Die Bayer Philharmoniker überzeugen im Erholungshaus beim Konzert zu ihrem 120. Geburtstag – brillant angeleitet von Dirigentin Bar Avni.
Bayer PhilharmonikerErholungshaus liegt Dirigentin Bar Avni beim Jubiläum zu Füßen
Ehre, wem Ehre gebührt: Die Bayer Philharmoniker werden 120 Jahre alt – was eine erstaunlich Lebensdauer ist für ein Orchester, zumal wenn es wie dieses in die Kategorie der Laienorchester fällt. Da ist Feiern nicht nur erlaubt, sondern sogar geboten. Und doch gilt der erste Applaus dieses Jubiläumskonzertabends im Erholungshaus jener Frau, die erst seit gut drei Jahren dabei ist – was ja lediglich 2,5 Prozent von 120 Jahren sind: Bar Avni. Sie, die musikalische Leiterin der Philharmoniker, hat nämlich vor genau einer Woche in Paris den Wettbewerb der Dirigentinnen „La Maestra“ gewonnen und somit international das nächste Ausrufezeichen gesetzt. Eines, das den Weg weist, den diese Künstlerin in Zukunft wohl gehen wird: Hinaus in die Welt. Mitten hinein in die Riege der großen Stars mit Taktstock in der Hand.
Bitte um besonders lauten Applaus
Und so bittet Konzertmeister Martin Haunhorst 72 Stunden nach dem offiziellen Weltglückstag darum, jetzt einmal besonders glücklich zu sein und dieses Glück mit lauten Bekundungen der Zuneigung und Bewunderung an eben jene Bar Avni – an „unsere“ Bar Avni, wie er betont – weiterzugeben. Und so wird es laut. Und herzlich. Und das Glück nimmt seinen Lauf.
Nun nämlich auch das musikalische. Weil die Bayer Philharmoniker einmal mehr mit hörbarer Begeisterung und Konzentration ans Werk gehen und sich konsequent einlassen auf Bar Avni, die, salopp gesagt, Bar-Avni-Sachen macht: Sie braucht keine zwei Sekunden, um sofort in der Musik zu sein. Sie stürzt sich mit dieser für sie typischen Hingabe in Gestik und Mimik in die Arrangements – und wühlt sich durch Peter Tschaikowskys Polonaise aus „Eugen Onegin“. Durch Haydns Cellokonzert Nr. 1 in C-Dur, bei dem ihr und dem Orchester der brasilianische Solist Matias de Oliveira Pinto brillant zwischen tiefem Wummern und herrlich warmen Sequenzen in den hohen Lagen zur Seite steht. Und durch die 35-minütige Sinfonie „Die Harmonie der Welt“ von Paul Hindemith.
Die Sperrigkeit wird hinwegdirigiert
Und vor allem bei diesem letzten Stück – das ob seines die Musik, die Philosophie und die Wissenschaft verknüpfenden Charakters extrem anspruchsvoll und ambitioniert daherkommt – zeigt sich die Größe Bar Avnis und die Reife, die die Philharmoniker unter ihr entwickelt haben: Die Israelin führt die ihr an Lippen und Hand hängenden Musikerinnen und Musiker so souverän und von der eigenen Passion zur Musik mitgerissen durch die Sinfonie, dass deren Sperrigkeit nicht mehr sperrig wirkt, sondern bahn- und emotionale Grenzen brechend. Man kann auch sagen: Das Sperrige wird einfach hinwegdirigiert.
Ein weiterer Auszug aus Tschaikowskys „Eugen Onegin“ als lauthals und stehend von den Zuschauenden im Saal geforderte Zugabe ist da das Mindeste, was am Ende dieses Konzert beschließen kann. Niemand weiß, wie lange die zu Hohem berufene Bar Avni noch in Leverkusen wirken wird. Niemand kann sagen, ob die Bayer Philharmoniker auch die nächsten 120 Jahre überstehen werden. Aber alle sind nach diesen knapp zwei Stunden überzeugt, dass hier ein Orchester auf der Höhe gespielt hat und dass es keine schlechte Idee ist, sich den 25. Mai und den 16. Juni dieses Jahres im Kalender anzustreichen.
Denn dann gastieren die Philharmoniker unter der Leitung von Bar Avni erneut im Erholungshaus, im Rahmen des Start-Festivals der Bayer-Kultur, mit jeweils anderem Programm und Setting. Es dürften die nächsten Glücksabende werden.