Vor dem Rathaus protestierte eine Gruppe gegen die Bezahlkarte für Geflüchtete. Im Sozialausschuss warben CDU und FDP für deren Einführung.
BezahlkarteProtestaufruf des Leverkusener Flüchtlingsrats folgten nur wenige
Während oben im Rathaus der Sozialausschuss tagte, informierte die Polizei die rund 30 Demonstrierenden auf dem Friedrich-Ebert-Platz über die aktuelle Unwetterwarnung. Schon bevor die Kundgebung gegen die geplante Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete am Montagnachmittag begann, riss der Sturm die Flagge „Solidarität statt Hetze“ los. Sie verhedderte sich im nächsten Baum.
Inga Scheel ist nicht nur beim Leverkusener Flüchtlingsrat, sondern auch beim Kölner Flüchtlingsrat engagiert. Ihre alltägliche Arbeit bestünde darin, Geflüchtete zu beraten, sagte sie auf der Demo. In ihrer Rede am Montagnachmittag machte sie ausführlich ihre Bedenken und Frustrationen bezüglich der Bezahlkarte deutlich: „Die Bezahlkarte ist ein Instrument der Diskriminierung und Ausgrenzung und schränkt das Leben von Geflüchteten stark ein.“
Sie stellte die Frage, wieso Menschen, die bereits so viel Leid erfahren hätten, auch hier in Deutschland mit zusätzlichen Hindernissen konfrontiert werden müssten? „Bitte besinnt euch auf die Menschlichkeit und stellt euch Diskriminierung entschieden entgegen“, forderte Charlie Diesel. „Machen wir“, versprach Lena-Marie Angermann von der SPD mit einem Zwischenruf – sie ist sachkundige Bürgerin im Sozialausschuss.
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Die Leverkusener CDU und FDP argumentieren für die Einführung mit Vorteilen wie Effizienz, Transparenz, Verhinderung von Missbrauch und Förderung der Eigenständigkeit. Scheel betonte, dass die Bezahlkarte Geflüchtete unter „Generalverdacht“ stellt und ihre finanzielle Situation nicht angemessen berücksichtigt. „Die geringen Leistungssätze reichen ohnehin nur für den Lebensunterhalt aus, sodass von Missbrauch kaum die Rede sein kann“, so ihr Hinweis.
Rednerin Freddi Schneider ging noch weiter: „Sozialleistungen sind kein Pullfaktor.“ Scheel zeigte auf, dass die Annahmen der FDP-Fraktion über die Verhinderung von Überweisungen ins Heimatland auf Vorurteilen basiere. „SchlepperInnen schreiben keine Rechnungen, sondern werden in der Regel im Voraus bezahlt“, erklärte sie, „und Überweisungen an Familienangehörige erfolgen erst, wenn später im Job Geld verdient wird.“
CDU und FDP wollen Bezahlkarte so schnell wie möglich
Während unten vor dem Eingang der Rathaus-Galerie das Häuflein Demonstrierende gegen Wind und Regen um Aufmerksamkeit kämpfte, brachten im Sozialausschuss CDU und FDP einen Antrag ein, in dem sie Stadtverwaltung dazu auffordern, die Voraussetzungen für die Bezahlkarte zu schaffen, damit diese „schnellstmöglich“ eingeführt werden könne. Auf die Bezahlkarte sollen Geflüchteten Geld, das ihnen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zusteht, als Guthaben buchen.
Durch den Wegfall von Bargeld auf diese Weise will der Bund unter anderem Kriminalität eindämmen. Auf der Internetseite der Bundesregierung steht: „Der Vorteil von Bezahlkarten ist, dass die dort zur Verfügung gestellte Summe nur im Inland ausgegeben werden kann. Dafür also, wozu die Leistungen gedacht sind: für das Leben der Geflüchteten hier. Gelder für Schlepper oder Überweisungen in das Herkunftsland zu nutzen, ist so nicht möglich.“
Am Ende stimmten die Ausschussmitglieder mehrheitlich dafür, die Anträge von CDU und FDP in den nächsten Sitzungsturnus zu verschieben. Der Tenor: Es müssten zuvor noch zu viele Fragen zur Einführung der Karte geklärt werden. Deren Ausgestaltung und Handhabung obliegt letztlich ohnehin den Bundesländern.
Mehrheit will anonymen Krankenschein
Mehrheitlich verabschiedeten die Mitglieder des Sozialausschusses einen Antrag der CDU. In ihm wird ein anonymer Krankenschein gefordert, der vor allem Menschen ohne Krankenversicherung zugutekommen und nach dem zuletzt in Köln eingeführten Modell geartet sein soll. Der Wortlaut: „Deutschland hat sich verpflichtet, jedem Menschen das für ihn erreichbare Höchstmaß an Gesundheit zu garantieren. Leverkusen ist eine soziale Stadt.“
Trotzdem komme es immer wieder vor, dass Menschen durch ihre ganz persönliche Lebensgeschichte aus den Rastern des Sozialstaates herausfielen. „Zu dieser Gruppe von Mitbürgerinnen und Mitbürgern gehören vor allem die, die auf keine Krankenversicherung bei der ärztlichen Versorgung zurückgreifen können.“ Das Modell des anonymisierten Krankenscheins stelle nun eine Möglichkeit dar, diese Menschen zu unterstützen, „ohne sie in ihren persönlichen Lebenssituationen abzuwerten oder durch unnötige bürokratische Herausforderungen von ihrer Inanspruchnahme auf das Recht einer gesundheitlichen Versorgung abzuhalten“. Die Verwaltung soll nun prüfen, inwieweit solch ein anonymer Krankenschein umgesetzt werden könne.