Es ist nur ein Vorstoß der Städte: Sie wollen mehr Entscheidungsmacht über Tempo-30-Zonen. Christ- und Freidemokraten wittern dennoch Unheil.
InitiativeTempo 30 versetzt Leverkusens CDU in Aufruhr
Das Bündnis heißt „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwin- digkeiten“. Für die CDU klingt das gefährlich, wenigstens für deren Vertreter im Umweltausschuss. Frank Schmitz hatte sich ein bisschen eingearbeitet und war zu dem Schluss und der Befürchtung gekommen, ein Beitritt würde am Ende dazu führen, dass eine Tempobeschränkung auf 30 Stundenkilometer künftig eher die Regel als die Ausnahme in Leverkusen wäre. Seine Überzeugung ist aber: „Tempo 30 bringt nichts und ist auch nicht gewollt.“ In der FDP sieht man das ähnlich, wie sich aus dem Stimmverhalten im Ausschuss ablesen ließ.
Das ist allerdings inzwischen eine Minderheitsposition. SPD, Grüne und die in Verkehrsfragen besonders engagierte Ex-Linke Gisela Kronenberg sind der Ansicht, dass es gut wäre, mitzumachen. „Bundesweit haben sich schon 640 Kommunen angeschlossen, darunter auch Köln, Düsseldorf und Bonn. Eine Großstadt wie Leverkusen sollte nicht länger außen vor bleiben“, heißt es in ihrem Antrag. Es geht darum, die Straßenverkehrsordnung geschmeidiger zu machen. Das kann jedoch nur die Bundesregierung.
Die Voraussetzungen sind streng
Derzeit ist Tempo 30 zonenweise in Wohngebieten möglich. Auf Hauptverkehrsstraßen hingegen nur abschnittsweise und unter sehr strengen Voraussetzungen: Es muss schon eine Kita, eine Schule oder ein Krankenhaus an der Straße liegen. Manchmal lässt sich auch mit Lärmschutz argumentieren. „Diese strikten Vorgaben der Straßenverkehrsordnung sind nicht mehr zeitgemäß“, heißt es im Antrag. Die Behörden bräuchten mehr eigenen Entscheidungsspielraum. Wie nötig das ist, zeigen die jahrelange Debatte um die Saarstraße in Schlebusch und die Probleme in der Wupperstraße.
Auch im Rathaus würde man nach dem Dafürhalten von SPD, Grünen und Kronenberg offene Türen einrennen. „Die Leverkusener Verwaltung würde diese Freiheit ausdrücklich begrüßen“, heißt es unter Verweis auf eine Stellungnahme vom März: „Im Rahmen einer zukunftsfähigen Weiterentwicklung und Hierarchisierung des Straßennetzes in Leverkusen wäre die gewünschte Regelungsmöglichkeit zu Tempo 30 zielführend und hilfreich“, hieß es da. Auch im „Mobilitätskonzept 2030+“, das als Leitfaden für die Verkehrswende dient, komme die fehlende Möglichkeit zur Sprache, über die Höchstgeschwindigkeit frei zu entscheiden.
Autobahnzubringer sind tabu
In den 640 bisher am Bündnis „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ beteiligten Kommunen gehe es nicht um flächendeckend Tempo 30 statt Tempo 50, betonen SPD, Grüne und Kronenberg: „Das Ziel ist nicht etwa, Autobahnzubringer oder Hauptstraßen außerhalb von Wohnbebauungen zu beschränken. Es geht vielmehr darum, in eigenem Ermessen zu entscheiden."
Die CDU beruhigt das bisher genauso wenig wie die Freidemokraten. Im Umweltausschuss kämpften die beiden allerdings auf verlorenem Posten. Auch Klimaliste und Bürgerliste schlossen sich dem Vorstoß von SPD und Grünen an. Interessant ist dabei die besondere Expertise bezüglich des Straßenverkehrs in Leverkusen, die Horst Müller von der Bürgerliste mitbringt: Er betrachtet das Verkehrsgeschehen seit Jahrzehnten aus der Perspektive eines Taxifahrers.