Chemie-Explosion in LeverkusenNachbarn des Müllofens rufen Umweltministerin zu Hilfe
Leverkusen – Dieter Donner hat seine Unterlagen an die Staatsanwaltschaft geschickt, Immo Filzek schreibt einen Brief an die Umweltministerin des Landes. Der BUND-Mann und Bayer-Kenner aus Hilden ist genauso beunruhigt wie der Bürriger, dass die Explosion vom 27. Juli am Sondermüllofen von Currenta aus Behördensicht keinerlei Folgen haben wird.
Darauf gekommen sind beide, nachdem der „Leverkusener Anzeiger“ berichtet hatte, dass die Bezirksregierung keine Probleme sieht, den Betrieb der Störfall-Anlage ohne nennenswerte Auflagen wieder zu genehmigen, sobald die Ursache für die Katastrophe geklärt ist.
„Wir haben den Eindruck, dass auf diese ernste Katastrophe seitens der offiziellen Stellen nicht mit dem nötigen Nachdruck reagiert wird“, schreibt Filzek an die Ministerin. Und deshalb seien „wirklich viele fundamentale Fragen für uns Anwohner ohne auch nur im Ansatz zufriedenstellende Antworten“, lautet die bisherige Bilanz des Mannes aus der Stephanusstraße.
Drei Runden mit Technik-Chef Hans Gennen
Er schließt aus den Antworten der Bezirksregierung, die für die Erteilung der relevanten Genehmigungen in der Anlage Zuständigkeit besitzt, dass sie Currenta keine Steine in den Weg legen will. Der frühere Bayer-Tochter setze offenbar „alles daran, den Betrieb ohne ein neues Genehmigungsverfahren unter möglichst geringen Reparaturaufwendungen wiederaufzunehmen“. Diesen Eindruck habe er aus drei sehr ausführlichen Gesprächen mit dem Technik-Chef von Currenta, Hans Gennen, gewonnen, sagt Filzek.
Mit Blick auf die nach seiner Auffassung nicht gerade strengstmögliche Kontrolle des Störfallbetriebs durch die Bezirksregierung ist dem Nachbarn nicht wohl – und er wünscht sich, dass Heinen-Esser genau hinschaut: Sie möge ihre „zweifellos gegebene Autorität als Umweltministerin einsetzen, dass der Betrieb dieser Anlage nur unter Wahrung aller heute gegebenen Sicherheitsvorschriften wieder aufgenommen werden darf“.
Sieben Fragen an Ursula Heinen-Esser
Die immer noch bestehenden Unklarheiten fasst Immo Filzek in sieben Fragen zusammen und bittet die Ministerin, sie untersuchen zu lassen: Mit Blick darauf, dass der Sondermüllofen vor fast 60 Jahren von Bayer für die Behandlung eigener Produktionsabfälle konzipiert wurde würde Filzek gerne wissen, ob die Kapazitätserweiterungen auf nun 268.000 Tonnen im Jahr mit dem ursprünglichen Genehmigungsverfahren abgedeckt ist.
Zu untersuchen ist seiner Meinung nach auch das Thema Abstand zu Wohnhäusern. Längst müssten Störfallbetriebe größere Abstände einhalten. Der Bürriger meint, dass „nach der größten Chemieexplosion der Nachkriegszeit ein neues Genehmigungsverfahren nach heutigem deutschen Standard und den Vorgaben der EU durchgeführt werden“ muss. Dafür spreche auch, dass Currenta offenbar plane, die Tankanlage nahe der Müllöfen, von der die Katastrophe ausging, nicht wieder aufzubauen, um so eine unabdingbare neue Genehmigungsprozedur zu umgehen. Würden die Öfen aber direkt befüllt, sei das doch wohl eine erhebliche Veränderung, die man auch nicht einfach so passieren lassen könne.
Kann und will die Bezirksregierung kontrollieren?
Mit Blick auf die Juli-Flut, die eher durch Zufall nicht den Rhein betraf fragt Filzek die Umweltministerin, ob die Anlage in Bürrig – und der Chempark – genug gegen Hochwasser gesichert sind. Die jüngsten Äußerungen aus Köln werfen für den Nachbarn eine grundsätzliche Frage auf: „Ist die Bezirksregierung personell und materiell in der Lage, einen derart komplexen Betrieb kompetent und wirksam zu kontrollieren?“ Und unter Berufung auf das lange Intervall und die im Frühjahr ausgebliebene Vor-Ort-Prüfung fragt er Heinen: „Und ist sie auch willens, dieses fortlaufend und stringent zu tun?“
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Schließlich treiben Filzek die Messungen und Bewertungen des Landesumweltamts nach der Explosion und dem Großbrand mit sieben Toten und 31 Verletzten um: „Müssen hier nicht strengere und zeitlich dichtere Verfahren vorgeschrieben werden?“ Manches, was von der Landesbehörde geäußert wurde, habe die Bevölkerung verunsichert. Und das Lanuv ist nun wirklich eine Baustelle für die Umweltministerin des Landes. Heinen-Esser, so Filzek, habe ja Ende September angekündigt, das Handeln der Betreiber und der Behörden unter die Lupe zu nehmen: „Dann soll sie das auch mal machen.“