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Berliner Straße LeverkusenAnwohner haben die Raserei satt

Lesezeit 4 Minuten
Nach dem Unfall vom Sonntag reicht es ihnen: Die Anwohner von Blechersiefen in Lev. Steinbüchel wollen einen beruhigten Verkehr.

Nach dem Unfall vom Sonntag reicht's, finden Anwohner von Blechersiefen an der Berliner Straße.

Anwohner der Berliner Straße waren Ersthelfer bei dem schweren Unfall am Sonntagabend, sie fordern seit langem Verkehrsberuhigung.

Am Sonntagabend hat es vor der Haustür von Tim Deutzmann mal wieder geknallt: Gerade hatten die Deutzmanns gegessen. Auf der Berliner Straße stand ein brennender Hyundai und ein verbeulter VW-Polo mit einem toten Hirtenhund. Mit seinem Feuerlöscher vom Grill retteten er und eine Nachbarin vielleicht ein Leben: Das Feuer war schnell aus, dann zogen sie einen blutenden Mann auf den Asphalt der Berliner Straße: Selbst für die Leute aus Blechersiefen, die in ihrem Dorf immer mal mit Toten und verletzten Unfallopfern leben müssen, ist das kein alltäglicher Vorfall. Eine Straßenlaterne und ein massives Gitter wurden abgerissen.

Nach dem Unfall vom Sonntag reicht es ihnen: Die Anwohner von Blechersiefen in Lev. Steinbüchel wollen einen beruhigten Verkehr.

Die Abfahrt nach Blechersiefen in Richtung Burscheid.

In der alten Dorfmitte von Blechersiefen kann man sich heute wegen des Verkehrslärms nicht mehr gut unterhalten. Acht Einwohner dieser alten Leverkusener Hofschaft stehen an der Straße, sie haben sich in der Redaktion gemeldet, weil sie die häufigen Unfälle satthaben. Sie wollen, dass die Behörden jetzt endlich etwas zur Verkehrsberuhigung in ihrem Dorf unternehmen.

Raser nutzen die Bushaltestelle als Kurvenerweiterung

Blechersiefen liegt tief im Talkessel, jeder Autofahrer kennt die Stelle: Von beiden Seiten führt die Berliner Straße auf steilen Abfahrten in Richtung Dorf und genau unten zwischen den Fachwerkhäusern, wo die Geschwindigkeiten groß sind, macht die Straße eine Kurve. Auto- und Motorradfahrer nutzen die Gefällstrecke zum extremen Beschleunigen. Schwere Lastwagen holten sich bei der Abfahrt Schwung, um die Auffahrt schnell zu schaffen. Zu beiden Seiten gibt es Bushaltestellen, die von ganz schnellen Autofahrern als Erweiterung der Kurve genutzt werden.

Nach dem Unfall vom Sonntag reicht es ihnen: Die Anwohner von Blechersiefen in Lev. Steinbüchel wollen einen beruhigten Verkehr

Hier geben viele richtig Gummi: Die Gefällstrecke aus Burscheid in Richtung Blechersiefen im Tal.

Schäden hat es viele gegeben: Wände sind bei Unfällen aus den Fachwerkhäusern gebrochen worden. Mal flog ein Auto über ein Häuschen, mal krachte ein schwerer BMW gegen einen Baum. Der Fahrer starb. 1980 seien zwei Einwohner aus Niederblecher totgefahren worden, sagt Irmgard Haas, die auch an der Straße wohnt.

Wer sich auf der Strecke an Tempo 70 halte, sagt Kurt Klein, der werde auch schonmal überholt, bergauf oder bergab, trotz durchgezogener Mittellinie. Motorradlärm an manchen Wochenenden sei mitunter kaum auszuhalten und weit zu hören. In letzter Zeit gebe es einen mit Geländemotorrad, der fast täglich komme und nur auf dem Hinterrad fahre: bergauf wie bergab.

Berliner Straße: Das Schlimmste kommt wohl noch

Immer wieder wollten geplagte Einwohner die Stadtverwaltung dafür gewinnen, eine stationäre Blitzanlage zu installieren, möglichst für beide Richtungen, wenigstens aber die mobile Anlage öfter aufzustellen. Franz-Josef Bach, der ganz unten im Tal den Bauernhof bewirtschaftet, sagt: „Dafür würde ich einen Platz zur Verfügung stellen.“

Die Stadt könnte sich dumm und dämlich verdienen, bei den vielen auswärtigen Rasern hier
Ein Anwohner der B51 aus Blechersiefen

Ein anderer Anwohner sagt: „Die Stadt könnte sich dumm und dämlich verdienen, bei den vielen auswärtigen Rasern hier.“ Der Verkehr habe seit der A1-Brückensperrung noch einmal erheblich zugenommen, sind sich alle einig. Die Zustände, wenn erst einmal die Autobahn ausgebaut werde, könne man sich wohl noch nicht vorstellen.

Zuletzt hat es Kurt Klein im April 2023 beim Straßenverkehrsamt versucht, mal wieder vergeblich – vorerst jedenfalls. Auf seinen Brief hin bekam er von einer Mitarbeiterin zur Antwort, dass der Platz aus rechtlicher Sicht für den Radarwagen ausscheide, weil dort keine Gefahrenstelle sei. 2020 habe die Stadt dort über sieben Tage Geschwindigkeiten gemessen, schreibt die Verwaltungsmitarbeiterin.

Und Irmgard Haas erinnert sich: Der Messwagen damals sei extrem auffällig gewesen, Autofahrer hätten sich gegenseitig mit Blinkzeichen gewarnt. Während der betreffenden Woche passierten gut 52.000 Fahrzeuge den Ort. Die Zahlen ergaben, dass aus Richtung Burscheid über die lange Abfahrt mehr gerast wurde: Von 25.073 Autos sollen 7,35 Prozent (Gegenrichtung: 1,88 Prozent) zu schnell durch den Ort gefahren sein, im Durchschnitt also fast Vierzehn in jeder Stunde. Die Mitarbeiterin vom Amt schreibt: „Dieses Ergebnis zeigt, dass sich fast alle Verkehrsteilnehmer an die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h halten.“ Die Anwohner interpretieren die Zahl genau entgegengesetzt.

Die Nachbarin, die gemeinsam mit Deutzmann am Sonntag als Ersthelferin beim Unfall gewesen war, wollte zum Gespräch der Anwohner mit dem „Leverkusener Anzeiger“ übrigens nicht dazukommen. Das sei zu viel, sie habe die Bilder vom Unfall noch nicht verarbeitet, hieß es.