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Beschwerden in Leverkusen-Wiesdorf„Mehr Menschen ohne Wohnung – mehr Konflikte“

Lesezeit 3 Minuten
Der Tagestreff der Caritas in der Schulstraße liegt in der Nähe der Grundschule an der Dönhoffstraße.

Der Tagestreff der Caritas (rechts) an der Schulstraße liegt nahe an der Grundschule Dönhoffstraße (hinten).

Die Beschwerden im Umfeld der Tagesstätte für Wohnungslose an der Schulstraße häufen sich. Es gibt die Forderung nach einer Schließung.

Am helllichten Tag pinkeln Männer schamlos einfach dort, wo sie stehen, ein Mann und eine Frau prügeln sich, die Polizei fährt oft mit Blaulicht vor. So beschreibt Wilma Hinsen ihre Beobachtungen. Die über 90-jährige Wiesdorferin wohnt in der Nähe der Obdachlosenunterkunft in der Schulstraße. Wie sie sagt, ist der Zustand häufig alleine wegen des Lärms schwer zu ertragen.

Weil sie schlecht zu Fuß sei, komme sie nicht mehr ohne Hilfe aus der Wohnung. Besorgt sei sie wegen der Grundschule, die direkt gegenüber der Unterkunft an der Dönhoffstraße liegt. Zwar trennt ein unüberwindlicher Stahl-Gitterzaun den Schulhof und die Straße, aber die Kinder würden so die Probleme der Nutzer der Tagesstätte ansehen müssen. Wilma Hinsen, die Jahrzehnte am Ort wohnt, sagt: „Das sind keine Zustände mehr neben einer Schule. Es ist immer schlimmer geworden. Hier brennt’s mittlerweile wirklich.“

Leverkusen: Aggressionen wegen „Crack“ und anderer neuer Drogen?

Dass die Probleme größer geworden seien, beschreibt auch Kosta Markidis, der ebenfalls in der Nähe wohnt. Streit, Gewalt, Polizeieinsätze müssten die Kinder manchmal ansehen. Sein Kind geht zur Grundschule gegenüber. Er glaubt, es könnte daran liegen, dass immer mehr neue Drogen im Spiel seien, die Aggressionen erzeugen. „Schule und der Tagestreff, das passt nicht zusammen.“

Kürzlich wurde eine Studie aus Köln veröffentlicht, nach der immer mehr „Crack“ (Kokain zum Inhalieren) im Umlauf sein soll. Diese Konsumenten werden als aggressiv wahrgenommen. Markidis hat gehört, dass an der Schule eine Unterschriftensammlung gegen den Tagestreff geplant sei. Spritzen und Kot, solche Dinge hätten schon auf dem Schulgelände gelegen, sagt er. Seine Meinung: „Der Treff muss da weg.“

Dazu sagt der Leverkusener Caritas-Chef Wolfgang Klein: „Damit wäre das Problem nur verlagert.“ Es sei auch unstrittig, dass ein Treffpunkt in der Innenstadt liegen müsse und nicht außerhalb: „Sonst geht da niemand hin.“

Ich weiß, im Sommer ist es schlimm.
Caritas-Chef Wolfgang Klein

Klein versucht gar nicht, um die Probleme herumzureden: „Ich weiß, im Sommer ist es immer schlimm.“ Er versteht, dass Nachbarn durch Krach, Gewalt und Krakeelen gestört seien. Der Einfluss seiner Mitarbeiter im Tagestreff auf die Leute auf der Straße sei aber begrenzt: „Die gehen einfach auf die andere Straßenseite.“ Die Straße sei öffentlicher Raum.

Dass die Anwohner in den vergangenen Jahren mehr Krach und andere Probleme wahrnähmen? Klein: Die Zahl der Wohnungslosen habe sich erhöht und damit auch die Vorfälle. Viele Arten von Drogen seien immer im Spiel gewesen und noch etwas: „Früher waren viele der Besucher nur betrunken, heute sind immer mehr von ihnen auch psychisch krank“.

Weniger Wohnungslose – weniger Probleme

Gibt es keine Lösungen? Die Zahl der Wohnungslosen zu senken, könnte helfen, sagt Klein. Das bekomme Leverkusen aber nicht alleine in den Griff.

Kein Trost dürfte es für die Nachbarn sein, wenn Klein die Leverkusener Probleme im Vergleich zu Köln-Mülheim für vergleichsweise noch gering einschätzt: Am Wiener Platz liege in den U-Bahn-Gängen in praktisch jeder Ecke ein Obdachloser.

Am Forum: Bauten und Kunstwerke eines Obdachlosen Foto: Ralf Krieger

Am Forum lebte lange Zeit ein Wohnungsloser. Die Zunahme solcher Situationen soll unter anderem mit dem Tagestreff verhindert werden.

Die Stadtverwaltung schreibt, die Beschwerden seien auch bei der Verwaltung angekommen. Der Kommunale Ordnungsdienst soll jetzt verstärkt kontrollieren. Gleichzeitig prüfe man, wie man mit Pflanzungen auf dem Schulhof den Sichtschutz verbessern könne.


Der Tagestreff ist von acht Uhr bis 20 Uhr geöffnet. Für Wohnungslose ist der Treff eine zentrale und wichtige Stelle: Sie können ihre Post dorthin schicken lassen, es gibt abschließbare Spinde, Aufenthalts-, Koch- und Waschmöglichkeiten. Sozialarbeiter halten Kontakt zu den Menschen auf der Straße.


Wohnungen in einer Kirche geplant

Die Caritas selbst will in der ehemaligen Kirche Sankt Thomas Morus in Schlebusch Wohnungen bauen, in die Wohnungslose einziehen sollen. Die Pläne sind fix und fertig, man wartet aber immer noch auf eine Unterschrift aus dem Bauamt.(rar)