Das städtische Siegel wurde vom Arbeitskreis Mobilität ausgearbeitet.
Invictus PhysiotherapieErstes offizielles Barrierefrei-Siegel in Leverkusen überreicht

Axel Böttger (l) und Alexander Lünenbach (2.v.r.) übergeben das erste Barrierefrei-Siegel an Niederlassungsleiterin Sandra Hünermann und Inhaber Paul Hützen der Invictus Physiotherapie
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Gesunde Menschen durch die Augen von Behinderten schauen zu lassen – das sei seit vielen Jahren das Ziel des Leverkusener Beirats für Menschen mit Behinderungen, sagt dessen stellvertretende Vorsitzende Kerstin Schallehn. „Fünf Zentimeter können einen Rollstuhlfahrer ausgrenzen.“
Leverkusen will Vorreiter sein
Treppenstufen, aber auch schon eine kleine Schwelle, eine zu schmale oder zu schwergängige Tür – das können nicht nur für Rollstuhlfahrer, sondern auch für ältere Menschen mit Gehhilfe, Verletzte mit vorübergehendem Gipsbein oder Eltern mit Kinderwagen ernsthafte Hindernisse sein. Deswegen will die Stadt zum Vorreiter in Sachen Barrierefreiheit werden. „Und wir wollen diejenigen sichtbar machen, die es ernst meinen und ihre Barrierefreiheit nachweisen“, erklärt Sozialdezernent Alexander Lünenbach.
Dafür hat ein etwa achtköpfiges Kernteam aus dem Arbeitskreis Mobilität und dem Beirat für Menschen mit Behinderungen rund zwei Jahre lang an der Einführung des ersten Leverkusener Barrierefrei-Siegels gearbeitet – und nun das erste seiner Art an die Invictus Physiotherapie in Opladen vergeben.
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20 Prozent der Leverkusener haben eine Einschränkung
Die Idee, sich darauf zu bewerben, hatte Filialleiterin Sandra Hünermann. Eigentlich dachte sie, in dem relativ neuen Bau von 2019 mit Aufzug und breiten Gängen seien schon alle Kriterien erfüllt, ein Manko stellten die städtischen Tester aber doch fest: Die Eingangstür war zu schwergängig, mit Rollstuhl oder Rollator war sie nur unter großen Mühen zu öffnen. „Da konnten wir aber schnell eine Lösung finden“, sagt Inhaber Paul Hützen. „In meinem Kopf war Barrierefreiheit bis dahin kein großes Thema“, gesteht Hützen.
Er und seine Mitarbeitende seien nicht von Einschränkungen betroffen. „Aber natürlich haben wir hier Patienten, die betroffen sind und denen wir zu mehr Mobilität verhelfen wollen.“ Und dazu gehören neben der körperlichen Arbeit eben auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.
Welche Bedeutung das Thema hat, verdeutlicht Axel Böttger, Leiter des Arbeitskreises Mobilität anhand von Zahlen: 20 Prozent der Leverkusener Bevölkerung haben irgendeine Art von Einschränkung, 12.000 Menschen in der Stadt seien gehbehindert, 2000 davon so stark, dass sie auf Rollstuhl oder Rollator angewiesen sind. Er selbst ist seit einigen Jahren auf einen Rollstuhl angewiesen: „Oft fragen Leute mich: Wo gibt es barrierefreie Restaurants in Opladen?“ Eine Übersicht dazu fehlt bislang.
Aufkleber für Sichtbarkeit
Auch das soll sich ändern, sobald mehr Einrichtungen das Siegel bekommen haben, soll auf der Seite der Stadt eine interaktive Karte entstehen, an der sich Betroffene orientieren können. Bewerben können sich öffentliche Einrichtungen, Geschäfte, Restaurants oder Praxen über einen einfachen Anmeldebogen auf der Homepage der Stadt.
Anhand eins Bogens mit rund 20 Faktoren wird dann geprüft, ob die Mindestanforderung erfüllt ist. Das Siegel gibt es in zwei Varianten: einmal mit und einmal ohne behindertengerechtes WC. „Die Ansprüche an eine solche Toilette sind sehr hoch“, begründet Lorenz Dombrowski, Geschäftsführer des Behindertenbeirats. Deswegen wollte man Lokalitäten nicht ausschließen, die dazu nicht die Möglichkeit haben.
Sichtbar werden die ausgezeichneten Einrichtungen durch farbige Aufkleber an der Eingangstür – in kontrastreichen Farben, sodass sie auch für sehbehinderte Menschen gut zu erkennen sind. Es geht also nicht nur darum, gesunden Menschen die Augen zu öffnen, sondern auch Eingeschränkte besser sehen zu lassen, wo ihre Bedürfnisse gesehen werden.
Weitere fünf Einrichtungen haben das Siegel, vier werden geprüft
Folgende Einrichtungen haben im ersten Zug ebenfalls das Barrierefrei-Siegel erhalten: Der Quartierstreff in der Alten Feuerwache Wiesdorf; das Bürgerbüro in den Luminaden; die Hauptstelle der Stadtbücherei, die Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt in Küppersteg; der Servicepoint Integration in Wiesdorf. Bei vier weiteren Bewerbungen steht die Prüfung noch aus.