Nathanael Liminski, der große Strippenzieher in der NRW-CDU, trifft in Hitdorf auf diskussionsfreudige Parteifreunde. Und einen Finanzdezernenten, der das 250-Punkte-Steuermodell von Düsseldorf gefährdet sieht.
CDU-ParteitagLeverkusens Kämmerer befürchtet eine Strafsteuer
Der Mann mit der Dreifach-Funktion erwies sich als gut vorbereitet. Nathanael Liminski führt ja nicht nur ein Ministerium mit den drei Schwerpunkten Europa, Internationales und Medien. Er ist auch weiterhin Chef der Düsseldorfer Staatskanzlei und neuerdings Vorsitzender des CDU-Bezirks Mittelrhein.
Womöglich war es das noch nicht lang erworbene Parteiamt, das den 37-Jährigen veranlasst hatte, sich sogar die beiden Leitanträge anzuschauen, die Leverkusens CDU am Samstag in Hitdorf zu verabschieden gedachte. Einer davon gab Liminski Anlass, den alten und neuen Kabinettskollegen Herbert Reul zu loben. Seit der Leichlinger Landesinnenminister ist, sei es gelungen, „die Stimmung zu drehen“, so Liminski. Nordrhein-Westfalens Bürgerinnen und Bürger fühlten sich wieder sicherer.
Den zweiten Antrag lobte Liminski als „sehr umfassende Selbstverpflichtung der CDU“. Der Kreisverband Leverkusen beschreibt sich darin als moderne Organisation, die attraktiver werden will für Menschen, die mitten im Leben stehen – und deshalb neben dem politischen Engagement noch andere Verpflichtungen und Interessen haben. Was folgende Konsequenz haben soll, so beschrieb es später Julius Bertram, der am Selbstbild mitgemalt hatte: „Wenn mal jemand eine Auszeit von seinem Ehrenamt braucht, ist das okay.“
Spielecke in der Stadthalle
Sichtbar wurde das erneuerte Selbstbild des CDU-Kreisverbands am Samstag in der Hitdorfer Stadthalle aber auch schon: Erstmals gab es eine Ecke, in der Kinder betreut werden können. Dass Bastian und Ina Biermann-Tannenberger die neue Errungenschaft eifrig nutzten und ihren Nachwuchs mitgebracht hatten, durfte man auch als plakativ verstehen. Ebenso, dass der vierfache Vater Nathanael Liminski der jungen Familie einen Besuch abstattete. Der Minister ist 37 Jahre alt.
Doch nicht jeder Leverkusener Christdemokrat findet, dass man sich als „moderne und bürgernahe Volkspartei“ in einem Leitantrag erst neu erfinden muss. Rudi Müller, altgedienter CDU-Mann, sagte mit Blick auf das Papier: „Für mich steht da überhaupt nichts Neues drin.“ Die beschriebenen Werte und Ziele „gehören zur DNA der CDU. Ich halte den Antrag schlicht für überflüssig.“ Einen Mitstreiter fand Müller in Bernhard Marewski. Auch der Schlebuscher stimmte konsequent gegen alle Passagen des Antrags.
250 Punkte Gewerbesteuer könnten zur Finanzfalle werden
Weniger um Grundsätze als um konkrete Tagespolitik ging es Michael Molitor. Leverkusens Stadtkämmerer fürchtet Ungemach aus Düsseldorf. Bei den Grünen gibt es Bestrebungen, das Gewerbesteuer-Paradies Leverkusen auszutrocknen: Bisher kostet der Hebesatz von lediglich 250 Punkten die Stadt „nur“ Schlüsselzuweisungen, die das Land aus den allgemeinen Abgaben an die Kommunen verteilt. Berechnet wird diese Umverteilung auf Basis der durchschnittlichen Steuersätze – und da sind 250 Punkte Hebesatz für Unternehmen natürlich ein Ausreißer nach unten.
Damit kann Molitor noch leben. Aber die Sache könnte eskalieren. In der Landesregierung kursiert ein Modell, das einer „Strafsteuer“ gleich kommt: Danach müssten Städte, die wie das Vorbild Monheim oder der heutige Nachahmer Leverkusen wegen ihres niedrigen Gewerbesteuer-Hebesatzes besonders hohe Einnahmen haben, davon etwas abgeben. Dann würde es für die Stadt zu teuer, Steuerparadies zu sein. Wobei Molitor sicherheitshalber anfügte: „Wir haben das nicht für Briefkastenfirmen gemacht, sondern um die Industrie zu halten.“
Das glaubt ihm Liminski unbesehen. Und weil er als großer Strippenzieher in der CDU natürlich „jede Woche“ zumindest mit den christdemokratischen Mitgliedern des Kabinetts Wüst II telefoniert, will er das Thema noch einmal mit Ina Scharrenbach diskutieren. Zu deren Ressort gehört Kommunales. Da werden solche Entscheidungen vorbereitet. Mit Blick auf die Vokabel „Strafsteuer“ legte sich Liminski fest: „Wir müssen schauen, dass wir solche Effekte vermeiden.“
Lanxess-Chef Zachert findet Gehör
Dem Chef der Staatskanzlei ist natürlich bewusst, wie wichtig die Industrie – und hier besonders die Chemische – für Leverkusen ist. Und einen Grund für besondere Wachsamkeit und schonende Behandlung hatte ja gerade erst Matthias Zachert geliefert. Es war natürlich Absicht, dass der Vorstandschef von Lanxess vor ein paar Wochen angekündigt hat, in Nordrhein-Westfalen keine neuen Anlagen mehr bauen zu wollen. Wegen zu hoher Energiekosten vor allem, aber auch wegen viel zu langer Genehmigungsprozeduren.
Am Samstag zeigte sich, dass Zacherts Ansage nicht nur bei einem Düsseldorfer Politiker wie Nathanael Liminski angekommen war, sondern auch bei der Bundestagsabgeordneten Serap Güler in Berlin. Sie hob hervor, dass die Konkurrenz in der neuen weltpolitischen Lage halt nicht mehr China sei. „Auch die USA sind lukrativer.“ So etwas hat man in Leverkusen schon lange nicht mehr gehört. Ob die Stadt sich darauf vorbereiten kann, muss man noch sehen.