungsmittels gewesen. In der Forschung habe sich das Herbizid als wirksam gegen die wichtigsten resistenten Gräser gezeigt. Bayer plant, das Produkt gegen Ende dieses Jahrzehnts auf den Markt zu bringen.

Das zeigt freilich, in welch langen Zyklen in der Agrochemie gedacht werden muss. Deshalb war es Bayers Vorstandschef dieser Tage auch eine detaillierte Erläuterung wert, wie positiv sich der derzeit extrem hohe Preis für Glyphosat sich auf die Zahlen des dritten Quartals ausgewirkt haben. Für den Leverkusener Konzern ist der ebenso betagte wie umstrittene Breitband-Unkrautvernichter durchaus ein Faktor.


„Leaps“, Bayers Investitionsprogramm für junge Unternehmen, die an vielversprechenden Projekten in Pharmazie und Agrochemie arbeiten, hat die jüngste Finanzierungsrunde für Nu-Cicer angeführt. Das Agrartechnologie-Unternehmen aus Davis, Kalifornien, leiste Pionierarbeit bei der Entwicklung von Kichererbsen mit hohem Proteingehalt, heißt es in Leverkusen. Sie sollen einen um 75 Prozent höheren Proteingehalt als herkömmliche Sorten haben. Mit dem Geld von Bayer und weiteren Großunternehmen könne Nu-Cicer die Produktion skalieren, die Kosten für Protein-Zutaten aus Kichererbsen halbieren und die Zusammenarbeit mit nachgelagerten Partnern und Kunden ausweiten. Ziel sei, den Verbrauchern schon nächstes Jahr kostengünstige nachhaltige Pflanzenproteine anbieten.

Kichererbsen seien bei Verbrauchern zwar beliebt, aber als Proteinquelle vergleichsweise teuer, so Bayer. Nu-Cicer wolle mit seiner genetischen Züchtungsplattform, die auf maschinellem Lernen basiert, die Pflanzenprotein-Industrie revolutionieren, indem es den Proteingehalt von Kichererbsen erhöht und so die Produktionskosten senkt. Jürgen Eckhardt, Leiter von „Leaps by Bayer“, bezeichnet Nu-Cicer als „faszinierendes Unternehmen. Es wird die Entwicklung von klimaresilienten, natürlichen und pflanzlichen Proteinalternativen unterstützen und damit zur Dekarbonisierung des globalen Ernährungssystems beitragen.“ (tk)