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Hauptversammlung in LeverkusenErmüdendes Tauziehen um die Macht bei Biofrontera

Lesezeit 4 Minuten
Türschilder mit der Aufschrift Biofrontera im Eingang der früheren Wuppermann-Zentrale im Innovationspark Leverkusen

Wer hat das Sagen bei Biofrontera mit Sitz in der früheren Wuppermann-Zentrale? Darüber stritten sich die Aktionärsgruppen auf der außerordentlichen Hauptversammlung am Montag.

Der eigentliche Zweck des Aktionärstreffens spielte zunächst keine Rolle. Nach drei Stunden scheiterte der Antrag, Aufsichtsratschef Wilhelm Zours abzuwählen, knapp.

„Es geht hier nur noch um Machtspielchen. Und nicht darum, die Firma nach vorn zu bringen.“ Diese Äußerung eines Biofrontera-Aktionärs am Montagvormittag beschrieb ziemlich gut, was viele dachten auf einer erneuten außerordentlichen Hauptversammlung der Pharma-Firma im Forum. Dort sollte vor allem über eine weitere Kapitalerhöhung befunden werden. Allerdings wurde zunächst einmal drei Stunden darüber debattiert, ob Wilhelm Zours die Versammlung überhaupt leiten sollte. Der größte Aktionär und Vorsitzende des Aufsichtsrats hatte sich allerhand Angriffen zu erwehren, brachte am Ende indes genug Aktien-Power hinter sich, um wenigstens die Abwahl als Leiter der Hauptversammlung abzuwehren: Nur 46,5 Prozent der Anwesenden sprachen sich dafür aus, Zours an diesem Tag abzuservieren.

Die Attacken fußen vor allem auf Zours’ Verhalten auf der Hauptversammlung am 23. August vorigen Jahres: Handstreichartig hatte er dem zweitgrößten Aktionär, der japanischen Pharma-AG Maruho, die Stimmrechte entzogen. Damit hatte Zours, der kurz vor Weihnachten 2021 zum Vorsitzenden des Biofrontera-Aufsichtsrats gewählt worden war, eine erste Abwehrschlacht gewonnen: Der von Maruho unterstützte Plan, Hermann Lübbert in den Aufsichtsrat zu wählen, wurde so sicher vereitelt. Biofronteras Gründer ist Zours’ machtvollster Gegenspieler in der seit Jahren tobenden Schlacht um die Macht in der Manforter Firma.

Darüber, ob Zours Maruho ausschließen durfte, wurde am Montag noch einmal voller Hingabe gestritten. Rechtsanwalt Axel Hoppe sieht dafür keinerlei Argumente, der Aufsichtsratschef stütze sich auf „reine Mutmaßungen“ darüber, wer bei Maruho das Sagen hat. Deshalb könne er hier und heute die Hauptversammlung nicht leiten, so sein Antrag.

Zweieinhalb Millionen sind noch da für das Geschäft

Über das eigentliche Geschäft des Ameluz-Herstellers wurde irgendwann dann doch noch gesprochen. Auf Nachfrage von Marc Tüngler, der im Namen der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz die Rechte von Kleinaktionären vertritt, gab Finanzvorständin Pinar de la Huerta einen Kassenstatus der AG: Derzeit seien noch rund fünf Millionen Euro liquide Mittel vorhanden. Gut die Hälfte davon fließt aber ab, ohne dass dies dem Geschäft zugutekommt: Biofrontera zahlt in Raten einen Vergleich mit dem US-Konkurrenten Dusa.

Deshalb sollten die Aktionäre eine weitere Kapitalerhöhung durchwinken: Nochmals will Biofrontera rund sieben Millionen Aktien ausgeben. Das frische Geld soll dem Unternehmen durch die Zeit zu helfen, bis es endlich aus sich heraus genug verdient, um das laufende Geschäft finanziell zu stemmen. Sieben Millionen – das reiche vielleicht für drei Jahre, ergänzte die seit knapp vier Monaten amtierende Finanzvorständin de la Huerta. Sie ist derzeit die einzige Person, die sich verantwortlich um das laufende Geschäft des Ameluz-Herstellers kümmert.

Gegen die Vorständin wird in Spanien ermittelt

Zu der im September als Ersatz für den fristlos gefeuerten Finanzvorstand Ludwig Lutter eingestellten Spanierin hatte Anwalt Hoppe auch ein paar Fragen: Zum Beispiel, wie es um ein in ihrer Heimat anhängiges Strafverfahren gegen die Managerin stehe. De la Huertas Antwort: Der neue Eigentümer eines Unternehmens, in dessen Vorstand sie einst tätig war, wolle Klage erheben. Das Verfahren sei noch nicht einmal eröffnet.

Herr Zours, Sie sind ein Fuchs
Marc Tüngler, Aktionärsschützer

Es gab aber noch weitere Punkte, die für Kritik sorgten: Der Aufsichsrat wollte sich nämlich zwei Satzungsänderungen genehmigen lassen, die seine Macht – so bezeichnete es Aktionärsschützer Tüngler – „zementieren“: Für eine Abwahl aus dem Kontrollgremium soll man künftig 75 Prozent der Stimmen brauchen. Dasselbe Quorum gilt für eine Vergrößerung des sechsköpfigen Biofrontera-Aufsichtsrats. Damit ist gegen Zours und die Aktien, die ihm zuzurechnen sind, eigentlich nichts mehr zu machen: Der Anteil liegt inzwischen bei rund 30 Prozent. „Herr Zours, Sie sind ein Fuchs“, kommentierte Tüngler diese Änderungen. Allerdings: „Wir müssen ans Unternehmen denken und nicht an einzelne Aktionäre.“ Damit meinte der Aktionärsschützer den Vorsitzenden des Aufsichtsrats und die ihm nahestehenden Unternehmen wie die Deutsche Balaton AG.

Dass der Heidelberger Investor eher an sich denkt als an die Entwicklung von Biofrontera – dieser Verdacht sprach aus etlichen Wortmeldungen am Montag. Zours widerspricht dem regelmäßig: Er behauptet, das frühere Management einschließlich des Gründers Hermann Lübbert habe schlecht gewirtschaftet und müsse endgültig entmachtet werden. Der Weg dahin ist allerdings noch weit: Lübbert leitet die inzwischen selbstständige US-Niederlassung Biofrontera Inc., über die der Löwenanteil des Geschäfts läuft. Diverse Liefer- und andere Verträge sichern der Inc. zudem eine strategisch dermaßen starke Stellung, dass die AG ohne die US-Firma kaum eine Zukunft hat. Das Ringen um Biofrontera geht also weiter.